„Autowäsche auch sonntags“: Lobbyverband fordert, Verbot in Rheinland-Pfalz aufzuheben
Wer kennt den Anblick nicht: Lange Schlangen an Samstagen vor den Waschanlagen der Tankstellen. In sechs Bundesländern gilt an den Tankstellen ein absolutes Waschverbot an Sonntagen. Das soll sich nun in Rheinland-Pfalz ändern, geht es nach dem Tankstellen-Interessenverband (TIV).
Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz
Dass sich der sonntägliche Betrieb einer Waschanlage rechnet, daran zweifeln einige Tankstellen-Pächter in Rheinland-Pfalz. Foto: Harald Kaster
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MAINZ - Wer kennt den Anblick nicht: Lange Schlangen an Samstagen vor den Waschanlagen der Tankstellen. In sechs Bundesländern gilt an den Tankstellen ein absolutes Waschverbot an Sonntagen. Das soll sich nun in Rheinland-Pfalz ändern, geht es nach dem Tankstellen-Interessenverband (TIV). „Das Sonntagsverbot ist nicht mehr zeitgemäß. Die Abschaffung auch und gerade in Rheinland-Pfalz ist überfällig“, teilte der Verband am Mittwoch mit. Schützenhilfe erhält er von der FDP-Fraktion im Mainzer Landtag.
Bayern verabschiedete sich vor zehn Jahren von dem Waschverbot. „Wenn am Sonntag Fußball gespielt werden darf und man im Restaurant seinen Schweinsbraten bekommt, warum soll man an diesem Tag nicht sein Auto waschen dürfen?“, ließ der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) die Öffentlichkeit wissen. Und stieß auf Protest des Erzbistums München. Sechs Tage müssten doch reichen, teilte das Erzbistum wutschnaubend mit.
Außerdem würden die Leute ihre Autos auch staubsaugen. Von wegen ruhig. Ein CSU-Politiker fuhr damals sogar in den Vatikan, um sich über Autowäsche zu informieren. In der Via Leone XIII., unweit des Petersplatzes, sah er die Vatikan-Mitarbeiter an den Pfingsttagen in die Waschstraße fahren. Was im Vatikan recht ist, könne doch in Bayern nur billig sein, befand der Politiker.
Bundesländer
Erlaubt ist die Autowäsche (Tankstellen und Selbstwaschboxen) an Sonn- und Feiertagen in Hessen, Hamburg, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig Holstein. Die Garagenwäsche ist nicht freigestellt. Auch wenn dies in der Regel niemand ahndet, ist sie als „öffentlich wahrnehmbare“ Arbeitstätigkeit verboten. In Bayern können die Gemeinden Sonntagswäsche zu erlauben. In Niedersachsen, Bremen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg und Berlin ist die Wäsche verboten.
Zusätzlicher Umsatz an Sonn- und Feiertagen
Und in Rheinland-Pfalz? Der umtriebige Lobbyverband der Tankstellenbetreiber (TIV), hat an 100 der insgesamt 750 Tankstellen des Bundeslands die Autofahrer befragt. Mit einem eindeutigen Ergebnis: 85 Prozent der insgesamt 35.000 Befragten seien dafür, das Sonntagswaschverbot abzuschaffen. 15 Prozent wollen das Verbot beibehalten. Neben den Autofahrern, sagt der Verband, hätten natürlich auch die Pächter und Betreiber ein Interesse, die Riesenbürsten an Sonntagen und Feiertagen laufen zu lassen. In einem Jahr würden sich die Zusatzeinnahmen, also der Gewinn vor Steuern, auf bis zu 10.000 Euro summieren. Das sei für einen mittelständischen Tankstellenbetreiber schon ein Batzen Geld.
Zusätzliches Personal, so TIV-Geschäftsführer Jochen Wilhelm bei einem Ortstermin an der Aral-Tankstelle in der Mainzer Rheinallee, bräuchte man nicht. Zudem seien moderne Anlagen „dem Umweltschutz verpflichtet“. Peter Hengstermann, Vorsitzender des Verbands und langjähriger Tankstellenbetreiber und Inhaber von Waschplätzen in Hessen und Rheinland-Pfalz, berichtet von „Event-Waschen“ mit der ganzen Familie. Sozusagen ein Freizeitspaß mit Bürste und Schaum an der Karosserie.
Was ist mit Sonn- und Feiertagsruhe?
Allerdings scheinen nicht alle Pächter diese Euphorie zu teilen, wie eine Anfrage dieser Zeitung beim Bundesverband Freier Tankstellen (bft) ergab. Denn dort lehnen auch Pächter das Sonntags-Waschen ab, weil es nicht wirtschaftlich sei. „Wir sind für eine praktikable Lösung für alle Beteiligten“, sagt ein Sprecher des Verbands diplomatisch. Doch beim Ortstermin bei Aral in Mainz bleibt man dabei: Euphorie, überall. Die FDP im Landtag will das Thema nun forcieren. „Wir nehmen das ernst“, sagt Steven Wink, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion. Doch die FDP scheint die Rechnung nicht mit den Grünen gemacht zu haben. Deren arbeitsmarktpolitischer Sprecher, Daniel Köbler, sagt: „Wir halten es wie andere Länder auch: Der Sonntagsschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht für uns nicht zur Debatte.“
Auch die SPD lässt sich nicht wirklich begeistern. „Aus Sicht der SPD-Fraktion sind Änderungen an den bestehenden Regelungen nicht angezeigt“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Benedikt Oster. Sonn- und Feiertage seien aus gutem Grund gesetzlich geschützt und stellten keine gewöhnlichen Arbeitstage dar. „Sie dienen der Arbeitsruhe, der Erholung und Freizeitgestaltung.“ Ausnahmen von der auch verfassungsrechtlich geschützten Sonn- und Feiertagsruhe müssten inhaltlich gut begründet sein – „bei der gewerblichen Autowäsche ist dies nicht ersichtlich.“ Sagt Oster.
Und die Kirche? Hengstermann bietet dem Mainzer Bischof an, mit ihm zusammen Autos zu waschen. Das könnte lustig werden.