Den Beruf des Heilpraktikers grundlegend reformieren oder ganz abschaffen: Das hat eine 17-köpfige Expertengruppe im „Münsteraner Memorandum“ gefordert. Die Heilpraktiker halten dagegen: Hier wolle nur jemand „unliebsame Konkurrenz“ loswerden. In Rheinland-Pfalz hat die Landesärztekammer die Kritik übernommen.
Von Mario Thurnes
Blick in einen Schrank auf Fläschchen mit homöopathischen Präparaten in der Praxis einer Heilpraktikerin. Archivfoto: dpa
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MAINZ - Den Beruf des Heilpraktikers grundlegend reformieren oder ganz abschaffen: Das hat eine 17-köpfige Expertengruppe im „Münsteraner Memorandum“ gefordert. Die Heilpraktiker halten dagegen: Hier wolle nur jemand „unliebsame Konkurrenz“ loswerden.
In Rheinland-Pfalz hat die Landesärztekammer die Kritik übernommen: „Wir warnen davor, die Möglichkeiten von Heilpraktikern zu überschätzen“, sagt Präsident Günther Matheis. Diese müssten keine staatliche Ausbildung durchlaufen. Ein Hauptschul-Abschluss sei ausreichend. Anwärter müssten lediglich 75 Prozent eines Tests richtig beantworten, in dem verschiedene Alternativen vorgegeben werden.
"Heilpraktikergesetz nicht mehr zeitgemäß"
Geteilt wird die Kritik vom Präsidenten der Landespsychotherapeutenkammer, Peter Brettle: „Wir sind der Meinung, dass das Heilpraktikergesetz aus dem Jahre 1939 nicht mehr zeitgemäß ist.“ Im Sinne der Patientensicherheit müsse es „dringend hinterfragt werden“. Eine Prüfung beim Gesundheitsamt, in der geschaut werde, ob von der Person Gefahren für die „Volksgesundheit“ ausgehen, sei „vollkommen unzureichend“.
Über das „Münsteraner Memorandum“ will Rolf Löltgen auf Nachfrage nicht reden. Er ist Vorsitzender des „Heilpraktiker-Fachverbands Rheinland-Pfalz“, der nach eigenen Angaben 400 Mitglieder vertritt. Die Debatte sei „ein totes Pferd“, sagt Löltgen und verweist auf den Präsidenten des „Fachverbands Deutscher Heilpraktiker“, Christian Wilms.
Wilms sagt in einem Interview, im Memorandum gehe es lediglich darum, „die erfolgreiche Arbeit der Kollegenschaft zu diskreditieren“. Heilpraktiker seien mittlerweile ein fester Teil des Gesundheitswesens. Über „Ansätze für Ausbildungsstandards“ sei er allerdings bereit zu reden.
Nur durch private Zusatzversicherung können Kosten abgedeckt werden
Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen keine Kosten für die Behandlung durch Heilpraktiker übernehmen. Das ist lediglich möglich, wenn ihre Mitglieder eine private Zusatzversicherung abgeschlossen haben. DAK-Landeschef Horst Braner erinnert an die begrenzten Möglichkeiten von Heilpraktikern: „Die ambulante Behandlung gesetzlich Versicherter, einschließlich der Verordnung von Medikamenten, ist approbierten Vertragsärzten und Vertragszahnärzten vorbehalten.“ Nur bestimmte nichtärztliche Personengruppen, wie Krankengymnasten und Logopäden könnten in die Behandlung eingebunden werden, wenn ein Vertragsarzt diese anordnet und überwacht. Heilpraktiker seien von dieser Regelung jedoch ausgenommen. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, das diese Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. In Einzelfällen kann laut Braner ein Zuschuss an den Kosten für nicht verschreibungspflichtige apothekenpflichtige Arzneimittel aus dem Bereich der Naturheilverfahren für die Kassen in Betracht kommen, wenn sie von einem an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsarzt verordnet werden.
Heilpraktiker dürfen keine rezeptpflichtigen Arzneien verschreiben oder herstellen. Das gleiche gilt für Betäubungsmittel. Sie dürfen auch nicht röntgen, den Tod feststellen oder in Fachbereichen wie der Geburtshilfe tätig werden. Der Münsteraner Kreis erinnert in seinem Memorandum an einen Fall, der im Sommer 2016 für Schlagzeilen sorgte: Ein Heilpraktiker am Niederrhein hatte in seiner Praxis Krebspatienten behandelt. Drei von ihnen starben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung.