Mit Feinstaub können die meisten Menschen etwas anfangen, nicht zuletzt nach den aufgeflogenen Betrügereien bei Dieselmotoren. Aber Ultrafeinstaub? Hört sich auf jeden Fall...
MAINZ. Mit Feinstaub können die meisten Menschen etwas anfangen, nicht zuletzt nach den aufgeflogenen Betrügereien bei Dieselmotoren. Aber Ultrafeinstaub? Hört sich auf jeden Fall gefährlich an. Vielleicht wird es durch folgenden Vergleich plastisch: Wäre ein Feinstaubteilchen so groß wie ein Fußball, wäre ein ultrafeines Teilchen kleiner als ein Stecknadelkopf.
Messungen auf eigene Faust im Rhein-Main-Gebiet
Fluglärmgegner machen schon seit langem darauf aufmerksam, dass diese Kleinstpartikel gesundheitsschädlich seien. Sie würden in der Lunge nicht zurückgehalten, drängen in die Blutbahn ein und gelangten von dort in alle Organe. Die Initiative gegen Fluglärm Mainz hatte bereits vor geraumer Zeit auf eigene Faust gemessen. Noch in 19 Kilometern Entfernung vom Frankfurter Flughafen, so das Ergebnis, ließ sich das Vierfache der üblichen Hintergrundbelastung messen.
Bei Flugbetrieb stieg der Wert von 4000 auf 16000 Partikel pro Kubikzentimeter. In Flörsheim waren es 40000, in Raunheim 80000 Partikel. Da das noch nicht bedeuten muss, dass die Belastungen mit dem Flugbetrieb zusammenhängen müssen, legten die Lärmgegner eine zweite Kurve, die Lärmpegel, darüber. Und verdeutlichen den Zusammenhang.
Grenzwerte für Ultrafeinstaub existieren bislang nicht. Deshalb schauen die Lärmgegner auf Messungen des Umweltbundesamtes (UBA) in Raunheim bei Frankfurt. Das Projekt läuft bereits seit 2016 und wurde nicht zuletzt vom rheinland-pfälzischen Umweltministerium angestoßen.
Die Mainzer Lärmgegner werfen dem UBA jedoch vor, die Ergebnisse „vertuschen zu wollen“. Das Bundesamt wolle lediglich „gesundheitlich harmlose Jahresmittelwerte“ präsentieren. Zeigten doch gerade die Einzelmessungen des UBA, dass sich die Anzahl der ultrafeinen Partikel nach Überflügen auf das mehr als Dreißigfache des üblichen Wertes erhöhte.
Erste Ergebnisse präsentierte das UBA im April. Der Abschlussbericht soll frühestens Ende 2018 vorgelegt werden. Die bislang bekannten, hohen Werte müssten „ernst genommen werden“, sagt Andreas Hartenfels von den Grünen im Mainzer Landtag. Ob die Werte in direkten Zusammenhang mit dem Flugverkehr stehen, sei nicht klar. So kämen auch beispielsweise die Autobahnen als Verursacher in Betracht. Die Mainzer Lärmgegner halten jedoch Vermutungen, die hohen Werte hingen mit dem benachbarten Industriepark Höchst zusammen, für hanebüchen.
Umso wichtiger sei es, dass die Bundesumweltministerin das Messprogramm ausweite, sagen die Grünen. Das Mainzer Umweltministerium wiederum erklärt: Ergebnisse und Empfehlungen des UBA werden die Grundlage dafür sein, wie künftig mit dem Thema Ultrafeinstaub umgegangen wird. Das Ministerium in Mainz betont auch: Die Anzahl der Partikel alleine erlaube „noch keine Aussage auf deren Risikopotenzial“. Wichtig sei auch die Analyse der gesundheitsschädlichen Stoffe. In den „normalen“ Feinstäuben, die bereits gemessen werden, schauen die Experten deshalb auch nach krebserregenden Stoffen wie Ruß.
Heftige Kritik aus Mainz am Umweltbundesamt
Die Fluglärmgegner in der Region bleiben kritisch. „Es ist ein Skandal, dass sich das Umweltbundesamt vor den Karren der Luftverkehrswirtschaft spannen lässt und die Anwohner über das wahre Ausmaß der Ultrafeinstaubbelastung und die hohen Gesundheitsrisiken täuscht“, heißt es in einer Mitteilung der BI-Mitglieder Wolfgang Schwämmlein und Joachim Alt. Wie die BI berichtet, saßen die beiden Ultrafeinstaub-Experten zunächst noch in einem Begleitkreis des UBA-Projekts, kritisierten aber von Beginn an das Arbeitsprogramm.
Weil das UBA die einzelnen Messergebnisse zu halbstündigen Mittelwerten zusammenfasse, seien die einzelnen Überflüge und die damit einhergehenden Spitzenbelastungen nicht mehr erkennbar gewesen. Das Bundesamt habe wegen dieser Kritik auf die beiden Mainzer im „Begleitkreis“ verzichtet.
Von Markus Lachmann