Polit-Streit: Mainzer Integrationsministerium zieht...

Marine Nikoghosyan wurde nach Armenien abgeschoben. Foto: Marine Nikoghosyan

Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium macht den Fall der abgeschobenen Marine Nikoghosyan aus Bad Kreuznach (wir berichteten) zur Chefsache und will die Armenierin...

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MAINZ/BAD KREUZNACH. Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium macht den Fall der abgeschobenen Marine Nikoghosyan aus Bad Kreuznach (wir berichteten) zur Chefsache und will die Armenierin offenbar nach Deutschland zurückholen. Nikoghosyan war wegen einer fehlenden Ausbildungsduldung nach Armenien ausgeflogen worden, trotz Arbeitsvertrag. Das Ministerium hat der Kreisverwaltung Bad Kreuznach den Fall entzogen und die Akten angefordert. Der Landkreistag verurteilt dies.

Auch Landrätin Bettina Dickes (CDU) zeigt sich verwundert: „Das ist schon sehr merkwürdig, hat ein Geschmäckle.“ Zumal das Ministerium mit Ministerin Anne Spiegel (Grüne) bis zuletzt betont habe, das Ermessen liege in diesem Fall bei ihr, der Landrätin. Ihre Entscheidung entspreche wohl nicht der Linie des Ministeriums. Also habe dieses reagiert, meint Dickes. Am Donnerstag soll es ein Gespräch mit Spiegel geben.

Anfang Juli schaltete sich das Integrationsministerium ein

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Zum Hintergrund: Am 5. Mai 2017 hatte die Kreisverwaltung Bad Kreuznach Marine Nikoghosyan wegen eines versäumten Antrags auf Ausbildungsduldung abgeschoben. Dass die Abschiebung rechtmäßig war, bestätigte das Koblenzer Oberverwaltungsgericht (OVG) später.

Anfang Juli schaltete sich das Ministerium erstmals ein: Nikoghosyan und ihre Tochter sollten nach Deutschland zurückkehren, die Frau ihre Ausbildung in einem Mainzer Hotel fortsetzen. Man habe sich mit der Kreisverwaltung verständigt. „Ich bin daher optimistisch, dass wir in diesem Fall zu einer guten Lösung kommen“, erklärte Integrationsstaatssekretärin Christiane Rohleder (Grüne) damals. In ihrer ersten Woche als Landrätin sagte auch Dickes zu, einen Antrag, die Einreisesperre zu verkürzen, wohlwollend behandeln zu wollen. Kurzum: Man war sich – gefühlt – einig.

Landrätin Dickes will keinen Präzedenzfall schaffen

Vor wenigen Wochen dann wurden erneut Misstöne laut. Von der wohlwollenden Haltung, die Dickes – anders als ihr Vorgänger Diel – an den Tag legte, sei nicht mehr viel zu spüren, berichtete Ausländerpfarrer Siegfried Pick vor zwei Wochen, Dickes wolle einer baldigen Einreise doch nicht mehr zustimmen. Am 29. August erklärte die Kreisverwaltung auf Anfrage: „Kein neuer Sachstand.“

Das sah Nikoghosyans Lebensgefährte Karlheinz Korb anders. Bei einem Termin in der Ausländerbehörde habe man seine Verpflichtungserklärung, sich um Nikoghosyan zu kümmern, nicht annehmen wollen. Es sei nicht klar, wer zuständig sei, hieß es. Dabei gehörte die Erklärung zu denjenigen Unterlagen, die der Ausländerbehörde noch fehlten. Am 30. August erklärte die Kreisverwaltung schließlich, die Unterlagen seien geprüft worden. In der Zwischenzeit hatte Nikoghosyan selbst am 21. August einen Termin bei der deutschen Botschaft in Eriwan, um ein Visum zu beantragen. Viel sagen konnte man ihr nicht, berichtet sie jetzt am Telefon. Sie müsse warten. „Das ist eine bewusste Taktik, das Ganze hinauszuzögern“, so bewertet Pick diesen Vorgang.

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Dickes sagt nun, das Ministerium habe ihr angekündigt, Anweisungen zu erteilen oder selbst aktiv zu werden. Sie steht dazu: „Wohlwollend behandeln heißt für mich, offen mit einem Thema umzugehen.“ Das habe sie getan und sei zum Schluss gekommen, keinen Präzedenzfall zu schaffen. Den Ausschlag habe die Begründung des OVG-Urteils gegeben. Demnach sei die Frau ursprünglich nicht mit dem Ziel „Asyl“ nach Deutschland gekommen, sondern ihrem Ehemann, einem Niederländer, gefolgt. Dieser erklärte später, es habe lediglich eine Scheinehe bestanden.