Auf 48 Seiten hat ein anonymer Briefschreiber den SPD-Bundestagsabgeordneten und Oppenheimer Bürgermeister Marcus Held schwer belastet. Genossenfilz oder Korruption in...
MAINZ/OPPENHEIM. Unangenehme Post dürften in den kommenden Tagen zwei Rheinhessen erhalten. Sie könnten hinter den anonymen Vorwürfen gegen den SPD-Bundestagsabgeordneten Marcus Held stecken. Held, der auch Oppenheimer Bürgermeister ist, hatte bereits mit Strafanzeige wegen Verleumdung gedroht, nun will er Ernst machen. Doch zunächst sollen die zwei Personen von Helds Anwalt angehört werden.
Auf 18 Seiten, garniert mit 30 Seiten Dokumenten, hatte ein anonymer Briefschreiber Held Untreue zu Lasten der Stadt Oppenheim und Bestechlichkeit vorgeworfen, was dieser zurückweist. Held habe dafür gesorgt, dass bei städtischen Grundstücksgeschäften Maklerbüros zwischengeschaltet wurden. Einer der Makler ist ein SPD-Mann. Diese hätten es dem Bürgermeister angeblich durch Zuwendungen oder Spenden an die örtliche SPD gedankt. Genossenfilz, gar Korruption in Rheinhessen unter dem umtriebigen Marcus Held? Wer Held nicht mag, und davon gibt es selbst in der SPD nicht wenige, mag solche Geschichten gerne hören. Zumal Held in Parteikreisen als nicht zimperlich gilt, wenn es um seine Belange geht. SPD im Bund hat sich der Sache angenommen
Belegt sind die Vorwürfe aber auch auf den 48 Seiten nicht. Der SPD-Bundesvorstand hat sich nun der Sache angenommen und prüft die Rechenschaftsberichte des Oppenheimer SPD-Ortsvereins der Jahre 2012 bis 2016. Auch Held selbst hat unabhängige Wirtschaftsprüfer beauftragt, Kasse und Spendeneingänge der SPD Oppenheim zu prüfen.
Rudolf Baumgarten ist einer der Namen, der mehrfach in dem anonymen Schreiben auftaucht. Er ist ehrenamtlicher Bürgermeister des rheinhessischen Dörfchens Uelversheim und SPD-Mitglied, er hat auch schon an die örtliche SPD gespendet. Baumgarten hat verschiedene Firmen, etwa das Planungsbüro plangUT, das im Rathaus der Stadt Oppenheim sitzt. Von der Stadt hat er immer wieder Kleinaufträge erhalten, ob das nun das Flicken eines Schlaglochs war, oder, wie der anonyme Schreiber aufzeigt, Planungs- und Bauleitungstätigkeiten bei einer Toilettenanlage im Rathaus Oppenheim. Kostenpunkt: 2.100 Euro. Gemauschel der Rathaus-Connection? Held hält dagegen, sagt, gegenüber einem herkömmlichen Architekten habe er bei der Toilettengeschichte 6.000 Euro gespart. Baumgarten hat eine weitere Firma, ImmobilienService, mit Sitz in Uelversheim. Die Vorwürfe des anonymen Schreibers: Als die Stadt Oppenheim im Jahr 2015 Grundstücke des Neubaugebiets „Krämereck Süd“ verkaufte, ließ sie den Parteifreund Baumgarten durch Maklerklauseln kräftig mitverdienen. Als Makler sei dieser aber nie in Erscheinung getreten.
„Das war alles rechtens“, sagt frühere Geschäftsführerin
Rudolf Baumgarten weist das im Gespräch mit unserer Zeitung zurück. Selbstverständlich sei er als Makler tätig gewesen, er habe etwa Bauherren beraten, digitale Daten zur Verfügung gestellt. Das könne er auch belegen, gesammelt in vier bis fünf Aktenordnern. Und mit zwei Prozent des Kaufpreises plus Mehrwertsteuer sei er auch nicht wirklich „steinreich“ geworden. Und was ist mit der Spende Baumgartens in Höhe von 14.000 Euro an die SPD, ausgewiesen im Rechenschaftsbericht 2013 der Bundespartei? Abgesehen davon, dass Spenden per se kein Verbrechen sind, entlastet es Baumgarten, dass es keinen zeitlichen Zusammenhang mit dem Maklergeschäft gibt. „Ich kann Ihnen versichern, an den anonymen Vorwürfen ist nichts dran“, sagt er am Telefon. Eigentlich habe es sich 2013 um drei Teilspenden gehandelt, die er bzw. seine Firmen an verschiedene Ortsvereine – also nicht nur Oppenheim – gezahlt hätten. Übrigens, schmunzelt der Sozialdemokrat, habe im Wahlkampfjahr 2013 auch die CDU gefragt, ob er spenden wolle. Wollte er aber nicht. Weitere Spenden über 10.000 Euro – nur diese sind veröffentlichungspflichtig – von Personen oder Firmen aus dem anonymen Brief finden sich in den Rechenschaftsberichten der Bundes-SPD nicht.
In dem anonymen Schreiben wird eine andere Firma – mit dieser hat Baumgarten nichts zu tun – genannt: Die G-A-J Immobilien-Vermittlungs-GmbH. Sie wurde 2016 von Oppenheim nach Nackenheim verlegt. Es geht um mindestens 184.000 Euro, die beim Ankauf von Grundstücken durch die Stadt Oppenheim an die Firma flossen. „Das war alles rechtens“, sagt die frühere GAJ-Geschäftsführerin Anita Finck auf Anfrage.
„Ich finde das in keiner Weise anrüchig“
Das sagt auch Marcus Held. Er berichtet auch, die Fincks hätten immer mal wieder die SPD Oppenheim unterstützt, wie auch Baumgarten im Jahr 2013. Einen Zusammenhang mit den im anonymen Brief genannten Geschäften gebe es nicht. „Ich finde das in keiner Weise anrüchig.“
Von Markus Lachmann