Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat am Donnerstag einen Corona-Perspektivplan vorgestellt. Sportanlagen, Fitnessstudios und der Einzelhandel sollen öffnen dürfen.
WIESBADEN. Hessen plant weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen für die Zeit nach dem nächsten Bund-Länder-Gipfel am 3. März. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) haben dazu gemeinsam einen vierstufigen Perspektivplan vorgestellt. Verbindlich sind diese Maßnahmen nicht.
„Niemand weiß zur Stunde genau, wie es weitergehen wird“, betont der Ministerpräsident mit Blick auf die Pandemie und die aktuellen Entwicklungen rund um die Coronavirus-Mutanten. Trotzdem müsse man den Menschen zumindest eine Perspektive bieten, wie es weitergehen könnte. „Haben wir eine schlechte Entwicklung, dann muss man auch sagen, dann wird das, was dort steht, so nicht möglich sein“, betont Bouffier.
Kurzfristig Öffnungen für einzelne Bereiche noch vor dem Bund-Länder-Gipfel am 3. März zu beschließen, wie das in anderen Bundesländern gemacht wurde, lehnen sowohl Bouffier als auch Al-Wazir ab und drängen auf bundeseinheitliche Lösungen. Das Vorgehen der anderen Bundesländer wolle er als hessischer Ministerpräsident nicht bewerten, manchmal werde man aber „schon überrascht“, sagt Bouffier.
Zoos und Freilichtmuseen
Bei positiver Entwicklung soll im März die erste Stufe in Kraft treten. Zum einen sollen die Kontaktregeln etwas entschärft werden, wodurch wieder Treffen von fünf Personen aus zwei Haushalten erlaubt wären; zugehörige Kinder runter 14 Jahren würden nicht mitgezählt. Der Amateursport wird hingegen weiterhin stark eingeschränkt bleiben, auch dort soll aber die erweiterte Kontaktregelung greifen. Kultur- und Freizeitangebote, die unter freiem Himmel stattfinden – wie beispielsweise Zoos und Freilichtmuseen –, sollen unter Berücksichtigung von Abstands- und Hygieneregeln wieder ermöglicht werden.
Der Einzelhandel soll in der ersten Stufe für „Click-and-Meet“ geöffnet werden: Kunden könnten dann vorab einen Termin vereinbaren und so auch wieder vor Ort in den Geschäften einkaufen. „Das wird natürlich in den Innenstädten nicht die Frequenz bringen, wie wir das kennen“, betont Al-Wazir.
Einzelhandel mit Termin
Aber der Einzelhandel gehe davon aus, dass die Leute, die kämen, dann auch etwas kaufen würden. Und diese Personen seien durch die Terminanmeldung auch bekannt, was die Kontaktnachverfolgung ermögliche, so der Wirtschaftsminister.
Museen, Galerien und Außengastronomie
In der zweiten Stufe des Perspektivplans könnten im Bereich der Kultur Anfang April auch Museen und Galerien wieder öffnen. Zudem soll auch die Außengastronomie erlaubt sein. Eberhard Flammer, Präsident des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK), begrüßt die Erleichterungen für Einzelhandel und Außengastronomie. „Das kann aber nur der Einstieg in den Ausstieg sein.“ Für auskömmliche Umsätze seien weitere Möglichkeiten erforderlich. „Zudem sollte Click-and-Meet auch im Bereich aller körpernahen Dienstleister möglich sein.“ In der dritten Stufe würden bei positiver Pandemie-Entwicklung gerade im Schulbereich einige Schritte in Richtung Normalisierung unternommen: Die Jahrgangsstufen Eins bis Sechs sollen dann vom Wechsel- in den Präsenzunterricht, die Jahrgangsstufen Sieben bis Elf aus dem Distanz- zum Wechselunterricht zurückkehren. Aber auch für den Veranstaltungsbereich eröffnet der Wirtschaftsminister ab der dritten Stufe weitere Perspektiven: dort seien dann Veranstaltungen bis 50 Teilnehmer denkbar.
Wieder Präsenzunterricht für alle Schüler
In der vierten Stufe des Plans würde für alle Schuljahrgänge der komplette Unterricht wieder in Präsenz stattfinden, für Altenheime könnte man die Corona-Testpflicht abschaffen. Bereits am Dienstagabend hatte der Ministerpräsident auf einer CDU-Wahlkampfveranstaltung viele Punkte des Vier-Stufen-Plans vorgestellt, was in der Folge zu Unverständnis bei der Opposition im Hessischen Landtag aber auch beim grünen Koalitionspartner geführt hatte.
Darauf angesprochen betont Bouffier, er habe auf der Veranstaltung lediglich „auf drei sehr konkrete Fragen geantwortet“ und nicht den vollständigen Plan der Regierung vorgestellt. Auf die Frage, ob eine solche Parteiveranstaltung für die Präsentation des Plans der richtige Rahmen gewesen sei, antwortet Al-Wazir: „Ich bin ja jetzt hier in der Staatskanzlei und nicht auf einer Parteiveranstaltung. Und das hier ist ein guter Ort, da sind Sie dabei, da sind wir alle.“
Skepsis gegenüber Astrazeneca-Impfstoff
Darauf angesprochen, dass in der Bevölkerung gewisse Vorbehalte gegen den Impfstoff des Herstellers Astrazeneca herrschen würden, was das Erreichen der Impfziele gefährde, betonen sowohl Bouffier als auch Al-Wazir, dass auch dieser Impfstoff wirksam sei und einen guten Schutz biete. Die Zulassung nur für unter 65-Jährige bedeute lediglich, dass für den Impfstoff in den höheren Altersklassen zu wenig Daten über die Wirksamkeit vorliegen würden. Al-Wazir sieht darin auch Chancen für unter 65-Jährige. Die könnten nämlich sonst noch nicht mit der Impfung drankommen. „Denn wenn der Impfstoff freigegeben wäre für Gruppen mit erhöhtem Risiko, würden wir ihn natürlich in diesen Bereichen anwenden.“
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Von Benedict Knab