Nahles tritt vom SPD-Partei- und Fraktionsvorsitz zurück

Andrea Nahles.  Archivfoto: dpa

Andrea Nahles gibt auf. Nach tagelangem Machtkampf tritt die SPD-Partei- und Fraktionschefin zurück. Sie ruft zu einem geordneten Übergang auf.

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BERLIN. SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles tritt von ihren Spitzenämtern zurück. "Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist", schrieb Nahles am Sonntag an alle SPD-Mitglieder. Nahles will auch ihr Bundestagsmandat niederlegen. Das sagte eine Fraktionssprecherin am Sonntag. Der Zeitpunkt stehe aber noch nicht fest.

"Am kommenden Montag werde ich daher im Parteivorstand meinen Rücktritt als Vorsitzende der SPD und am kommenden Dienstag in der Fraktion meinen Rücktritt als Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion erklären", so Nahles weiter. "Damit möchte ich die Möglichkeit eröffnen, dass in beiden Funktionen in geordneter Weise die Nachfolge geregelt werden kann." Nahles rief die SPD dazu auf, beieinander zu bleiben und besonnen zu handeln.

Unter Druck nach Wahldesaster

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Nahles war nach dem Desaster der SPD bei der Europawahl vor einer Woche stark unter Druck geraten. Daraufhin hatte sie angekündigt, in der Fraktion mit einer vorgezogenen Vorsitzenden-Neuwahl die Machtfrage zu stellen. Bei einer Sonderfraktionssitzung am Mittwoch war deutlich geworden, dass sie für diesen Schritt wenig Rückhalt hatte.

An die Mitglieder schrieb Nahles, sie habe den Vorsitz von Partei und Fraktion in schwierigen Zeiten übernommen. Nahles war nach dem schlechten Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl 2017 Fraktionsvorsitzende geworden und im Jahr darauf auch Parteichefin. "Wir haben uns gemeinsam entschieden, als Teil der Bundesregierung Verantwortung für unser Land zu tragen", so Nahles mit Blick auf die Entscheidung, ein weiteres Mal eine große Koalition einzugehen. Die drei Parteien regieren jetzt seit 2013 miteinander. Zuvor gab es zwischen 1966 und 1969 sowie 2005 und 2009 sogenannte große Koalitionen. "Gleichzeitig arbeiten wir daran, die Partei wieder aufzurichten und die Bürgerinnen und Bürger mit neuen Inhalten zu überzeugen", so Nahles weiter.

Beides zu schaffen sei eine große Herausforderung. "Um sie zu meistern ist volle gegenseitige Unterstützung gefragt", so Nahles. Ob ich die nötige Unterstützung habe, sei in den letzten Wochen wiederholt öffentlich in Zweifel gezogen worden. "Deshalb wollte ich Klarheit. Diese Klarheit habe ich in dieser Woche bekommen."

Lewentz: Zeichen von Stärke

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Der rheinland-pfälzische SPD-Landesvorsitzende Roger Lewentz hat Nahles für ihren Schritt Respekt gezollt. Anderen den Vortritt zu lassen, wenn man keinen Rückhalt mehr spüre, sei ein Zeichen von Stärke, teilte er am Sonntag in Mainz mit. "Andrea Nahles genießt für ihren Rückzug von den Spitzenämtern in Partei und Fraktion meinen vollen Respekt", erklärte Lewentz.

"Wie Teile der Bundespartei in den zurückliegenden Tagen mit ihr umgegangen sind, beschämt mich und ist aus meiner Sicht zutiefst unsozialdemokratisch", kritisierte der SPD-Vorsitzende im Heimatverband von Nahles. "Tatsächlich hätte ich mir für die Phase eines Übergangs ein geordneteres Verfahren gewünscht." Nahles habe sich immer mit Leidenschaft und Herzblut für das Wohl der SPD eingesetzt, "wenngleich zuletzt leider ohne die notwendige Fortune". Sie werde immer ein Teil der SPD Rheinland-Pfalz bleiben.

Von dpa