WIESBADEN - Im Fall der im Dezember letztmalig genehmigten Salzlaugen-Versenkung durch den Düngemittelhersteller K+S gehen jetzt Umwelt-Fachbehörde und Umweltministerium aufeinander los. Es geht um aufwendige Prognoseberechnungen, ob 1,5 Millionen Kubikmeter Salzlauge, die pro Jahr in den osthessischen Boden infiltriert werden, dem Grund- und sogar dem Trinkwasser schaden. Das Problem sei beherrschbar, so das Ergebnis. Doch ausgerechnet die Fachbehörde des Umweltministeriums – das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie – zweifelt nun mit der Methode auch das Ergebnis an. Die Prognose bilde „wesentliche Mechanismen des Salzwasserübertritts in den Buntsandstein-Grundwasserleiter nicht realitätsnah“ ab, heißt es in einem 40 Seiten langen Schreiben der Behörde vom 9. Februar.
Magazin schreibt von „geschönten Prognosen“
Umweltministerin Priska Hinz hat das in die Bredouille gebracht. Denn das Schreiben ist dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zugespielt worden, der daraus in seiner aktuellen Ausgabe zitiert und ihr „geschönte Prognosen“ vorwirft.
Nun hatte die Ministerin die Versenkung der Salzlauge zwar nicht genehmigt. Das war Angelegenheit des Regierungspräsidiums Kassel. Aber sie hatte die Genehmigung ausdrücklich begrüßt, auch weil es um mehrere Tausend Arbeitsplätze bei K+S in Nordhessen geht.
Und so keilt das Ministerium jetzt zurück: Das Landesamt selbst habe 2011 mitgeteilt, „dass es über keinerlei Kompetenz“ in solchen Berechnungen verfüge. Bemerkenswert: Der Ministeriumssprecher legt Wert auf die Feststellung, es handele sich hierbei um eine Anmerkung seines Ministeriums. Nicht von Umweltministerin Priska Hinz.
Das Ministerium dementiert im Übrigen die Darstellung des „Spiegel“, die Ministerin habe „massive Einwände ihrer Fachbehörde“ in Zusammenhang mit der Versenkung der Salzlauge ignoriert. Doch Einwände hat es gegeben. Sie sind – nicht zum ersten Mal – in dem 40 Seiten langen Schreiben des Landesamtes festgehalten, das dieser Zeitung vorliegt. Darin heißt es: Die Auswirkungen der Versenkung könnten „auch weiterhin nicht hinreichend belastbar beurteilt werden“. Man habe schon 2014 darauf hingewiesen, dass die Entsorgung so großer Mengen salzhaltiger Abwässer dazu geführt habe, dass die Chloridkonzentrationen in zwei Trinkwasserbrunnen – Meiselgraben und Ulstertal – angestiegen sind. Ein Gutachter habe das im vergangenen Jahr bestätigt. Ohnehin gelte: Dort, wo Salzlauge in den Boden infiltiert wird, könnten zukünftig Grenzwertüberschreitungen der Trinkwasserverordnung „nicht sicher ausgeschlossen werden“.