Integration braucht viel Geduld: Hessische Landesregierung will vor allem Sprachkompetenz verbessern
Von Christian Stang
Reporter Politikredaktion Wiesbaden
Deutschlernen steht am Anfang der Integration von Flüchtlingen. Archivfoto: dpa
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LIMBURG - „Integration ist kein Sprint, sie ist ein Marathonlauf.“ Diese Erkenntnis des stellvertretenden hessischen Ministerpräsidenten Tarek Al-Wazir (Grüne) bewahrheitet sich in der Realität, wenn man sich die schwierige und langwierige Eingliederung der knapp 43 000 ausländischen Schüler vor Augen führt, die seit dem Herbst 2015 nach Hessen gekommen sind. 9000 von ihnen sind bis zum laufenden Schuljahr aus Intensivklassen in den normalen Regelunterricht gewechselt. 1600 haben den Sprung in eine Ausbildung geschafft.
Deutsches Sprachdiplom als Eintrittskarte
Angesichts der gewaltigen Dimension der Integrationsaufgabe ist die Landesregierung dennoch zufrieden. Die Bemühungen trügen Früchte, meinten Al-Wazir und Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am Mittwoch zum Abschluss des achten Asylkonvents in Limburg. Die schulische Sprachförderung war Thema des Treffens mit etwa 60 Teilnehmern aus allen gesellschaftlichen Gruppen.
Nicht ohne Grund hatte die Landesregierung die Adolf-Reichwein-Berufsschule in Limburg als Tagungsort gewählt. Denn angesichts des steigenden Bedarfs an Fachkräften liegt ein Schwerpunkt der Landesprogramme beim Deutschunterricht für Jugendliche in beruflichen Schulen, die nach dem Schulabschluss eine Ausbildung beginnen sollen. In Hessen besuchen etwa 6100 Schüler Intensivklassen an Berufsschulen. Dort können sie zunächst das deutsche Sprachdiplom erwerben, ein weltweit anerkanntes Zertifikat.
DER KONVENT
Der Asylkonvent hat sich im Oktober 2015 konstituiert. Ihm gehören mehr als 60 Spitzenvertreter aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen an. In sieben Fachgruppen erarbeiten die Beteiligten Maßnahmen für die zentralen Themenfelder Bildung, Arbeitsmarkt, Sicherheit, Wohnen, Gesundheit, Ehrenamt und Integration.
Flüchtlinge, die sich für eine Ausbildung interessieren, können damit einen Nachweis ausreichender Sprachkompetenz erbringen. Die Landesregierung erwartet, dass im Mai bis zu 5000 Berufsschüler an der Prüfung für das Sprachdiplom teilnehmen werden. Mit Blick auf den steigenden Arbeitskräftebedarf eröffneten sich damit sowohl für die jungen Menschen als auch für die heimische Wirtschaft Chancen, sagten die Minister. Vor allem im Handwerk werde dringend Nachwuchs gesucht. Al-Wazir appellierte an Betriebe, im Frühjahr zunächst Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen. Aus den Praktikanten könnten im Herbst Auszubildende und dann im Jahr 2021 Fachkräfte werden. Der Asylkonvent richtete einen Aufruf an die hessischen Unternehmen, verstärkt Flüchtlinge mit ausreichenden Deutschkenntnissen und entsprechenden Kompetenzen in die duale Ausbildung aufzunehmen.
Zur durchgängigen Sprachförderung von Schülern ohne Deutschkenntnisse gibt es im Land mehrere Programme, die von Vorlaufkursen im Vorschulalter bis zu den Deutschklassen an den Berufsschulen reichen. 2500 Lehrer stehen dafür in diesem Schuljahr zur Verfügung. Das Angebot „Wirtschaft integriert“ richtet sich an alle Zuwanderer. In Vorbereitung ist ein Programm, um Flüchtlingen den Einstieg in Pflegeberufe zu ebnen. Für alle Aktionspläne stehen in dieser Wahlperiode 2,9 Milliarden Euro zur Verfügung.
Als erste Partei habe die CDU schon vor Jahren den Spracherwerb als Schlüssel für eine erfolgreiche Integration erkannt, sagte Landtagsfraktionschef Michael Boddenberg. Seit 2002 hätten 125 000 Kinder ohne hinreichende Deutschkenntnisse bei der Anmeldung zur Einschulung an Vorlaufkursen teilgenommen, 94 Prozent mit Erfolg. Bei der Zahl der Teilnehmer und der Zahl erfolgreicher Prüfungen zum deutschen Sprachdiplom nehme Hessen bundesweit einen Spitzenplatz ein, erklärte der Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Mathias Wagner.