Illegale Wettanbieter aus dem Ausland verdrängen staatliche Gesellschaften
Von Karl Schlieker
Redakteur Politik / Wirtschaft
Die Einsätze beim klassischen Lotto sind in den vergangenen 15 Jahren um rund ein Drittel zurückgegangen. Foto: dpa
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WIESBADEN - Illegale Wettanbieter aus dem Ausland graben den staatlich lizensierten Lotto-Gesellschaften zunehmend das Wasser ab. Die Einsätze sind seit dem Jahr 2006 bundesweit um rund eine Milliarde Euro auf nunmehr sieben Milliarden Euro gesunken. Auch bei Lotto Hessen setzte sich der Abwärtstrend im vergangenen Jahr mit einem Rückgang um 3,6 Prozent auf 622 Millionen Euro fort. „Gleichzeitig wächst der illegale Glücksspielmarkt dramatisch“, berichtete Lotto-Hessen-Geschäftsführer Heinz-Georg Sundermann am Montag in Wiesbaden.
Die Konkurrenz mit Sitz in Gibraltar, Malta oder anderswo unterliege nicht den gleichen Beschränkungen und müsse zudem keine Zweckabgaben leisten, erläuterte Sundermann. Lotto Hessen unterstütze dagegen mit rund 20 Prozent des Umsatzes gemeinnützige Zwecke. So seien im vergangenen Jahr landesweit insgesamt 127 Millionen Euro an den Sport, Denkmalschutz sowie an den Sozial-, Kultur- und Umweltbereich geflossen. Darüber hinaus seien 105 Millionen Euro an Steuern gezahlt worden.
Das bisherige System ist gefährdet
Das Lotto-System, welches Gelder für das Gemeinwohl bringt, ist nach Beobachtung von Sundermann allerdings akut gefährdet. Illegale Glücksspielanbieter agierten im rechtsfreien Raum. „Es herrscht Anarchie beim Glücksspiel“, sagte der hessische Finanzminister Thomas Schäfer in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender von Lotto Hessen. Der wachsende Erfolg ausländischer Anbieter verdränge das staatlich regulierte System zunehmend. So sei der Einsatz der Oddset-Sportwetten bundesweit von 513 Millionen Euro im Jahr 2001 auf 166 Millionen Euro im Jahr 2017 gesunken. Bei Sportwetten verfügten die staatlichen Anbieter nur noch über einen Anteil von drei Prozent des gesamten Marktes. Auch das beliebte Spiel Lotto 6aus49 werde von der Abwärtsspirale erfasst. Dort sackten die Einsätze im gleichen Zeitraum von 5,6 Milliarden Euro auf 3,7 Milliarden Euro.
Die Konkurrenz aus dem Ausland nutzt eine rechtliche Grauzone. Der Versuch, die Vergabe von Sportwetten-Lizenzen über einen Glücksspielstaatsvertrag neu zu regeln, war an der Uneinigkeit der Bundesländer gescheitert. Die alte Regelung entspricht allerdings nach Einschätzung des hessischen Finanzministers nicht dem Europarecht. Deswegen könne die Konkurrenz mit einem Unternehmenssitz jenseits der deutschen Grenzen ihre Internet-Wetten ungehindert in Deutschland anbieten. So entstehe die paradoxe Situation, dass man gegen ein eigentlich illegales Angebot rechtlich nicht vorgehen könne.
Inzwischen investieren nach Berechnungen von Lotto Hessen die ausländischen Wett-Anbieter im Vergleich zu den staatlichen Anbietern etwa das Dreifache an Werbung. Die Trikot-Werbung der nicht regulierten Tipico bei Bayern München sieht Schäfer als „Beihilfe zum Rechtsbruch“. „Das staatliche Glücksspielmonopol droht zur Lebenslüge des deutschen Föderalismus zu werden, wenn sich die Bundesländer nicht auf eine Regelung einigen“, kritisierte Schäfer. Die Länder sind in dieser Frage allerdings seit Jahren zerstritten. Hessen will nun laut Schäfer „ohne Denkverbote über alle politische Farben hinweg“ einen neuen Anlauf nehmen, um im öffentlichen Interesse verbindliche Regeln für alle Wettanbieter durchzusetzen.