WIESBADEN - Die Debatte um die Möglichkeiten von ARD und ZDF ist entbrannt. Sollen die Öffentlich-Rechtlichen mit der vollen Freiheit eines Privatunternehmens im Netz agieren dürfen, wie es der Vorsitzende des HR-Rundfunkrats, Harald Brandes, vorgeschlagen hat? Nein, sagt dazu Axel Wintermeyer, Chef der hessischen Staatskanzlei.
Zwar müsse der „Telemedienauftrag“ neu geregelt werden. „Dabei werden wir – wie bisher – darauf achten, dass es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der gedruckten Presse kommt.“ Deshalb soll es ARD und ZDF verboten bleiben, Textbeiträge online zu veröffentlichen, wenn diese keinen Bezug zu Sendungen haben.
Wintermeyer sagt aber auch, dass als Folge des technischen Fortschritts der Begriff „Presseähnlichkeit“ schwieriger zu definieren sei. Also weniger offensichtlich sei, was ARD und ZDF zusätzlich im Netz zeigen dürfen und was nicht. Wintermeyer wünscht sich, dass private und öffentlich-rechtliche Medien diese Fragen im Konsens klären.
Doch nach Konsens sieht es bei den privaten Medien nicht aus: Würden Brandes Vorschläge umgesetzt und die Öffentlich-Rechtlichten erhielten freie Hand im Internet, wäre das eine Katastrophe für die Meinungsvielfalt, wie Kristian Kropp sagt, Geschäftsführer des Senders RPR, an dem die VRM beteiligt ist.
„Privater Rundfunk wird zerrieben“
„Das sieht alles so harmlos aus. Crossmedialer öffentlicher Rundfunk? Das ist doch zeitgemäß“, bezieht sich Kropp auf den Vorschlag von Brandes sowie auf den Malu Dreyers. Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Chefin des ZDF-Verwaltungsrats hatte gefordert, die Öffentlich-Rechtlichen sollten auch Inhalte ins Netz stellen dürfen, an denen andere die Rechte haben.
Die Wahrheit sei, so Kropp: Der private Rundfunk werde zwischen US-Konzernen wie Google oder Facebook einerseits und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk andererseits „zerrieben und langfristig zerstört“. Kropp warnt: Ohne Regulierung sterbe die Pluralität. Damit sei die Meinungsvielfalt in Gefahr, was bedeute: „Ohne das Gleichgewicht der Kräfte zerfällt die natürliche Kontroverse.“ Aber genau die habe Deutschland groß gemacht.
Die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Tabea Rößner, begrüßt indes den Vorschlag Brandes: Denn andere Vorschläge blieben auf halber Strecke stehen, „weil man sich von Einschränkungen wie Verbot von Presseähnlichkeit und Sendungsbezug nicht verabschieden will.“ Die Presseähnlichkeit sieht Rößner als „ein künstliches Konstrukt, das es im Internet ja eigentlich gar nicht gibt“. Um alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen, müssten ARD und ZDF auch im Internet auffindbar sein. „Hürden, die sie in ihrem Auftrag derart einschränken, sollten daher abgebaut werden.“