Gastbeitrag von Dirk Metz: Schluss mit Polizisten-Bashing!
Für unseren Gastautor Dirk Metz sind Beamte weder Heilige noch Roboter. Aber, schreibt Metz, sie halten für uns ihren Kopf hin.
Von Dirk Metz
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Vor dem Landgericht Frankfurt müssen sich seit Donnerstag acht Bundespolizisten wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt verantworten - zuvor hatten sie in der B-Ebene der Hauptwache einen 21-Jährigen festgenommen, der des Drogenbesitzes verdächtigt wurde und erheblichen Widerstand leistete. Ich maße mir nicht an, den konkreten Fall zu beurteilen, das wird Aufgabe des Gerichts sein. Er lenkt die Aufmerksamkeit aber auf ein Thema, mit dem ich mich in dieser Woche beschäftigen möchte: den Bedingungen, unter denen Polizisten ihren Dienst ableisten.
Ganz sicher gibt es unter Polizisten - wie überall - schwarze Schafe. Und bei der Polizei, die für Recht und Ordnung steht, ist es sicher noch ärgerlicher, wenn jemand die Regeln verletzt. Doch das rechtfertigt nicht, dass in unserer Gesellschaft zunehmend der Respekt vor der Polizei abhandenkommt. Wenn schon, wie kürzlich im südhessischen Babenhausen, eine stinknormale Unfallaufnahme nur noch mit einem Großaufgebot von hessischer und zu Hilfe geholter bayerischer Polizei zu bewältigen ist, weil herbeigeeilte Familienangehörige Polizei und Rettungskräfte an der Arbeit hindern, dann wirft das ein Schlaglicht. 79 164 Vollzugsbeamte wurden im vergangenen Jahr in Deutschland Opfer von Angriffen, 7,1 Prozent mehr als 2017. Und jenseits dieser Attacken scheint auch verbales "Polizistenbashing", ob im Internet oder in der Öffentlichkeit, inzwischen "in" zu sein. Beleidigungen in Hülle und Fülle - das muss ein Polizist aushalten, entschied ein Bundesrichter. Renate Künast, die Ähnliches richterlich bescheinigt bekam, lässt grüßen. Das lässt mich kopfschüttelnd, die betroffenen Beamten aber frustriert zurück. Ein Praktikum bei der Polizei würde angehenden Richtern sicher einen wertvollen Blick ins "normale Leben" vermitteln.
Offen gestanden: Ich wäre ungern bei einer Drogenrazzia in Frankfurt dabei, schaue mich stattdessen in solchen Situationen besorgt um und erhöhe die Laufgeschwindigkeit, um jedem Risiko aus dem Weg zu gehen. Ich bin auch unsicher, ob ich als Polizist das Nervenkostüm hätte, bei jemandem, der mich massiv verbal beleidigt, ruhig zu bleiben und nicht "zurück zu beleidigen", was eine Strafanzeige zur Folge haben könnte. Ich versuche zu verstehen, wie es einem Polizisten geht, der einen Kleinkriminellen zum wiederholten Male dingfest macht und fassungslos erleben muss, wie dieser ihm am nächsten Tag, mit feistem Grinsen, wieder über den Weg läuft. Ich ahne auch, wie sich Polizeibeamte fühlen, bei denen die Spuckschutzhaube ein völlig normaler Ausrüstungsgegenstand ist, um sich gegen Spuckattacken zu wappnen. Ich verstehe, dass Polizeibeamte verunsichert sind, die heute bei jeder Hausdurchsuchung damit rechnen müssen, von "Alexa" oder dem Handy eines "freundlichen" Mitbürgers bei ihrer Arbeit begleitet zu werden. Die bei jedem Einsatz im öffentlichen Raum gefilmt werden und anschließend erleben, wie die Bilder in den sozialen Netzwerken ge- und oft auch missbraucht werden - zum Beispiel, indem bestimmte Sequenzen zusammengeschnitten werden.
UNSER GASTAUTOR
Unser Gastautor Dirk Metz ist Inhaber einer Agentur für Kommunikation und Krisenkommunikation. Zuvor war der gelernte Journalist elf Jahre Sprecher der hessischen Landesregierung.
Jetzt kann man all dem entgegnen, dass sich die Polizistinnen und Polizisten ja für den Job entschieden haben und somit wussten, was auf sie zukommt. Aber des Zweiten bin ich mir mit Blick auf die zunehmenden Angriffe nicht so sicher. Drucksituationen, kein Zweifel, begünstigen Fehlverhalten. Was unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten täglich im Einsatz erleben und verarbeiten müssen, entschuldigt natürlich keine Fehler, aber es erklärt sie. Diese Fehler würden wohl nur Robotern und Heiligen nicht passieren.
Polizeibeamte sind aber keine Roboter, sondern Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Und ich empfinde höchsten Respekt, ja Bewunderung dafür, wie gleichermaßen professionell und beherrscht 99,99 Prozent ihren Dienst versehen. Sie halten für uns ihren Kopf hin. Wir sollten stolz auf sie sein - und sie auf ihre Arbeit!