Als SPD-Fraktionschefin ist Andrea Nahles akut umstritten. Nach Informationen dieser Zeitung will sie Ministerin werden, um ihre Karriere zu retten.
Von Reinhard Breidenbach
Leitung Politikredaktion, Chefreporter
Andrea Nahles.
(Foto: dpa)
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BERLIN/MAINZ - Die SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles versucht offenbar, mit einer Rückkehr in die Berliner Ministerriege ihren Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Nach Informationen dieser Zeitung wirkt Nahles insbesondere darauf hin, durch Übernahme des Arbeitsministeriums einem schlechten Ergebnis oder gar ihrer Abwahl als Fraktionschefin zuvorzukommen.
Nahles wolle sich „ins Kabinett retten“, so erfuhr diese Zeitung aus Bundestagskreisen. Zu diesem Zweck habe sie mit Außenminister Heiko Maas und mit Arbeitsminister Hubertus Heil, beide SPD, gesprochen und gefragt, ob jene zu Nahles' Gunsten ihr Amt abgeben würden. Maas könnte dann in das von ihm früher schon geführte Justizressort zurückkehren, das frei wird, weil Katarina Barley ins EU-Parlament wechselt. Für Heil käme, wenn er das Arbeitsministerium aufgibt, Nahles' bisherige Position als Fraktionschef in Frage. Als Justizminister käme Heil mit einiger Sicherheit nicht in Betracht. Die Justiz gilt als einziges Ressort, für dessen Führung ein einschlägiges Studium – Jura – vorausgesetzt wird.
Nahles geht nach diesen Informationen davon aus, dass sie selbst bei einer Bestätigung als Fraktionschefin ein so schlechtes Abstimmungsergebnis erzielen könnte, dass die Kritik an ihrer Amtsführung an der SPD-Spitze noch zunehmen würde. Das wiederum könne dazu führen, dass sie sich im Herbst erneut einer Wahl als Fraktionschefin stellen müsste, womit zudem ihre Position als Parteichefin beim Bundesparteitag im Dezember zunehmend in Gefahr geriete.
Ein Sturz der aus Rheinland-Pfalz stammenden Nahles hätte nach Aussage politischer Kreise auch negative Auswirkungen auf die SPD in diesem Bundesland. Politische Beobachter sprechen von einem „Triumfeminat“ - weibliches Pendant zu „Triumvirat“ („Dreimännermacht“) in der SPD-Bundesspitze: Andrea Nahles, Katarina Barley, die als deutsche SPD-Spitzenkandidatin ins Europaparlament wechselt, und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, zugleich stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende. Wenn Nahles stürze, wären auch Barley und Dreyer und damit die rheinland-pfälzische SPD geschwächt, so heißt es in Berliner Kreisen. Dreyer sei zwar in der SPD auf Bundesebene geachtet; allerdings sähen insbesondere die Landesverbände aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen das rheinland-pfälzische „Triumfeminat“ in der SPD-Bundesspitze – Nahles, Barley, Dreyer – kritisch.