Tod nach Polizeieinsatz: Bodycams nicht eingeschaltet
Der Tod eines Mannes nach einem Polizeieinsatz in Mannheim löst weiter Kritik aus. Die Polizei verteidigt sich, verspricht aber auch Aufklärung. Das sagt die Gewerkschaft der Polizei.
Von dpa
Bei dem Polizeieinsatz, nach dem ein 47-Jähriger in Mannheim verstorben ist, waren die Bodycams der Polizisten nicht eingeschaltet.
(Foto: dpa)
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MANNHEIM - Im Zusammenhang mit der Polizeikontrolle in Mannheim, bei der ein Mann gestorben ist, haben sich beim Landeskriminalamt (LKA) Stuttgart bisher rund 30 Zeugen gemeldet. Außerdem seien rund 70 Videos zur Verfügung gestellt worden - inwieweit es sich dabei zum Teil um identische Videos handelte, ist nach Worten eines LKA-Sprechers vom Mittwoch noch unklar. Zeugenvernehmungen wie auch die Auswertung der Filmsequenzen werden einige Zeit dauern, zumal man auch mit weiteren Hinweisen rechne. "Wir müssen uns Zeit nehmen, das zu rekonstruieren", sagte ein Sprecher am Donnerstag. "Wir müssen sekundengenau das Tatgeschehen nachvollziehbar machen."
Bei der Kontrolle in der Mannheimer Innenstadt war am vergangenen Montag ein 47-Jähriger zusammengebrochen, musste wiederbelebt werden und starb noch am selben Tag im Krankenhaus. Zuvor soll er sich nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft gewehrt haben. Gegen die Polizisten wird inzwischen ermittelt. Vom Dienst suspendiert sind sie nach Kenntnis des LKA-Sprechers nicht. Disziplinarrechtliche Maßnahmen seien in einem so frühen Stadium unüblich.
Videos im Netz aufgetaucht
Die Leiche des Mannes wurde am Mittwochvormittag in der Rechtsmedizin Heidelberg obduziert. Ergebnisse dazu werde es vorerst nicht geben, sagte ein Sprecher der Mannheimer Staatsanwaltschaft. Ein Obduktionsbericht könne viele Wochen dauern. Möglicherweise gebe es aber Ende der Woche erste Erkenntnisse.
Trotz der nicht aktivierten Bodycams bei der Polizeikontrolle rechnet die Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit Antworten auf die wichtigsten Fragen zum umstrittenen Einsatz. "Ich gehe davon aus, dass die Hintergründe und Umstände dieses Geschehens restlos aufgeklärt werden", sagte der baden-württembergische Landesvorsitzende Gundram Lottmann der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe sehr viele Zeugen und Videos. "Und ich glaube schon, dass der Einsatz deshalb auch ohne die Kameras rekonstruiert werden kann."
Die Schulterkameras oder "Bodycams" der Beamten seien bei dem Einsatz nicht angestellt worden. "Hilfreich wäre es gewesen, wenn sie durchgängig gelaufen wären", sagte der Präsident des Landeskriminalamtes, Andreas Stenger, am Mittwochabend in Mannheim. "Dafür ist die Bodycam auch da." Aus seiner Sicht wäre es laut Dienstanweisung "angezeigt gewesen", die Kamera einzuschalten. Warum dies nicht erfolgt sei, sei Gegenstand der Ermittlungen.
Zahlreiche ungeklärte Fragen
Die Ermittler stehen vor zahlreichen ungeklärten Fragen - und unter öffentlichem Druck. Sie sehen sich seit dem Tod des Mannes heftiger Kritik und einer Debatte über Polizeigewalt ausgesetzt. "Wir ermitteln gründlich, aber das erfordert Zeit", sagte Romeo Schüssler, der zuständige Staatsanwalt. "Niemand muss uns dazu auffordern, herauszufinden, was passiert ist."
Nach LKA-Angaben wurden Spuren stumpfer Gewalt an der Leiche des Mannes festgestellt. Diese seien aber "von geringer Intensität gewesen", sagte Stenger. Es sei weiter unklar, ob der 47-Jährige eines gewaltsamen oder eines natürlichen Todes gestorben sei. Der Mann habe auch eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche) gehabt.
Bodycams sollen vor allem Angriffe auf Beamte dokumentieren. In den meisten Fällen werden sie im sogenannten Pre-Recording-Modus genutzt - dabei werden kontinuierlich kurze Sequenzen aufgezeichnet und nach jeweils 45 Sekunden wieder überschrieben. Erst wenn der Beamte ein zweites Mal auf den Knopf drückt, wird die letzte Sequenz nicht gelöscht und auch die weitere Aufnahme dauerhaft gespeichert.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 04.05.2022 um 12:44 Uhr publiziert.