Ist mein Immunschutz gegen das Coronavirus ausreichend?

aus Coronavirus-Pandemie

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Eine Impfung wird vorbereitet. Symbolfoto: Sascha Kopp / VRM Bild

Braucht man die vierte oder gar eine fünfte Impfung, um sich vor der kommenden Corona-Welle zu schützen? Oder kann man auch zu oft boostern? Antworten auf wichtige Fragen.

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BERLIN. Die Zahl der Corona-Infektionen steigt wieder deutlich an. Und auch auf den Intensivstationen werden wieder mehr Patienten mit Covid-19 behandelt. Viele Bürger fragen sich, ob der eigene Immunschutz für die nächste Corona-Welle ausreichend ist. Je nach Alter, Vorerkrankungen oder ob man bereits mit Covid-19 infiziert war, gelten andere Impfempfehlungen für die Schutzimpfung gegen Covid-19. Ein Überblick.

Was wird Kindern von 5 bis 11 Jahren empfohlen? Gesunden Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren wird vorerst nur eine Impfdosis empfohlen, unabhängig davon, ob sie schon einmal mit Corona infiziert waren oder nicht. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) ist davon auszugehen, dass inzwischen mehr als 80 Prozent der Fünf- bis Elfjährigen in Deutschland bereits in Kontakt mit Corona gekommen sind. Zusammen mit der empfohlenen Impfstoffdosis führt die bereits durchgemachte Infektion nach Ansicht der Stiko zum Aufbau einer Basisimmunität.

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Eine vollständige Grundimmunisierung mit zwei Impfungen kann aber auf Wunsch von Kindern und Eltern nach ärztlicher Aufklärung erfolgen. Leben im Umfeld der Kinder Personen mit hohem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf – zum Beispiel Menschen, die eine immunsuppressive Therapie erhalten – wird auch gesunden Kindern die Grundimmunisierung mit zwei Impfungen empfohlen. Leiden die Fünf- bis Elfjährigen selbst unter Vorerkrankungen wie zum Beispiel starkem Übergewicht, Abwehrschwäche (Immundefizienz), einem angeborenen Herzfehler, chronischen Lungenerkrankungen, nicht ausreichend eingestelltem Diabetes mellitus oder Tumorerkrankungen empfiehlt die Stiko die Grundimmunisierung mit zwei Impfungen sowie zwei Auffrischungsimpfungen – vorzugsweise mit dem schon länger verfügbaren monovalenten Impfstoff von Biontech.

Was wird 12- bis 59-Jährigen empfohlen? Für alle Personen ab zwölf Jahren empfiehlt die Stiko eine Auffrischungsimpfung (3. Impfung), wenn sie zuvor zwei sogenannte immunologische Ereignisse hatten: Also entweder die Grundimmunisierung (1. und 2. Corona-Impfung) oder eine Impfstoffdosis plus eine Corona-Infektion. Die Auffrischung soll im Abstand von sechs Monaten nach dem zweiten immunologischen Ereignis erfolgen.

Welcher Impfstoff wird für die Auffrischimpfungen eingesetzt? Für die Auffrischungsimpfung, auch Booster genannt, soll bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren vorzugsweise einer der neuen an die Omikron-Varianten angepassten bivalenten mRNA-Impfstoffe verwendet werden, da beide im Vergleich zu den bisherigen monovalenten mRNA-Impfstoffen eine verbesserte Antikörperantwort gegenüber verschiedenen Omikron-Varianten auslösen und auch gegenüber dem Corona-Wildtyp eine gleichbleibend gute Antikörperantwort erzielen.

Bivalent bedeutet, dass der Impfstoff gegen zwei unterschiedliche Varianten des Virus wirksam ist. Er besteht aus zwei Komponenten: dem Spike-Protein des Wildtypvirus und dem Spike-Protein der Omikron-Untervarianten – also entweder BA.1 oder BA.4/5. Es sei trotz der eingeschränkten Datenlage anzunehmen, dass auch die bivalenten Impfstoffe vor schweren Infektionen, Krankenhauseinweisung und Tod schützen.

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Wer sollte sich zum vierten Mal impfen lassen? Für alle ab einem Alter von 60 Jahren wird noch eine weitere Auffrischungsimpfung (4. Impfung) im Abstand von sechs Monaten zur dritten Impfung oder aber zu einer durchgemachten Corona-Infektion empfohlen. Zudem wird die vierte Impfung auch folgenden Personengruppen angeraten: Pflegeheimbewohnern, Bewohnern von Behinderteneinrichtungen, Personal in medizinischen Einrichtungen – insbesondere mit direktem Patienten- oder Bewohnerkontakt – und alle ab dem Alter von fünf Jahren, die infolge einer Grunderkrankung, insbesondere Immundefizienz, ein erhöhtes Risiko haben.

Worauf gründet sich die Altersempfehlung? Die Beweise für die Auswirkung einer vierten Dosis stammen größtenteils aus Israel. Laut einer Analyse der Daten von mehr als 360.000 über 60-jährigen Personen reduziert eine vierte Dosis des Impfstoffes von Biontech kurzfristig die Folgen einer Ansteckung. Untersucht wurde allerdings nur der Zeitraum von sieben bis 30 Tage nach der Impfung. Demnach senkt eine vierte Impfung in dieser Zeit das Risiko, wegen einer Corona-Infektion ins Krankenhaus zu kommen, um 68 Prozent. Vor dem Tod durch Covid-19 schützte die vierte Impfung zu 74 Prozent. Das Durchschnittalter der untersuchten Personen lag bei 72 Jahren.

Was ist, wenn man bereits eine Corona-Infektion durchgemacht hat? Laut Stiko wird ein solider Schutz vor einer Corona-Infektion erst durch eine mehrmalige Auseinandersetzung mit dem Spike-Protein des Corona-Virus erzielt. Dies kann durch eine dreimalige, bzw. viermalige Impfung bei den entsprechenden Personengruppen oder durch eine Kombination von natürlicher Infektion und Impfung erreicht werden. Daher ist die Impfung auch empfehlenswert, wenn man bereits mit Corona infiziert war. Zwischen den jeweiligen Ereignissen muss jedoch ein zeitlicher Mindestabstand liegen, damit die Ereignisse als getrennt, immunologisch wirksam bewertet werden.

Das bedeutet, wer zum Beispiel über 60 ist und in einem Abstand von mindestens drei Monaten nach der dritten Impfung eine Corona-Infektion durchgemacht hat, benötigt keine weitere Schutzimpfung. Betrug der Abstand zwischen der Corona-Infektion und der dritten Impfung weniger als drei Monate, wird eine weitere Auffrischimpfung empfohlen. Dasselbe gilt für unter 60-Jährige, die nach der zweiten Impfung im Abstand von mindestens drei Monaten eine Infektion durchgemacht haben. Auch sie benötigen keine weitere Impfung. Lagen weniger als drei Monate zwischen der zweiten Impfung und der Covid-Infektion, wird eine Auffrischungsimpfung angeraten.

Ich bin schon viermal mit dem alten Impfstoff geimpft. Brauche ich jetzt noch eine fünfte Impfung mit dem neuen? Laut den Studiendaten für die an Omikron angepassten Impfstoffe schützen diese etwas besser vor einer Infektion mit einer Omikron-Variante. Doch auch, wenn die vierte Impfung schon etwas zurück liegt, empfiehlt die Stiko eine fünfte Impfung nur bei besonders gefährdeten Personen. Zum Beispiel bei Hochbetagten oder bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann es sinnvoll sein, nach dem vierten Ereignis (2. Auffrischungsimpfung) noch eine weitere Impfdosis zu verabreichen. Diese sollte dann nach ärztlicher Beratung im Abstand von sechs Monaten zum vorangegangenen Ereignis verabreicht werden.

Kann man auch zu viel boostern? Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGFI) hat bereits vor einiger Zeit in einer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass für den Aufbau eines langanhaltenden immunologischen Schutzes drei Immunisierungen ausreichend sind – wobei diese sowohl durch Impfung als auch durch Infektion erfolgen können.

Der Immunologe Andreas Radbruch, Leiter des Leibniz Institut Deutsches Rheuma-Forschungszentrum in Berlin, geht davon aus, dass die Immunität Jahrzehnte lang anhalten kann. Das immunologische Gedächtnis sei bei gesunden Personen bereits durch zwei bis drei Impfungen komplett ausgebildet. Bei diesen bringe die vierte Impfung nicht mehr viel. Werde zu häufig geboostert, könne hingegen das Immunsystem an Flexibilität verlieren, wobei es dann im schlimmsten Fall gar keine Reaktion mehr gebe.

Aus Sicht von DGFI-Präsidentin Christine Falk könnte eine vierte Impfung bei jungen Menschen unter Umständen dazu führen, dass sie sich nach einer Corona-Infektion sogar kränker fühlen als ohne die vierte Spritze.

Was gilt für Schwangere und Stillende? Die Stiko empfiehlt Stillenden und ungeimpften Schwangeren ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel (ab der 14. Schwangerschaftswoche) eine Grundimmunisierung mit zwei Impfdosen sowie eine Auffrischungsimpfung im Abstand von mindestens sechs Monaten zur letzten Impfstoffdosis. Schwangere Frauen, die bereits zwei immunologische Ereignisse hatten, wird ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel eine Auffrischimpfung empfohlen – vorzugsweise mit einem an Omikron angepassten Impfstoff von Biontech.

Wie verbindlich sind die Stiko-Empfehlungen? Das Expertengremium der Stiko spricht zwar Empfehlungen aus, diese entfalten aber keine unmittelbare rechtliche Wirkung. Es gab aber während der Pandemie immer wieder Situationen, in denen ein Nachweis über die vollständige Impfung benötigt wurde – zum Beispiel bei der Einreise aus dem Ausland oder bei Zutrittsbeschränkungen nach der 2G-Regel. Wie eine vollständige Impfung definiert ist, hat sich im Laufe der Zeit geändert: So galten bis März zum Beispiel alle Personen, die zwei Impfdosen erhalten hatten, als vollständig geimpft. Seit dem 1. Oktober ist nun grundsätzlich eine dritte Impfung erforderlich, um als vollständig geimpft zu gelten.