Ärzte und Patienten in Rheinland-Pfalz klagen über fehlende Informationen. Das Gesundheitsministerium erklärt, wie eventuell Betroffene reagieren sollten. Fragen und Antworten.
Von Sonja Werner
Reporterin Politik
(Symbolfoto: H_Ko/stock.adobe.com)
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MAINZ - Auch in den Arztpraxen in Rheinland-Pfalz gibt es nach wie vor Unsicherheiten, wie genau man bei einem Verdacht auf eine Infektion mit dem neuen Coronavirus umgehen soll. Eine Ärztin aus Ingelheim klagt etwa in einem Brief an die Gesundheitsministerin: „Eine fundierte, auf die Bedingungen vor Ort angepasste Strategie gibt es in Rheinland-Pfalz nicht. Ein Anruf im Gesundheitsamt und bei unserer kassenärztlichen Vereinigung letzte Woche war nicht zielführend und eine reine Zeitverschwendung.“ Am Ende verweise jeder nur auf die Homepage des Robert-Koch-Instituts, meint sie frustriert. Hier soll nun nachgebessert werden. Aktuell werde vom rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium ein Merkblatt zum Vorgehen bei Coronavirus-Verdachtsfällen in der ambulanten ärztlichen Versorgung abgestimmt, heißt es von dort. Bei der Kassenärztlichen Vereinigung in Rheinland-Pfalz sieht man die Lage allerdings noch recht entspannt. Im Moment sei die Lage noch gut zu bewältigen.
Auf Nachfrage erklärt das Ministerium zudem noch einem detailliert, wie genau in einem Verdachtsfall vorgegangen werden soll:
1. Wo sollen sich Patienten melden, die befürchten sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben?
Sofern Patienten aktuell unter einem Atemwegsinfekt leiden, sollten sie sich zunächst entweder telefonisch bei ihrem Hausarzt melden oder mit dem Hausbesuchsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz unter der Telefonnummer 116117 Kontakt aufnehmen. So könne zunächst besprochen werden, ob es irgendwelche Verbindungen des Patienten zu einem der Risikogebiete etwa in Norditalien gebe oder aber zu einem Patienten, bei dem bereits eine Infektion festgestellt worden ist.
Erst nach dieser Rücksprache und telefonischer Ankündigung solle dann die Praxis des behandelnden Hausarztes oder der behandelnden Hausärztin aufgesucht werden. Patientinnen und Patienten sollten sich vor Eintritt ankündigen. Im nächsten Schritt seien tatsächliche Coronavirus-Verdachtsfälle vom regelhaften Praxisbetrieb abzusondern, schreibt das Ministerium. Bei räumlich unvollständiger Absonderung sollten Patienten einen Mund-Nasen-Schutz anlegen. Bei der Durchführung eines Nasen-Rachen-Abstrichs müsse vom Untersucher nach Möglichkeit eine FFP2-Maske oder ein chirurgischer Mund-Nasen-Schutz angelegt werden. Derzeit erfolge eine rationierte Abgabe von chirurgischem Mund-Nasen-Schutz durch das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium, wobei die Verteilung die Regionalstellen der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz übernehme. Nach Durchführung eines Abstriches erfolge schließlich in Abhängigkeit von der Schwere der Symptomatik häusliche Isolierung oder Einweisung in ein Krankenhaus. Gegebenenfalls erfolge eine Differentialdiagnostik (etwa ein Test auf Influenza) je nach Symptomatik und Grunderkrankung. Laborbestätigte Fälle seien an das zuständige Gesundheitsamt zu melden. Auch im konkreten Verdachtsfall könnten die Praxen mit dem örtlich zuständigen Gesundheitsamt Kontakt aufnehmen.
3. Wie werden die Abstriche in ein Labor versendet?
Die Abstriche werden in den Praxen durch einen Fahrdienst der Kassenärztlichen Vereinigung abgeholt.
4. Müssen Praxismitarbeiter in Quarantäne, wenn sie einen bestätigten Verdachtsfall behandelt haben?
Die Entscheidung über Quarantänemaßnahmen liege beim zuständigen Gesundheitsamt, antwortet das Gesundheitsministerium. Im besonders betroffenen NRW-Landkreis Heinsberg sind nach dpa-Informationen Praxen aus Gründen des Seuchenschutzes nach positiven Tests tatsächlich vorübergehend geschlossen worden. Genau dies gelte es jedoch durch die entsprechenden Hygienemaßnahmen zu vermeiden.
5. Sollte mehr getestet werden?
Das ist aus Sicht des Chefs der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, nicht notwendig. Er sagte am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: „Umfangreichere Testung von klinisch Gesunden ist medizinischer Unfug. In Rheinland-Pfalz käme man damit zudem an die Grenzen des Machbaren, weil bereits jetzt die Kapazitäten für Tests gut ausgelastet sind. Laut Gassen seien Tests aber auch nur sinnvoll, wenn jemand Symptome einer Erkrankung der oberen Atemwege aufweise und in einem Risikogebiet war oder womöglich Kontakt zu einer Kontaktperson eines Infizierten gehabt habe. Es gebe in Deutschlands einschlägigen Laboren Kapazitäten für rund 12.000 Tests pro Tag.
6. Was ist geplant, wenn weitere Menschen erkranken sollten und der Andrang bei den Praxen weiter zunimmt?
Für diesen Fall prüft die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Rheinland-Pfalz aktuell, wie man einen Hausbesuchsdienst aufbauen könne, um die Hausarztpraxen im Zweifelsfall zu entlasten. Dieser könne dann direkt bei den Patienten vor Ort Testungen vornehmen. Allerdings erklärt der Sprecher der KV, sei dies aktuell erst einmal nur ein Plan für den Fall, dass es einen sprunghaften Anstieg der Infektions-Fälle in Rheinland-Pfalz gebe. „Im Moment ist das alles noch zu bewerkstelligen“, sagt ein Sprecher der KV in Rheinland-Pfalz.