Bundesregierung ruft Alarmstufe des Notfallplans Gas aus

Robert Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft.  Foto: dpa
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Die jetzt ausgerufene Alarmstufe ist die zweite Stufe im Notfallplan Gas. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geht von weiteren Preisanstiegen aus.

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BERLIN. Gas ist nach Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck "von nun an ein knappes Gut in Deutschland". "Dies sage ich, obwohl die Versorgungssicherheit aktuell gewährleistet ist", sagte Habeck am Donnerstag in Berlin. Zuvor hatte er die Alarmstufe des Notfallplans ausgerufen. "Auch wenn aktuell noch Gasmengen am Markt beschafft werden können und noch eingespeichert wird: Die Lage ist ernst, und der Winter wird kommen."

"Es sind die Versäumnisse der letzten Dekade, die uns jetzt in diese Bedrängnisse geführt haben", sagte der Minister. Man stünde anders da, wenn man in den vergangenen Jahren bei der Energieeffizienz und beim Ausbau der erneuerbaren Energien wirklich vorangekommen wäre.

Der Notfallplan hat drei Stufen: Die jetzt ausgerufene Alarmstufe ist die zweite. Die dritte wäre die Notfallstufe.

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Laut dem Plan liegt bei der Alarmstufe eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt. Der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen.

Versorgungsunternehmen sollen noch keine Möglichkeit erhalten, ihre Gaspreise nach dem Energiesicherungsgesetz zu erhöhen. Zwei Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein: Zum einen müssen Alarmstufe oder Notfallstufe ausgerufen worden sein. Zum anderen muss die Bundesnetzagentur auf dieser Grundlage eine "erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland" festgestellt haben. Diese Feststellung muss im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Erst dann dürfen die Unternehmen die Preise auf ein "angemessenes Niveau" erhöhen.

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Habeck erklärte am Donnerstag: "Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen." Das werde sich auf die Industrieproduktion auswirken und für viele Verbraucher eine große Last werden. "Es ist ein externer Schock." Er warf Russlands Präsident Wladimir Putin einen "ökonomischen Angriff" vor.

Was sieht der Notfallplan Gas vor?

Der Notfallplan Gas regelt das Vorgehen in Deutschland, wenn sich die Versorgungslage stark zu verschlechtern droht - oder wenn dies der Fall ist. Es gibt drei Stufen. Private Haushalte, aber auch Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die Feuerwehr und die Polizei sind in der dritten und höchsten Stufe, dem Notfall, besonders geschützt. Das bedeutet, ihre Versorgung soll auch durch Eingriffe des Staates in den Markt sichergestellt werden. Die drei Stufen sind die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Bei der von der Bundesregierung bereits ausgerufenen Frühwarnstufe wurden Vorbereitungen getroffen. In dieser Phase hat etwa die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde erarbeitet, nach welchen Kriterien sie bei einer Notlage das knapp gewordene Gas verteilen kann.

Drosselung der Gaslieferungen als Auslöser

Es folgt die Alarmstufe, die das Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag ausrief. Laut Plan liegt in diesem Fall "eine Störung der Gasversorgung oder eine außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas vor, die zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt - der Markt ist aber noch in der Lage, diese Störung oder Nachfrage zu bewältigen". Auslöser der jetzigen Ausrufung war, dass der russische Staatskonzern Gazprom die Lieferungen über die Ostseepipeline Nord Stream deutlich gedrosselt hat. Durch die Pipeline fließen nur noch knapp 40 Prozent der Maximalkapazität.

Auf die Alarmstufe folgt die Notfallstufe: Es liegt dann eine "außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere beträchtliche Verschlechterung der Versorgungslage vor". Maßnahmen des Markts reichen dann nicht aus, um die Gasnachfrage zu decken.

Bei Notfallstufe muss Staat einschreiten

Die Folge des Notfalls ist, dass der Staat einschreiten muss - um insbesondere die Versorgung der "geschützten Kunden" sicherzustellen: das sind private Haushalte, aber auch Krankenhäuser, stationäre Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen zur Pflege und Betreuung behinderter Menschen sowie etwa Feuerwehr, Polizei und Bundeswehr.

Zu Maßnahmen im Notfall zählen dann etwa Anordnungen zur Abschaltung von Industriekunden oder an End- und Großverbraucher, den Verbrauch zu verringern. Eine feste Abschaltreihenfolge in Bezug auf einzelne Großverbraucher oder Branchen gibt es nicht, wohl aber Kriterien, an denen sich die Bundesnetzagentur orientiert. Dies sind etwa die Dringlichkeit der Maßnahme, die Größe des Unternehmens, die Vorlaufzeiten für ein Herunterfahren oder die erwarteten volks- und betriebswirtschaftlichen Schäden.

Von dpa