In der Kleinen Schwalbacher Straße soll ein Mini-Kaufhaus entstehen. Das Besondere: Die Einzelhandel-Start-ups darin zahlen vorerst keine Miete. Was es damit auf sich hat.
WIESBADEN. Es ist nicht die Pandemie, die das Problem der Innenstadt-Verödung verursacht hat. Intensiviert hat Corona die Leerstandsproblematik im Einzelhandel aber zweifelsohne und da ist Wiesbaden keine Ausnahme: Der aktuelle Leerstand betrage zwischen acht und zwölf Prozent, so SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum. Das von der SEG betreute Gebäude in der Kleinen Schwalbacher Straße 8 gehört als Modellprojekt „Wicopop“ nicht mehr dazu: Im Erdgeschoss befindet sich die Weinbar „Glyg“, im ersten Stock eine Veranstaltungsfläche und in der zweiten Etage ein Ausstellungsraum für Kreatives und Künstlerisches.
Showroom für Einzelhändler
Im Gebäude gegenüber wird in den nächsten Wochen ein Showroom eröffnen, in dem sich Start-ups und Manufakturen mit innovativen Einzelhandelsformaten im stetigen Wechsel präsentieren. Es solle eine Art „Mini-Kaufhaus“ werden mit Dingen, die man sonst nicht in den Geschäften erhalte – und schon gar nicht bei der Online-Konkurrenz, erklärt Projektleiter Michael Eibes. Man sei aktuell mit 20 Interessenten aus den Bereichen Kosmetik, Lebensmittel, Kunst oder auch Fahrrädern im Gespräch.
Das Besondere dabei: Keiner der „Wicopop“-Teilnehmer zahlt Miete, denn die übernimmt die Stadt; fällig werden somit ausschließlich die Nebenkosten und übliche betriebliche Ausgaben. Allerdings nur bis Ende 2023. Denn das Haus ist an den Investor des Bauprojekts „Mauritiushöfe“ verkauft, zudem ist das Projekt auf anderthalb Jahre begrenzt.
Gefördert wird es mit 250.000 Euro vom Programm „Zukunft Innenstadt“ des Hessischen Wirtschaftsministeriums und des Referats für Wirtschaft und Beschäftigung, weitere 63.000 Euro kommen von der Stadt, berichtet Wirtschaftsdezernentin Christiane Hinninger (Grüne). „Hier soll Neues nicht nur besprochen, sondern auch ausprobiert werden“, erklärt sie den Projekthintergrund. Der Einzelhandel werde durch mehr Leben in der Innenstadt unterstützt, da „Wicopop“ neue Zielgruppen erschließe, die sonst nicht die City zum Shopping aufsuchten. Zudem werde Gründern ermöglicht, ohne Mietbelastung die Tragfähigkeit und Optimierung ihres Konzepts auszuprobieren.
Und was passiert nach dem Ende der Laufzeit? Natürlich hoffe man, dass die Start-ups bleiben, so Eibes. Dann allerdings per Mietzahlung, möglich wäre ein genossenschaftliches Prinzip. Hinninger hofft auf weitere Eigentümer, die sich mit leer stehenden Immobilien dem Projekt anschließen; auch kurzzeitige Mietverträge seien möglich.