Staatstheater Wiesbaden: Das planen die neuen Intendantinnen

Dorothea Hartmann (links) und Beate Heine: Die künftigen Wiesbadener Intendantinnen.

Dorothea Hartmann und Beate Heine im Gespräch über ihre Vorstellungen von Theater-Führung im Dialog, Stärkung des Ensembles – und was dem Haus sonst noch gut tut.

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Frau Heine, Frau Hartmann: Sie hatten sich schon als Team für die Wiesbadener Intendanz beworben. Woher kennen Sie sich und was hat Sie bewogen, gemeinsam den Hut in den Ring zu werfen?

Heine: Wir kennen uns schon seit vielen Jahren.

Hartmann: ...vor allem durch gemeinsame Jurysitzungen. Und da merkt man sehr schnell, ob man ein gemeinsames Theaterverständnis hat. Darüber entspannen sich viele Gespräche – auch über Führungskultur an Theatern. In der Wiesbadener Ausschreibung stand bereits: Teams willkommen. Das war für uns das Stichwort. Wir glauben fest daran, dass eine duale Führung, eine Führung im Dialog, einem solch großen Haus guttut.

Wissen Sie, welche Frage jetzt in den Sozialen Netzwerken in Bezug auf Ihre Doppelspitze am häufigsten gestellt wird? 

Heine: Nein. Wir sind gespannt.

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Die nach der Teilung des Gehalts. Gibt es jetzt die doppelte Summe für die Intendantinnen? Oder wird der Betrag geteilt? Wie werden Sie das halten?

Heine: Im Moment sind noch nicht alle Gespräche abgeschlossen. Aber ich kann Ihnen sagen: Es sind natürlich keine doppelten Gehälter.

Laut Ihrer künftigen Arbeitgeber, dem Land Hessen und der Stadt Wiesbaden, hätten Sie mit Ihrem innovativen Konzept überzeugt. Wie sieht das genau aus?

Hartmann: Wir führen das große Fünfsparten-Haus zu zweit, also im Team, im permanenten Austausch. Das ist das wichtigste Stichwort: der Dialog. Sowohl für die Führungskultur als auch für künstlerische Prozesse: Produktionen sollen im Dialog mit der Stadtgesellschaft entstehen. Und innerhalb des Theaters heißt ein dialogisches Denken auch spartenübergreifendes Arbeiten.

Heine: Wir sind an Crossover-Projekten interessiert, damit haben wir auch Erfahrungen. Das würden wir mit den verschiedenen Sparten gemeinsam entwickeln. Dabei wollen wir mit neuen Formaten auch eine etwas jüngere Generation ansprechen. Innerhalb des Hauses wachsen durch die gemeinsame Arbeit die Ensembles zusammen und geben neue Impulse ins Haus. 

Sie wollen auch mit „frischen Ideen für ein starkes Wirken in die Stadt“ punkten, heißt es in der ersten Presseerklärung. Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Heine: Wir würden sehr gerne das Junge Theater verstärken, auch junge Menschen dazu bringen, selbst Themen aufzugreifen und zwischen den Generationen einen Dialog anregen. Und es gibt so viele interessante kulturelle Institutionen, mit denen wir uns gern vernetzen würden.

Verbindungen ins Rhein-Main-Gebiet

Allerspätestens seit den Vorwürfen des Machtmissbrauchs gegenüber Shermin Langhoff am Gorki-Theater wissen wir, dass Intendantinnen noch keine Garantie für ein besseres Arbeitsklima sind. Wie erleben Sie den Unterschied der Geschlechter in der Theaterarbeit?

Hartmann: (lacht) Interessante Frage.

Heine: Natürlich ist das Geschlecht noch keine Gewährleistung dafür, dass Macht nicht missbraucht wird. Wir beide haben schon jahrelange Erfahrung an verschiedenen Theatern mit unterschiedlichen Führungsstilen. Man lernt daraus. Wir können jetzt versuchen, unsere eigenen Vorstellungen zu realisieren.

Hartmann: Es gibt sehr viele Klischees und Vorurteile über männliche und weibliche Führung. Die Geschlechterstereotype sitzen tief. Doch egal, welches Geschlecht: Es gibt gute Führung oder sie kann toxisch enden. Wir stehen weniger für eine sogenannte „weibliche Führung“. Unsere Besonderheit ist vielmehr, dass wir im Team antreten, in einer dualen Führungsstruktur. Das macht den Unterschied aus.

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Inwieweit kennen Sie das Wiesbadener Staatstheater und das Rhein-Main-Gebiet als Theaterregion?

Hartmann: Ich habe immer wieder Aufführungen hier gesehen, in jüngster Zeit, aber auch vor etlichen Jahren. Generell ist mir als gebürtige Baden-Württembergerin das Süd- und Mitteldeutsche viel näher als die Berliner Ecke. Ich war von 2003 bis 2005 am Nationaltheater Mannheim engagiert, mein Mann hat fünf Jahre in Heidelberg gearbeitet und auch vorübergehend in Wiesbaden. Das Rhein-Main Gebiet ist mir sehr vertraut und diese Region auch ein bisschen Heimat.

Heine: Ich war oft in Wiesbaden, um mir Vorstellungen, Inszenierungen und Künstler:Innen anzuschauen. Das eine und das andere Mal sind Inszenierungen, an denen ich beteiligt war, zu den Maifestspielen eingeladen worden. Die Biennale habe ich auch immer intensiv verfolgt.

Sie erwähnten ja schon Angebote für junge Leute. Schon bisher spielt das Thema Kinder- und Jugendtheater eine große Rolle am Staatstheater hier. Wollen Sie diese Tradition fortsetzen?

Heine: Ja, das werden wir auf jeden Fall.  

Hartmann: Das Angebot für junges Publikum liegt uns beiden sehr am Herzen. Wir haben beide Kinder – das ist ein Grund, aber nicht nur: Kinder sind eigentlich das tollste, weil ehrlichste Publikum. Für uns gehören ganz unterschiedliche Formate dazu: Auf der großen Bühne, aber auch kleinere, mobile Produktionen, die in Schulen und Kitas gehen. Und zwar mit allen Sparten. 

Haben Sie Erfahrungen in der Schauspiel- oder Opernregie - oder den Wunsch, diese Erfahrungen in Wiesbaden zu machen?

Heine: Ich selbst habe einige Regie-Erfahrungen gemacht. Aber ich habe jetzt keine Regie-Ambitionen.

Hartmann: Das gilt auch für mich: Ich werde nicht inszenieren. 

Der aktuelle Intendant Uwe Eric Laufenberg hat einige renommierte Gäste nach Wiesbaden geholt, was man zu den Stärken seiner Amtszeit zählen kann: Michael Volle, Andreas Schager oder Catherine Foster und Julia Lezhneva, um nur exemplarisch ein paar Namen zu nennen. Möchten und können Sie daran anknüpfen?

Heine: Uns beiden ist sehr wichtig, in den Sparten Ensembles aufzubauen und diese zu pflegen. Wir glauben, dass ein gut funktionierendes und kraftvolles Ensemble stark in die Stadt hineinwirkt und das Zentrum der künstlerischen Arbeit ist. Wir stehen für ein Ensembletheater.

Hartmann: Da Sie jetzt so konkret nach den großen Sänger:innennamen fragen: Wir bauen ein starkes Ensemble auf, und natürlich laden wir Gäste ein – für die speziellen Partien, etwa das große dramatische Wagner-Fach. Und natürlich werden wir zu den Internationalen Maifestspielen Künstler*innen einladen, die in der Opernszene einen Namen haben.

Biennale soll fortgeführt werden

Sie haben gerade den Ensemblegedanken betont. Werden Sie auch mit dem bestehenden arbeiten oder einen starken Austausch vornehmen?

Heine: Wir sind ja noch ganz am Anfang. Wir werden uns sehr viel anschauen und intensive Gespräche führen mit den Ensembles: Kommt man zusammen? Möchte man bleiben? Teilt man ein gemeinsames Theaterverständnis? 

Die beiden großen Wiesbadener Theater-Festivals haben Sie schon genannt: Die Maifestspiele und seit Intendant Manfred Beilharz auch die Biennale, die sich unter Laufenberg sehr verändert hat. Ersteres ist gesetzt – werden Sie Zweiteres fortführen?

Heine: Ja, wir beabsichtigen, die Biennale fortzuführen. Wenn man zurückschaut: Da war immer ein sehr vielfältiges und ambitioniertes Programm. Im Moment sieht es auch so aus, dass wir gerne ein Kuratorenteam dafür verpflichten würden. Wir wollen in beiden Festivals etwas intensiver in den Austausch mit der Stadt gehen und partizipative Arbeiten anbieten. Und bei der Biennale auch auf themenspezifische Schwerpunkte setzen, die  aktuelle Fragen der Zeit aufgreifen. 

Die Wiesbadener Theaterführung ist bekanntermaßen in sich zerstritten. Ist das für Sie in der Vorbereitungszeit nicht belastend, und haben Sie keine Sorge, dass das die Planung erschwert?

Hartmann: Nein, wir gehen davon aus, dass wir ganz professionell anfangen und ebenso professionell vom Haus unterstützt werden, von den Abteilungen und Kolleg:innen, die wir dort antreffen.

Heine: Bisher haben wir, in dieser kurzen Zeit, nur gute Erfahrungen gemacht. Mit allen Beteiligten, die uns sehr offen entgegenkommen.

Wo sehen Sie dringenden Handlungsbedarf am Staatstheater - mal abgesehen von Fragen der Sanierung und vom Betriebsklima?

Heine: Ich glaube, man muss das Haus sehr nach außen öffnen, sodass es für die gesamte Stadtgesellschaft attraktiv wird. Es ist noch zu früh, zu sagen, wie wir das machen wollen, aber wir haben da schon Ideen. 

Jetzt kann es natürlich sein, dass das Haus ganz geöffnet wird sozusagen – nämlich für die Bauarbeiter. Das schon angesprochene Thema Sanierung könnte und wird Sie vermutlich auch betreffen. Haben Sie bereits Erfahrungen mit solchen Prozessen an anderen Häusern? Welche Form von Interimslösungen kennen Sie oder könnten Sie sich für Wiesbaden vorstellen?

Heine: Ich habe natürlich Erfahrungen durch meine vier Jahre am Schauspiel Köln, das seit einigen Jahren im Interim ist. Spielstätten wurden auch während dieser Zeit wieder geschlossen, weil sie weitersaniert wurden – und wir andre Orte finden mussten, um in der Stadt präsent zu bleiben. Ich glaube, ein Theater muss im Zentrum der Stadt sein. Wir müssen Wiesbaden natürlich noch besser kennenlernen, um herauszufinden, welche Möglichkeiten es gibt.

Hartmann: Eigentlich sind die Sanierungsphasen die kreativsten. Ich kenne das von unserem Haus hier, der Deutschen Oper Berlin. Wir haben monateweise im laufenden Spielbetrieb saniert und für diese Zeit externe Spielstätten erobert, zum Beispiel ein Parkdeck. Das ist anstrengend, aber auch sehr schön: Da muss man das Theater anders denken. 

In Wiesbaden steht ja momentan das Walhalla leer, das schon einmal in den 70er Jahren Interimsspielstätte war.... 

Heine: Das ist ein sehr schöner Ort, aber wie das Theater dann aufgestellt wird, entscheiden wir nicht allein. 

Beim aktuellen Intendanten gewinnt man den Eindruck, dass er am liebsten alles selbst machen würde. In welcher Struktur möchten Sie arbeiten?

Heine: Durch unsere verschiedenen Expertisen werden wir uns verschiedene Aufgabengebiete zuordnen. Ich werde hauptsächlich Ansprechpartnerin für die Bereiche Schauspiel und Ballett sein, Dorothea für Oper und Konzert. Und den Bereich Jugendtheater teilen wir uns. Aber wir sind natürlich grundsätzlich gemeinsam für alles verantwortlich.

Apropos Tanz: Seit 2014 gibt es das Hessische Staatsballett als Fusion der Tanzsparten von Darmstadt und Wiesbaden. Hat dieses Modell auch für Sie Zukunft?

Hartmann: Auf jeden Fall!

Heine: Ja, wir haben uns ganz klar entschieden, dass wir das weiterführen, und ich sehe da tatsächlich große Chancen.

Welchen Eindruck haben Sie bisher von der Stadt bekommen – und wo wird man sie antreffen, wenn Sie mal nicht im Theater sind?

Hartmann: Ich freue mich sehr auf Wiesbaden, auch, weil die Stadt nicht so groß ist wie Berlin. Hier liegt alles viel näher zusammen, auch das reichhaltige Kulturangebot. Und ins Bad kann man auch noch gehen – ich schwimme sehr gerne.

Heine: Wir haben jetzt schon die Erfahrung gemacht, wie offen viele Menschen auf uns zugekommen sind. Auf die Begegnungen freuen wir uns.  Und ich werde wohl regelmäßig am Rhein laufen gehen – ich bin gerne am Wasser. Ich habe hier bereits schöne Gegenden entdeckt.