VRM-Supersommer: Auf den Spuren der Hildegard von Bingen
Von Julian Peters
Reporter Rheinhessen
Im Inneren der Binger Rochuskapelle, an deren Außenaltar auch das alljährliche Rochusfest gefeiert wird, befindet sich ein Hildegard-Altar. Foto: Julian Peters
( Foto: Julian Peters)
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ODERNHEIM/BINGEN/EIBINGEN - Dass das Mittelalter ein finsteres Zeitalter war, das dürfte den meisten als landläufiges Bonmot wohl bekannt sein. Dass die Zeit der Ritter und Burgfräulein allerdings in weiten Teilen auch eine ungemütlich kalte Ära sein konnte, und selbst in als wohlhabend geltenden Klostern den gesunden Bewohnern im Winter lediglich ein einziges beheiztes Kämmerchen zum Aufwärmen zur Verfügung stand und deshalb viele Menschen unter chronischen Krankheiten wie Arthrose litten, dürfte vielen dagegen schon weniger bewusst sein. Ebenso wie die Tatsache, dass heranwachsenden Frauen zu jener Zeit lediglich zwei gangbare „Karrierewege“ zur Wahl standen – Heirat oder Kloster.
Eine streitbare Äbtissin
Hildegard von Bingen hatte sich einst für Option zwei entschieden und widmete als Klosterfrau einen wohl nicht unwesentlichen Teil ihres Lebens der Erforschung zahlreicher Heilkräuter zur Linderung diverser Beschwerden und Krankheiten, was ihr wiederum, kombiniert mit anderen Facetten ihres Wirkens, einen für eine mittelalterliche Dame beachtlichen Einfluss bescherte – eine historische Win-Win-Situation mit Auswirkungen bis in die Gegenwart.
Auf die Spuren Hildegards von Bingen, die von der katholischen Kirche heute als Heilige verehrt wird, begab sich nun auf Initiative des VRM-Supersommers auch eine rund 25-köpfige Reisegruppe, die in Odernheim im Kreis Bad Kreuznach, Bingen und im Rüdesheimer Stadtteil Eibingen unterschiedliche Wirkungsstätten der Theologin und Äbtissin, Naturkundlerin, Komponistin und für damalige Verhältnisse bei Bedarf auch durchaus streitbaren Persönlichkeit aufsuchte.
Im Inneren der Binger Rochuskapelle, an deren Außenaltar auch das alljährliche Rochusfest gefeiert wird, befindet sich ein Hildegard-Altar. Foto: Julian Peters Foto: Julian Peters
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Ein wesentlicher Haltepunkt der Hildgardtour war dabei das damalige Benediktinerkloster auf dem Disibodenberg, wo Hildegard im Jahr 1112 als zehntes Kind einer adeligen Großfamilie 14-jährig mit dem Eintritt in die dortige Frauenklause ihr Leben hinter Klostermauern begann. Fachkundig geleitet von Gästeführer Thomas Zimmermann streifte die Gästegruppe hier auf den mehrfach zerstörten und wieder errichteten, mittlerweile nur noch in Ruinenform erhaltenen Überresten von Hildegards erster Wirkungsstätte, wo die heutige Heilige 1136 zur Leiterin der Frauenklause aufstieg.
Später zog es Hildegard von Bingen weiter in die Stadt an Rhein und Nahe, deren Namen sie selbst trug, wo sie ein eigenes Kloster gründete und wo mit dem Hildegard-Altar in der Rochuskapelle eine der bekanntesten Verehrungsmöglichkeiten auf rheinland-pfälzischer Seite existiert.
Zentrale Reliquien in Eibingen
Auf der anderen Seite des Flusses hat sich in Eibingen im Rheingau mit der Abtei St. Hildegard ein bis heute bestehendes Kloster dem Andenken an die Namenspatronin gewidmet.
Der wohl größte von der Benediktinerinnen-Gemeinschaft gehütete Schatz ist in der im selben Ort errichteten Pfarr- und Wallfahrtskirche zu sehen. Hier sind mit, so kündet es die Überlieferung, Herz, Kopf und Zunge der Heiligen zentrale Hildegard-Reliquien in einem Schrein verwahrt, die einmal im Jahr in einer Prozession durch die Straßen des Ortes getragen werden – ein weiterer Weg, um die Erinnerung an die mittlerweile über 900 Jahre alte Hildegard bis heute wach zu halten.