RHEINHESSEN - 15 Jahre ist es her, dass die Handwerkskammer sowie die Industrie- und Handelskammer in Rheinland-Pfalz gemeinsam das Konzept des Starterzentrums aus der Taufe gehoben haben. „Damals war dieses Beratungsangebot eine Innovation, heute ist es eine absolute Selbstverständlichkeit“, erklärt Günter Jertz, Hauptgeschäftsführer der IHK Rheinhessen. Dass beide Kammern in einem solchen Projekt zusammenarbeiten, ist allerdings ein „bundesweites Alleinstellungsmerkmal“ geblieben, wie die IHK-Abteilungsleiterin Unternehmensgründung, Lisa Haus, berichtet.
4600 Beratungen wurden seitens der rheinhessischen HWK von 2002 bis 2016 in Mainz durchgeführt, 8300 Einzelberatungen waren es an den drei Starterzentrum-Standorten der IHK in Mainz, Worms und Bingen. Fast 45 000 Anrufer verzeichnete die IHK Rheinhessen von 2002 bis 2016, 15 000 Starterpakete wurden verschickt. „Ein Alleinstellungsmerkmal ist auch, dass alle Angebote kostenfrei sind“, unterstreicht Jertz. „Das macht unsere Berater unabhängiger, sie fühlen sich nicht verpflichtet, nur positive Nachrichten zu überbringen, um weiter beauftragt zu werden“, erläutert Anja Obermann, Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Rheinhessen.
Eine von drei Gründungen überlebt die ersten fünf Jahre
Mit 26 Starterzentren landesweit ging es 2002 los, 32 sind es heute. „Junge Unternehmer bekommen hier Starthilfe aus einer Hand: koordiniert, kompakt, kompetent“, hatte Landeswirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage anlässlich des Startschusses im Dezember 2002 betont. Vier Mitarbeiter kümmern sich für die HWK Rheinhessen um die Gründerberatung, viereinhalb Stellen hält die hiesige IHK vor. Sie sind Teil eines Netzwerks, das auch Förderbanken, das Wirtschaftsministerium, die Rechtsanwalts- und Steuerberaterkammer sowie die Arbeitsagentur umfasst. Seit 2007 können in den Starterzentren rechtsverbindlich Gewerbeanmeldungen und -abmeldungen durchgeführt werden, seit 2012 werden gemeinsam mit dem Institut für Freie Berufe auch freiberufliche Gründer beraten.
Idealerweise, so Haus, sollte ein angehender Gründer sich in der Anfangsphase seiner Betriebsgründung beim Starterzentrum melden. Wer beim Standort der Handwerkskammer in Mainz anruft, aber im Bereich Handel in Bingen gründen möchte, wird entsprechend weiter geleitet. Es gibt zweistündige Crashkurse für die Gründer-Grundkenntnisse, und es gibt nach vereinbartem Termin die Einzelberatung. „Es wäre gut, wenn der Gründer im Vorfeld ein oder zwei Seiten über seine Geschäftsidee und seinen Standort schreibt, damit wir uns gezielt vorbereiten können“, sagt Haus. Im Einzelgespräch werden neben den spezifischen Kennzahlen der jeweiligen Branche auch die gesetzlichen Auflagen erörtert. „Wir schlagen den Weg durch den Dschungel“, verspricht die Gründungsexpertin.
Auch wenn IHK und HWK eng zusammenarbeiten, der konkrete Ablauf der Beratungen ist unterschiedlich. Da viele Meister schon Kenntnisse in Handwerksrecht und BWL-Grundlagen mitbringen, wird, wie Obermann erläutert, von Anfang an sehr individuell beraten – mal nur an einem, mal auch an zehn Terminen. „Wir sind durch das IHK-Gesetz eingeschränkt und dürfen nur Erstberatung machen“, erläutert Haus. Danach wird die Verbindung zur KfW-Beraterbörse hergestellt.
Rund eine von drei Gründungen überlebt die ersten drei bis fünf Jahre, wie Jertz berichtet. „Unser oberstes Ziel ist nicht, die Gründer-Zahlen nach oben zu treiben. Wir beraten nach Tragfähigkeit“, betont Obermann. Auch wenn Gründungen den Kammern hoch willkommen sind, Qualität statt Quantität zählt. „Als wir vor 15 Jahren angefangen haben, war es eine Hochphase“, blickt Haus zurück, „es gab die Ich-AGs, viele Gründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus.“ Über 900 Einzelberatungen 2004 sind einsamer Rekord, inzwischen liegt der Wert bei rund 500 pro Jahr. Der weggefallene Rechtsanspruch auf Gründungszuschuss ist ein Grund, außerdem wird in Zeiten niedriger Arbeitslosigkeit erfahrungsgemäß seltener gegründet.
„Die Regelungsdichte steigt immer weiter“, erläutert Obermann, „aber das sorgt auch dafür, dass viele Gründer besser vorbereitet sind.“ Zudem ist, so Jertz, der Trend zu beobachten, dass die Start-ups sich besser vernetzen. Auf der Gegenseite stehen rund 1000 Betriebe, die in den kommenden zwei Jahren in Rheinhessen aus Altersgründen neue Chefs brauchen. In den Starterzentren geht die Arbeit nicht aus.