Rheinhessische Landwirte setzen auf neue Technologien
Von Neli Mihaylova
Landwirt Christian Kussel überprüft mit einer Drohne, ob das Getreide gut wächst oder von Schädlingen bedroht ist. Foto: Stephan Dinges
( Foto: Stephan Dinges)
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RHEINHESSEN - Das Metalltor öffnet sich. Zora streckt ihren Kopf heraus, bemerkt den Kübel mit dem Futter und läuft auf ihn zu. Das Tor klappt hinter ihr zu. Während die Milchkuh gemütlich kaut, ermitteln eine Kamera und ein Laser die genaue Position ihrer Euter. Vier Melkbecher setzen an ihre Zitzen an, und die warme Milch beginnt zu fließen. Währenddessen überprüfen Sensoren in Echtzeit die Qualität der Milch. Ist sie gut, fließt sie zum großen Tank am Eingang des Kuhstalls weiter. Werden Blut oder Keime entdeckt, wird die Milch sofort abgeleitet. Nach etwa zehn Minuten ist Zora fertig gemolken. Das Metalltor öffnet sich wieder, sie läuft zurück in den Stall, die nächste Kuh kommt herein.
Milchtierhalter Hans-Christoph Gill tippt auf sein Tablet. Auf dem Display erscheint das Profil von Zora. Gewicht, Essensmengen, Kauzeit, Milchvolumen. 500 Rinder hält er auf seinem Bauernhof in Bodenheim, viermal so viele wie sein Großvater seinerzeit. Im November vergangenen Jahres kaufte er einen Melkroboter. „Mein Opa hat mir immer erzählt, dass eine Familie maximal 100 Tiere halten könne. Alles andere sei nicht zu schaffen. Die Technik hat sich aber seitdem enorm entwickelt und eröffnet uns Möglichkeiten, die früher unvorstellbar waren“, sagt er.
Auf deutschen Äckern fahren Trecker und Mähdrescher schon längst selbstständig. Drohnen fliegen über die Felder und übermitteln Bilder, auf denen die Landwirte sehen können, ob das Getreide gleichmäßig wächst oder Schädlinge unterwegs sind. Kühe lassen sich von Robotern melken. Sensoren in den Halsbändern der Rinder verschicken Kurznachrichten an den Bauern, wenn die Tiere besamungsbereit oder kurz vor dem Kalben sind.
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Digitalisierung optimiert auch Fütterung der Tiere
„Viele Menschen denken, dass wir Bauern vor allem in Latzhose und Gummistiefeln im Misthaufen arbeiten“, erzählt Gill. Sein Arbeitstag beginnt jedoch am Computer. Nach dem Kauf des Melkroboters hat sich in seinem Betrieb einiges verändert. Früher verbrachten er, seine Frau Annika und ein Mitarbeiter jeweils acht Stunden am Tag im Stall, um die Kühe von Hand zu melken. „Wir haben unsere kleine Tochter kaum gesehen“, erinnert sich Annika Gill. Durch die Einführung des Roboters ist die körperliche Arbeit weggefallen.
Auf die Daten, die durch die Halsbänder der Rinder gesammelt werden, können Gill und seine Familie nun von überall zugreifen. Die Überwachung der Tiere sei so gut wie nie zuvor: „Die Sensoren können viele Probleme schneller erkennen, als ich das mit bloßem Auge könnte“, erklärt der Milchtierhalter. Durch die verbesserte Gesundheitsüberwachung werden Krankheiten früher erkannt. Die Rinder leben länger und gesünder.
Auch die Fütterung der Tiere wurde durch die Digitalisierung optimiert: „Früher haben wir die Futtermischung Pi mal Daumen vorbereitet“, erzählt Gill. Heute sind externe Fütterungsberater dafür zuständig, die Zugang zu den Daten jedes einzelnen Tiers haben. Die Ernährung werde dadurch alters- und leistungsoptimiert gestaltet.
Christian Kussel aus Rommersheim hat diese Chance schon früh erkannt. Rund 150 Hektar Ackerflächen bewirtschaftet er mit seiner Familie. Zum Betrieb gehören außerdem 450 Schweine sowie eine Metzgerei. Seit Jahren setzt er auf digitale Technik. Zuletzt investierte er rund 150 000 Euro in einen GPS-gesteuerten Traktor, der seine Arbeit auf dem Feld deutlich optimiert: „Mit der neuen Maschine sparen wir Sprit, Dünger und Arbeitszeit, arbeiten effizienter und schonen dadurch die Umwelt.“
Mit dem Traktor könne er Aufgaben erledigen, die früher nicht möglich gewesen seien: Dadurch, dass die Maschine über Funksignale gesteuert wird und parallel fahren kann, werden unnötige Überlappungen auf dem Acker vermieden. Und auch das Arbeiten im Dunkeln sei nun dank GPS-Steuerung möglich.