Rheinhessen: Mehr Flüchtlinge schaffen Ausbildungsstart
Positive Entwicklung am Ausbildungsmarkt in Rheinhessen: „Die Versorgung von Flüchtlingen mit Ausbildungsplätzen nimmt Fahrt auf“, stellt der Hauptgeschäftsführer der IHK, Günter Jertz, fest. Wurden zum 30. September 2016 20 Flüchtlinge aus vier Nationen ausgebildet, waren es 2017 bereits 63 Frauen und Männer aus fünf Nationen, die in 48 Betrieben in 21 Berufen ausgebildet werden.
Von Anita Pleic
Redaktionsleitung Rheinhessen
Handwerkliche Berufe liegen derzeit in Rheinhessen durchaus wieder im Trend. Foto: kartos/Fotolia
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RHEINHESSEN - Es ist keine ganz neue Situation, eher eine stetige Entwicklung der vergangenen Jahre, die sich in der Analyse des Ausbildungsmarkts in Rheinhessen zeigt, die nun von der Arbeitsagentur in Mainz, der Industrie- und Handelskammer Rheinhessen (IHK) und der Handwerkskammer Rheinhessen (HWK) gemeinsam vorgelegt wurde. Auch in diesem Jahr gibt es einen Überhang an Ausbildungsplätzen. Ende September zählte die Agentur für Arbeit in der Region 80 Bewerber, die noch keine Lehrstelle hatten. Das sind neun mehr als noch 2016.
„Spätzünder“ können starke Mitarbeiter werden
Woran das liegt? „Erhebliche Ungleichgewichte hinsichtlich Berufswunsch und Qualifikation der Bewerber auf der einen und den angebotenen Stellen auf der anderen Seite“, heißt es in der Analyse. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze stieg von 269 (2016) auf nun 274 an. Die Arbeitsagentur, so Heike Strack, Chefin der Agentur, habe im vergangenen Jahr erhöhte Präsenz an den Berufsbildenden Schulen gezeigt, gebe aber auch Beratungsangebote für Erstsemester, für die das Studium vielleicht doch nicht das Richtige ist. „Ich werde auf der anderen Seite nicht müde, mich bei den Betrieben für ein hohes Maß an Offenheit auszusprechen“, so Strack. Schwächere Bewerber, Studienabbrecher, Menschen, die sich erst relativ spät für eine Ausbildung entscheiden, oder junge Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und nun hier eine Perspektive suchen – sie alle könnten zu wertvollen und leistungsstarken Nachwuchskräften werden, ist sich Strack sicher.
Ganz oben auf der Wunschliste der Jugendlichen stehen Verkaufsberufe und kaufmännische Tätigkeiten. Wieder deutlich mehr gefragt als in den Vorjahren war in diesem Jahr die Ausbildung zum Bankkaufmann. Auch das Handwerk scheint langsam wieder höher im Kurs zu stehen. So habe die HWK fünf Prozent mehr Ausbildungsverträge als im Vorjahr registriert. Die beliebtesten Handwerksberufe seien Kraftfahrzeugmechatroniker, Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik und Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung- und Klimatechnik, gefolgt von Friseur, Metallbauer, Tischler und Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk. Am Ende der Top 10 im Handwerk stehen Maler und Lackierer und Augenoptiker.
Unter den neuen Azubis im Handwerk sind 50 junge Menschen aus Asylherkunftsländern. Alle haben zuvor eine Einstiegsqualifizierung oder ein Praktikum durchlaufen. Weitere 17 Geflüchtete konnten eine Einstiegsqualifizierung im Handwerk beginnen. „Wie kein anderer Berufszweig bietet das Handwerk immense Chancen für Menschen mit verschiedenen Ambitionen – egal ob als Geselle, Meister oder Betriebswirt, selbstständig oder angestellt“, betont Anja Obermann, Hauptgeschäftsführerin der HWK. „Gerade die verschiedenen Berufsfelder von Gesundheit bis Bau decken vielfältige Interessensschwerpunkte ab“, erläutert Obermann.
„Die Versorgung von Flüchtlingen mit Ausbildungsplätzen nimmt Fahrt auf“, stellt indes auch der Hauptgeschäftsführer der IHK, Günter Jertz, fest. Wurden zum 30. September 2016 20 Flüchtlinge aus vier Nationen ausgebildet, waren es 2017 bereits 63 Frauen und Männer aus fünf Nationen, die in 48 Betrieben in 21 Berufen ausgebildet werden. Hinzu kommen derzeit 20 Flüchtlinge, die eine Einstiegsqualifizierung absolvieren und damit die Chance auf einen Ausbildungsplatz haben. Die Berufsbilder gehen quer durch alle Sparten: Verkäufer, Hotel-Berufe, Berufskraftfahrer und andere Logistikberufe bis hin zum Bankkaufmann. Günter Jertz meint: „Die Bandbreite der gewählten Ausbildungsberufe lässt erwarten, dass künftig weitere Flüchtlinge in Rheinhessen über eine Ausbildung den Einstieg in die Gesellschaft finden können.“