Am Freitag soll mit einem Protestzug rheinhessischer Landwirte auch ein Rekord aufgestellt werden. Es werden 2000 Traktoren erwartet, um vor allem gegen die Düngeverordnung von...
RHEINHESSEN. Mit der „längsten fahrenden Traktorenkette der Welt“ wollen Bauern aus Rheinland-Pfalz und Hessen am Freitag, 17. Januar, protestieren – zumindest ist der Rekordversuch das erklärte Ziel der Organisatoren, um maximale Aufmerksamkeit zu erreichen.
„Das ist eine bundesweite Protestaktion. An unserer Kette werden ungefähr 2000 Fahrzeuge teilnehmen“, schätzt der Köngernheimer Landwirt Carsten Dietz, der Mitorganisator bei „Land schafft Verbindung Rheinhessen“ (LSV) ist. Laut „Guinness World Records“ liegt der amtierende Rekord einer „Traktorenparade“ bei 1231 Fahrzeugen und wurde in Kanada aufgestellt. Eine fahrende Traktorenkette mit etwa 1000 Fahrzeugen reicht laut LSV-Rechnung ungefähr von Mainz bis Alzey, dabei ist der einzuhaltende Sicherheitsabstand berücksichtigt. „So etwas hat es bisher noch nicht gegeben“, sagt Jan Ruzycki aus Hahnheim, der ebenfalls im Orgateam mitwirkt. Startpunkt ist das ZDF in Mainz-Lerchenberg um 15 Uhr, von dort fahren die Landwirte über Land via Klein-Winternheim und Nieder-Olm nach Alzey und von dort weiter nach Bockenheim in der Pfalz.
Rheinhessen als rotes Gebiet eingestuft
Die Demonstration richtet sich speziell gegen eine Verschärfung der Düngeverordnung von 2017, die in diesem Jahr vorgenommen werden soll, um Grundwasserverschmutzung zu verhindern. Dabei werden Gebiete in Kategorien eingeteilt: In sogenannten „roten Gebieten“ hat man eine zu hohe Nitratbelastung im Grundwasser ausgemacht. Dort gelten in Zukunft besonders strenge Anforderungen für den Einsatz von Dünger – bis zu zwanzig Prozent weniger Düngemittel dürfen Landwirte benutzen. Auf den Ackerbau hat das fatale Auswirkungen, sagt Ruzycki: „Der Boden leidet darunter, das ist fachlich nicht sinnvoll.“ Man könne nicht erwarten, dass ein Boden, der plötzlich weniger gedüngt wird, genauso fruchtbar ist, wie vorher.
„Diese roten Gebiete sind viel zu großflächig gefasst“, findet Carsten Dietz. Ganz Rheinhessen, mit angrenzenden Gebieten, ist auf der Karte mit rot markiert. Für die Beurteilung wurden laut Ruzycki nur die sieben schlechtesten der dreißig erfassten Messwerte berücksichtigt. Für ihn ist die Aussagekraft der roten Gebiete deshalb limitiert. Wegen dieser sieben Werte, so der Hahnheimer, bliebe nun sprichwörtlich „die ganze Klasse sitzen“.
Ebenso kritisieren die Landwirte Verschärfungen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Sonderkulturen wie Obst- und Weinbau seien darauf angewiesen, dass sie vor Schädlingen geschützt werden, erklärt Ruzycki. Das Einschränken für die Nutzung von Pflanzenschutzmitteln habe unter anderem dazu geführt, dass in Rheinhessen kaum noch Pflaumen angebaut würden: „Zwetschgen sind für Schädlingsbefall besonders anfällig. Ohne Schutzmittel lassen sie sich daher kaum noch vermarkten.“
Politiker würden entscheiden, ohne Ahnung zu haben
Carsten Dietz stört, dass diese Regelungen von Politikern verabschiedet werden, die von der Sache an sich wenig Ahnung hätten. „Wir Landwirte verbringen jeden Tag hier draußen in der Natur. Wir wissen, was wir tun und verwenden nur so viel Dünger, wie nötig.“
Durch die Protestaktionen in der Vergangenheit habe sich zwar auf politischer Ebene noch nicht viel getan, allerdings macht Dietz eine veränderte Wahrnehmung des Anliegens in der Öffentlichkeit aus: „Wir kommen besser mit den Leuten ins Gespräch und man hört sich unsere Argumente an. Das ist auch unser Ziel. Wir wollen den Menschen erklären, dass wir das Grundwasser nicht verschmutzen.“
Von Max Schirp