
Moderne Diagnosegeräte erleichtern die Arbeit der Ärzte und die Genesung der kleinen Patienten in der Mainzer Unimedizin. Warum sie gerade jetzt so wichtig sind.
Mainz/Rheinhessen. Castiel (4) hat es arg getroffen. Der Junge liegt seit Tagen mit einer sogenannten „Superinfektion” auf der Kinderintensivstation der Unimedizin Mainz. Nicht nur, dass er sich vermutlich in der Kita zwei Viruserkrankungen eingefangen hat, die sowohl die Atemwege als auch den Magen-Darm-Trakt schwächen. Drei verschiedene bakterielle Infektionen machen ihm ebenfalls zu schaffen, unter anderem durch Streptokokken. „Begonnen hat alles mit Ohrenschmerzen, Fieber. Dann kamen Probleme mit den Bronchien dazu”, erzählt seine Mutter Sarah Finkenauer.
Der Kinderarzt überwies sie an die Unimedizin Mainz, wo Castiel nach wenigen Tagen auf der Normalstation entlassen werden konnte, weil es ihm wieder gut ging. Doch zu Hause verschlechterte sich sein Zustand leider erneut. Seine Mutter musste mit ihm noch einmal in die Notaufnahme fahren, weil er Atemprobleme hatte, fieberte, schwach war. „Ich habe mich nicht abwimmeln lassen. Das war auch gut so”, sagt Sarah Finkenauer.
Pflege von jungen Patienten ist sehr personalintensiv
Nun liegt der Junge seit wenigen Tagen auf der Intensivstation, wo sich sein Zustand schon merklich gebessert hat. Er wird mittels eines Schlauches über die Nase beatmet. „Sein Atemmuster ist besser, er atmet ruhiger, langsamer”, erläutert der ärztliche Leiter der Kinderintensivstation der Unimedizin, Professor Dr. Stephan Gehring. Flüssigkeit in der Lunge fließt durch eine Drainage ab, die die Ärzte legen mussten. Die Pflege des Vierjährigen ist aufwändig, es muss geschaut werden, dass er sich den Beatmungsschlauch nicht aus der Nase zieht. Die Pfleger müssen mit ihm inhalieren und die Flüssigkeitszufuhr über den Katheter kontrollieren. „Eigentlich muss ständig eine Fachkraft hier im Krankenzimmer sein”, sagt Gehring. Die Kinderintensivstation bewege sich derzeit wegen der winterlichen Infektionswelle am Rand ihrer Kapazität, verfüge aber noch über ein wenig Reserve. Gut auch, dass moderne Diagnosegeräte die Arbeit erleichtern.
Gegen seine bakteriellen Infektionen erhält Castiel nämlich Antibiotika. Die Medikamente können dank moderner „Point of care”-Apparate zielgenau verabreicht werden. „Diese Geräte spüren parallel bis zu 20 Erreger auf, von RS-Viren über sämtliche Coronaviren bis zu Streptokokken”, berichtet Stephan Gehring. Sie stellten von daher einen „Quantensprung” dar. Ein Nasenabstrich oder etwas Absaugsekret aus der Lunge wird dafür auf eine Kassette gegeben, die in das Diagnosegerät eingeführt wird. Der Analyseapparat steht in einem Laborraum auf der Station und spuckt binnen Minuten das Ergebnis aus.
Das Procedere wird als „Point of care”-Testing bezeichnet und meint patientennahe Labordiagnostik. Dadurch, dass die Proben direkt auf der Station analysiert werden, gewinnen die Ärzte Zeit und können rasch mit der passgenauen Behandlung der Erkrankten beginnen. Wege in ein externes Labor entfallen. „Wir können schneller agieren, der Patient kann schneller genesen”, bringt es Gehring auf den Punkt. Er sagt, es sei „nicht ungewöhnlich, dass Kinder fünf gleichzeitige Infektionen durchlaufen”. Gerade bei Virusinfektionen bestehe zudem ein hohes Risiko, dass sich in der Folge auch noch unerwünschte Bakterien ausbreiten. In Kitas tummele sich oft ein „ganzer Zoo an Erregern”.
Bei der Diagnose werde ein großes Spektrum an Krankheitsauslösern aufgespürt. „Das hilft uns etwa bei der Entscheidung, welche Patienten im selben Zimmer liegen können, weil sie die gleiche Infektion aufweisen”, sagt Gehring. Die „Point of Care”-Methode sei also sehr wertvoll. Hilfreich auch die Unterstützung durch den Förderverein der Kinderintensivstation, Kikam, der die Geräte mit finanziert. Kikam wird im Rahmen von „Leser helfen” wieder mit Spenden bedacht. Der zweite „Point of care”-Apparat, auch er um die 40.000 Euro teuer, erbringt sogar den Nachweis, welche Resistenz-Gene Bakterien aufweisen, sprich, welches Antibiotikum bei ihnen nicht mehr greift und durch ein anderes Präparat ersetzt werden muss.