RHEINHESSEN - Im Sommer 2009 sollte sich in der Schullandschaft Rheinhessens so einiges verändern. Die Landesregierung hatte gerade beschlossen, sich vom klassischen dreigliedrigen Schulsystem zu verabschieden, und besiegelte damit das Ende der Hauptschulen. Derer gab es jedoch etliche, nicht alle wurden dauerhaft zu Realschulen plus. Die rheinhessische Schullandschaft ist seither in Bewegung. Erst kürzlich ploppte in der Stadt Mainz eine Diskussion darüber auf, ob eine weitere Integrierte Gesamtschule errichtet werden soll. Auch in den beiden rheinhessischen Landkreisen sind in der Vergangenheit Integrierte Gesamtschulen neu entstanden. Doch wie schlägt sich das in den Schülerzahlen in der Region nieder? Gibt es ihn tatsächlich auch hier, den viel beschriebenen Run auf die Gymnasien? Und wie stehen die Realschulen plus in Rheinhessen nach acht Jahren da?
Sinkende Schülerzahlen bei den Realschulen plus
„Die Realschulen plus in Trägerschaft des Landkreises Mainz-Bingen sind relativ stabil. Auch wenn in einigen Bereichen rückläufige Zahlen erkennbar sind, müssen wir jedoch nicht mit einer Schulschließung rechnen“, heißt es auf Anfrage aus der Pressestelle des Landkreises Mainz-Bingen. Auch im Landkreis Alzey-Worms präsentieren sich die Realschulen plus derzeit stabil.
Rückblende: Als die Reform umgesetzt wurde, mussten sich die seitherigen Hauptschulen zunächst einmal mit der Frage auseinandersetzen, in welcher Form sie Realschule plus werden – eine kooperative oder eine integrative. Mancherorts brachte das durchaus und beinahe zwangsläufig auch die Existenzfrage ins Spiel. Etwa dort, wo bis dato eine Hauptschule neben einer Realschule existierte. Beispiel Wörrstadt im Landkreis Alzey-Worms: Wo heute zwei Realschulen plus Schüler anziehen und stabile Schülerzahlen haben, war anfangs durchaus die Befürchtung da, zwei in direkter Nachbarschaft stehende Schulen könnten nicht ausreichend Schüler zusammenbekommen. Doch die Schulen schärften ihre Profile, sind beide längst am Standort – auch in direkter Nachbarschaft zu einer Integrierten Gesamtschule – etabliert. Die Rheingrafen Realschule Plus bietet zudem seit dem Schuljahr 2014/2015 die Möglichkeit, die Fachoberschule mit dem Schwerpunkt Verwaltung zu besuchen – eine Profilerweiterung, die verschiedene Realschulen plus unternommen haben. Im Landkreis Alzey-Worms hat man es auch an anderer Stelle geschafft, zwei früheren Hauptschulen eine gemeinsame Zukunft zu geben: Die Schulen in Flörsheim-Dalsheim und Flomborn sind heute eine gemeinsame Schule.
REFORM
Im Schuljahr 2009/2010 starteten 122 Schulen im Land als Realschulen plus.
Die kooperativen Realschulen unterrichten nach der Orientierungsstufe in abschlussbezogenen Klassen, die integrativen unabhängig vom Bildungsgang alle Schüler gemeinsam.
Weil die Schülerzahlen trotz solcher Erfolgsprojekte und pointierter Profilierung in der Fläche gesehen im ganzen Bundesland an den Realschulen plus aber dennoch sinken, hat sich auch das Land Rheinland-Pfalz, respektive das Bildungsministerium, in den vergangenen Monaten den Realschulen gewidmet. So will man eine „Imagekampagne für die Schulen“ starten. Die auch für Rheinhessen zuständige Lehrergewerkschaft „Reale Bildung“ hatte des Öfteren bessere Rahmenbedingungen für die Realschulen plus gefordert, zuletzt in Mainz zu einer „Woche der Realschulen plus“ eingeladen. Die Realschulen in der Region, so Vertreter des Verbands, bräuchten keine Imagekampagne, sondern vielmehr eine Informationskampagne. „Schließlich ist die Schulart erst vor wenigen Jahren entstanden und daher immer noch zu wenig im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert. Die Realschule plus bietet aber eine Vielfalt an Bildungs- und Aufstiegschancen und hält alle Wege offen“, sagte Bernd Karst für die Realschullehrer in Mainz.
Run auf die IGSen hält in beiden Landkreisen an
Neu entstanden sind in Rheinhessen aber in den vergangenen Jahren vor allem auch Integrierte Gesamtschulen. In Nieder-Olm, in Oppenheim, in Wörrstadt und in Osthofen, um nur einige Beispiele zu nennen, wurden IGSen neu eingerichtet, teilweise dort, wo früher eine Hauptschule oder Regionalschule war, teilweise aber auch ganz neu errichtet. So hat der Landkreis Alzey-Worms sowohl in Wörrstadt als auch in Osthofen rund 12 Millionen Euro in die neuen Gesamtschulen investiert. In beiden Landkreisen sind die IGSen unverändert beliebt. Bekanntermaßen ist die Schülerzahl hier festgelegt, sodass die Schulen regelmäßig Anmeldungen ablehnen müssen. Beispiel Mainz-Bingen: Im laufenden Schuljahr hatte die IGS Ingelheim 110 Anmeldungen mehr als Plätze, Nieder-Olm 63 mehr, Oppenheim 80, Sprendlingen auch noch 19.