ALZEY - (te/ple). Die Rheinhessen-Fachklinik ist kein Krankenhaus wie andere. Die Klinik steht über die Grenzen der Region hinaus für Fachwissen auf dem Gebiet der Psychiatrie und darüber hinaus auch dafür, tausenden Menschen einen Arbeitsplatz zu bieten. In den vergangenen Monaten aber findet sie sich in den Schlagzeilen wieder, nachdem Patienten mitunter äußerst spektaktulär flüchteten.
Besondere Herausforderungen
Da war der Fall eines aggressiven Patienten der Akutpsychiatrie, der auf der Flucht einen Jogger in Dienheim mit einem Messer schwer verletzte. Da war der Somalier, der mit dem eben beschriebenen gemeinsam die Flucht ergriff und dafür einen Montagefehler am Fenster nutzte und da ist der Fall des Marokkaners, ein Abschiebehäftling, der vom Gelände verschwand. Alles höchst unterschiedliche Vorkommnisse, die die Fachklinik aber immer wieder in Erklärungszwang versetzte. Über Hintergründe, Sicherheit und Selbstverständnis hat sich das Führungsquartett der RFK mit der Redaktion unterhalten. Eine der Quintessenzen dabei: „Wir sind nun mal kein Gefängnis.“ Zugegeben, ein auf den ersten Blick zugespitzter Satz. Im Detail aber eine vielfältig begründete und fachlich fundierte Herangehensweise. Dr. Gerald Gaß, Geschäftsführer des Landeskrankenhauses, erklärt: „Als psychiatrisches Fachkrankenhaus haben wir im Vergleich zu anderen Kliniken eine besondere Herausforderung, nämlich nicht nur Patienten zu heilen, sondern wir haben es auch mit Menschen zu tun, denen aufgrund ihrer Krankheit oftmals die Einsicht fehlt und die deshalb zum Teil die Behandlung verweigern, und die im Zweifelsfall auch gegen ihren Willen behandelt werden müssen.“ So habe sein Team einen doppelten Auftrag: den der Heilung und den ordnungspolitischen, wo es um die Sicherheit der Patienten und der Bevölkerung geht. „In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns“, sagt Gaß.
Dass sich daraus ein Zielkonflikt zwischen therapeutischem Anspruch, Rechtslage und Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung ergibt, ist die Herausforderung, in der sich die RFK wiederfindet. Grundauftrag, so auch die Ärztliche Direktorin Dr. Anke Brockhaus-Dumke, sei jedoch immer die psychiatrische Behandlung. Zurück zu den drei Fällen.
Sicherheitstechnisch auf aktuellstem Stand
Die Flucht durch das mangelhafte Fenster hat das Team in der Zwischenzeit gemeinsam mit dem Landeskriminalamt aufgearbeitet. Das Gelände wurde überprüft und sei, sagte Gaß, auf dem sicherheitstechnisch aktuellsten Stand. Das Dach, über das der Marokkaner flüchtete, wird mit einem Vordach aufgerüstet, das solche Fluchtversuche in Zukunft verhindern soll, erläutert neben Gaß auch Alexander Schneider, Regionaldirektor des Landeskrankenhauses. Pflegedirektor Frank Müller betont indes aber auch: „Man darf dabei eines nicht vergessen: Psychisch kranke Menschen sind nicht per se gefährlicher als andere. Die Gleichung ‚Jemand der psychisch krank ist, ist auch gefährlich‘ ist falsch.“