Auf der Ingelheimer Farm geht es den Schafen an die Wolle
Von Beate Nietzel
Editorin Rheinland-Pfalz-Desk
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RHEINHESSEN - Die letzten Maitage wären eine veritable Geduldsprobe für die Schafe der Ingelheimer Kinder- und Jugendfarm gewesen – immer vorausgesetzt, die Paarhufer wären in der Lage, so etwas wie Vorausschau zu entwickeln. Nach dem hochsommerlich heißen Ende des vergangenen Monats brachte der Frühsommer nun die willkommene Erleichterung in Gestalt von Tom Duley: Der professionelle Schafscherer aus Neuseeland, in der Saison in ganz Deutschland unterwegs, ist jetzt auch wieder zum Westerberg gekommen, um die Krainer Steinschafe in einem Stück von ihrem dichten Kleid zu befreien. Bemerkenswert: „Nach dem Scheren erkennen die Schafe einander zunächst nicht, weil das Deckhaar vorher heller war, und müssen ihre Rangordnung wieder neu unter sich ausmachen“, erzählt Elke Wasserzier. Sie ist Vorstandsmitglied des 2009 gegründeten Vereins und hält mit ihrer Schwester eine rund 30-köpfige Schafherde am Laurenziberg, wo die Tiere ein großes Gelände für die „Stiftung Kulturlandschaft“ beweiden.
Krainer Steinschaf ist gefährdete Nutztierrasse
Und ein paar dieser Tiere stehen immer auf der Farm bei Ingelheim und sind Teil des erlebnispädagogischen Konzepts einer offenen Kinder- und Jugendarbeit. Dazu gehören auch die beiden noch namenlosen Lämmchen. Sie kamen am 24. April zur Welt und haben die Kälte- und Regentage Anfang Mai problemlos weggesteckt. Beide tragen ein dunkles Haarkleid, und beim Böckchen stoßen schon die Hörner durch. „Ihre Namen müssen mit einem L beginnen“, erläutert Elke Wasserzier. Das Schurfest dürfte für diesbezügliche Ideen der Besucher gesorgt haben.
Noch trinken die beiden bei Mutter Luva. Sie weidet nicht nur, sondern erhält zusätzlich Walzgerste und Lammgold als Kraftfutter. „Die Mütter pumpen alles in die Milch“, beschreibt Elke Wasserzier die Rasse. Obwohl als robust, stresstolerant, krankheitsresistent und genügsam geltend, stehe das Krainer Steinschaf, ein typisches Milchschaf, auf der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutztierrassen.
Das Schafschurfest auf der Farm alljährlich zu Pfingsten bietet jede Menge Spaß. Jedes Jahr gibt’s einen Wettbewerb, einmal galt es, das Gewicht der neuen Lämmchen zu schätzen. „In vierter Generation haben wir schon Lämmer“, berichtet Elke Wasserzier. Die Böcke werden nach vier Monaten abgesetzt, die weiblichen Jungtiere bilden eine Jungfrauengruppe. „Die lassen wir ein Jahr leer laufen“, erklärt die Fachfrau, „sprich, sie werden nicht gleich trächtig.“
Die Schafe mal selbst melken und aus der Milch einen leckeren Pudding kochen: Auch das gehört zum Konzept der Kinder- und Jugendfarm, auf der auch Ponys und Hühner leben. Der Verein hat das Gelände von der Stadt Ingelheim gepachtet, und von donnerstags bis samstags können Jugendliche und Kinder – ab Schulalter allein – zur Farm kommen, bei den Tieren helfen, handwerklich tätig sein oder sich um den Garten kümmern. „Wir beteiligen uns auch an den Ferienspielen und kooperieren mit Schulen“, erläutert Arne Drephal, der erste Vorsitzende des Vereins. Montags können sich die Kinder der Flüchtlingsunterkunft LefA auf der Farm austoben, sie werden auch abgeholt und gebracht, unterstützt wird dies von der Aktion „Herzenssache“. „Wir sind stark auf Spenden angewiesen“, bekräftigt Arne Drephal, verweist auch auf die Unterstützung durch die Stadt Ingelheim.
DONNERWETTER
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„Keiner wird zu irgendwas gezwungen“, beschreibt der Diplom-Sozialpädagoge das Konzept der Kinder- und Jugendfarm. In dessen Zentrum stehe der Gedanke, „einen einheitlichen, alle Sinne ansprechenden und vom aktiven Handeln der Kinder getragenen Lernprozess zu inszenieren.“ Erleben und Experimentieren sei immer besser als das Belehren – ob es darum geht, wie man richtig ein Feuer anfacht und damit umgeht oder was beim Ausmisten zu beachten ist, wie der selbstgebaute Wigwam stabil steht oder der eigenhändig angelegte Obstgarten auch gedeiht. „Lernen mit Kopf, Herz, Hand und natürlich mit viel Spaß“ heißt die Devise auf der Ingelheimer Kinder- und Jugendfarm. Egal, wie das Wetter ist.