Archäologie in der Region: Die Römervilla von Bad Kreuznach
Von Bernd Funke
Die Bodenmosaike sind das Herzstück der Ausstellung in der Bad Kreuznacher Römerhalle. Sie zeugen vom luxuriösen Lebensstil der einstigen Hausherren. Foto: Isabel Mittler
( Foto: Isabel Mittler)
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BAD KREUZNACH - „Der Mann muss richtig, richtig reich gewesen sein“, mutmaßt Dr. Marion Witteyer. Die Chefin der Mainzer Archäologen schwelgt nachgerade in Superlativen, wenn sie von der Bad Kreuznacher Villa eines großen Unbekannten spricht. Und in der Tat: Wer sich auf einer Fläche von knapp 5800 Quadratmetern ein dreigeschossiges Haus errichten lässt, das allein im Erdgeschoss mehr als 50 Räume hat, die teilweise mit kunstvollen Mosaikböden belegt sind, kann nicht am Hungertuch genagt haben.
Witteyer vermutet anhand der Mosaikmotive, dass der Bau- und Hausherr sein Vermögen im Fernhandel erworben hat. Als Archäologie-Studentin versuchte sie gemeinsam mit dem späteren Landesarchäologen Dr. Gerd Rupprecht in den Jahren 1975 bis 1980 den verborgenen Geheimnissen der Villa und ihres Erbauers auf die Spur zu kommen.
Nur ein Drittel des gigantischen Anwesens an der heutigen Hüffelsheimer Straße konnte ausgegraben werden. Weite Teile sind längst überbaut. Aber was die Archäologen erforschten, rechtfertigt die Witteyerschen Superlative: Die Bad Kreuznacher Peristylvilla mit einem Innenhof, der allein 1400 Quadratmeter groß war, wird als größte bekannte Villa ihrer Art in Deutschland angesehen. „Leider war die Bausubstanz so schlecht, dass wir die Anlage nicht konservieren konnten“, bedauert Witteyer. Der Befund wurde wieder mit Erde bedeckt. Aber kleine Aufmauerungen auf dem Gelände des ehemaligen Ritterguts Bangert lassen heute zumindest die Lage des Hauptgebäudes und seiner Räumlichkeiten nachvollziehen.
Die Bodenmosaike sind das Herzstück der Ausstellung in der Bad Kreuznacher Römerhalle. Sie zeugen vom luxuriösen Lebensstil der einstigen Hausherren. Foto: Isabel Mittler Foto: Isabel Mittler
Der kopflose Grabstein gehört dem Bogenschützen Tiberius Julius Abdes Pantera. Foto: VRM-Archiv Foto: VRM-Archiv
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Sollte eine unvollständig erhaltene Inschrift auf dem von dem Künstler Victorius Tesselarius gestalteten Oceanus-Mosaik, das heute in der „Römerhalle“ zu sehen ist, richtig gedeutet werden, so wurde die Villa im Jahre 234 unserer Zeitrechnung auf dem Gelände einer bereits im 1. Jahrhundert bestehenden Villa errichtet. Von der allerdings gibt es kaum Spuren – außer denen einer Badeanlage.
Fließendes Wasser für Toiletten und Springbrunnen
Wie prächtig das Gebäude ausgestattet war, machte nicht nur der Archäologe Rüdiger Gogräfe in seiner Dissertation deutlich, in der er sich mit den Wandmalereien beschäftigte. „Da wurde viel blaue Farbe verwendet. Die teuerste in der damaligen Zeit“, weiß auch Witteyer. Luxus pur auch die beiden Mosaike (Meeresgott Oceanus und Gladiatoren-Darstellung), die heute im Mittelpunkt der Ausstellung stehen. Es mangelte den Bewohnern an nichts. Große Küchentrakte lassen vermuten, dass rauschende Feste gefeiert wurden. Im in den Felsen geschlagenen Kühlkeller lagerten Wild, Austern und andere Delikatessen. Teilweise hatten die Räume Fußbodenheizung. Und es gab fließendes Wasser: Ein riesiger, etwa 1,50 Meter hoher Kanal leitete das Hangwasser so ab, dass es für die Toilettenspülung ebenso genutzt werden konnte wie für Wasserspiele. Die Türrahmen waren mit kostbarem Marmor verkleidet, in einem Kultgarten mit Altären wurde dem Schutzgeist der Familie geopfert.
MUSEUM RÖMERHALLE
Anschrift und Anfahrt: Bad Kreuznach, Hüffelsheimer Str. 11 (Rittergut Bangert), Buslinie 203 Richtung Agnesienberg (Haltestelle Schlossparkmuseum). Behindertengerechter Eingang.
Öffnungszeiten: montags geschlossen, dienstags 10-13 Uhr, mittwochs bis freitags 10-16 Uhr, samstags und sonntags 11-17 Uhr
Ausstellung: Überblick über die römische Zeit der Stadt und des Kreises auf 1000 Quadratmetern.
Attraktion: Zwei Mosaikböden (Mitte 3. Jahrhundert) aus der römischen Villa.
Pantera-Grabstein
Kopflos präsentiert sich der Grabstein des Tiberius Julius Abdes Pantera, Bogenschütze der 1. Kohorte, der 62-jährig um das Jahr 40 bei Bingerbrück gestorben ist. Kein außergewöhnlicher Grabstein – hätte der römische Philosoph Celsus im 2. Jahrhundert nicht behauptet, dieser Pantera habe eine intime Beziehung zur biblischen Maria gehabt und sei der leibliche Vater von Jesus. Ähnliches wurde schon im 1. Jahrhundert und in der Zeit der Evangelien behauptet. Forscher und Romanautoren nahmen sich immer wieder der Legende an – andere halten sie schlicht für antichristliche Polemik.
Schon um das Jahr 270 brannte der Prunkbau ab, blieb für einige Jahre als Ruine liegen. „Wir wissen nicht, was der Hausherr mit seinen Schätzen gemacht hat. Nicht auszuschließen, dass er sie irgendwo im Hang vergraben hat“, sagt Marion Witteyer mit Blick auf das Ende einer prachtvollen Periode. Denn dann rückten Alamannen und Franken an. Anfang des 4. Jahrhunderts wurde ein Teil der ehemaligen Villa Rustica mit bis zwei Meter dicken Mauern und drei Türmen zur Festung ausgebaut, die spätestens mit dem Bau des valentianischen Kastells (Heidenmauer) am Ende des 4. Jahrhunderts ausgedient hatte. Die Pracht war verfallen. In der Ruine bestatteten im 6. und 7. Jahrhundert Franken ihre Toten.
Eindrucksvoll wird heute die Geschichte nachvollziehbar in der Römerhalle, deren neuer Museumsleiter, der Niederländer Marco van Bel, sich einiges vorgenommen hat. So informiert die neu eingerichtete Ausstellung mit bebilderten Tafeln, an interaktiven Stationen sowie mit originalen Architekturfragmenten über die Baugeschichte der Villa. Die Präsentation ist Teil eines auf vier Jahre angelegten Projektes ‚Ausbau und Modernisierung der Römerhalle Bad Kreuznach‘, das gemeinsam mit dem Land Rheinland-Pfalz realisiert wird.