Agrartage: Per App im Wingert dosiert sprühen

Bei der Preisverleihung (v.li.): Staatssekretär Andy Becht, Markus Spinnenhirn, Stefan Hagenhoff und Thomas Kretzschmar sowie die Rheinhessische Weinkönigin Anna Göhring. Foto: hbz/Sämmer
RHEINHESSEN - „Clever Spray“, das sagt eigentlich schon alles. Statt in einer Wolke die zu sprayenden Mittel in der Luft zu verteilen, soll alles dort ankommen, wo es gebraucht wird. Die Friedrichshafener Firma Inovel hat im Herbst 2018 unter tatkräftiger Mithilfe aus Worms ein App-basiertes Steuerungssystem auf den Markt gebracht, das den Pflanzenschutz im Weinbau präzisieren soll. Dafür gab es bei den Agrartagen den zum achten Mal verliehenen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Weinbau. 13 Bewerber für vier Kategorien gab es, neben Invotel wurde in der offenen Kategorie auch der emissionsreduzierte Transporter Daily Natural Power der Firma Iveco prämiert. Die mit Erdgas betriebene Maschine stößt deutlich weniger Kohlendioxid, Stickoxide und Rußpartikel aus. Zum „Betanken“ eigne sich die betriebseigene Biogasanlage, außerdem kann, so die Jury, auf seltene Erden für die Batterieerzeugung verzichtet werden.
Der Rheinhessenwein-Vorsitzende Thomas Schätzel verwies auf den Beitrag der Inovel-Innovation zum Ressourcen- und Gesundheitsschutz. „Clever Spray“ sorge dafür, dass nur die Schutzmittel versprüht werden, die auch benötigt werden. Das System soll Lücken im Bewuchs erkennen und kann mithilfe von Geodaten auch für die Dokumentation der Ausbringung verwendet werden. Neben der Einsparung und dem gleichwohl „lückenlosen Pflanzenschutz“ lobte die Jury auch die Arbeitserleichterung durch die Automatisierung. Hier kommt Richard Grünewald ins Spiel. Der Winzer aus Worms-Horchheim hat die App initiiert, die das IT-Unternehmen verwendet. „Der Gedanke war, das Precision Farming in den Weinbau zu bringen“, erzählt Grünewald. Mit dem Präzisionsackerbau, so die deutsche Entsprechung, ist die nach Ort und Ziel differenzierte Bewirtschaftung gemeint, die im Ackerbau schon etabliert ist, im Weinbau aber noch in den Kinderschuhen steckt.
Die App wurde mit Studenten des Fachbereichs Mobile Computing an der Wormser Hochschule entwickelt. Mit Inovel ging es an die Umsetzung in der Praxis. Grünewald verweist darauf, dass die empfohlene Pflanzenschutz-Dosierung üblicherweise erhebliche Zuschläge beinhaltet. Diese sollen durch die bedarfsgenaue Ausbringung eingespart werden. Mit der konventionellen Technik werde an den einen Stellen zu viel, an den anderen zu wenig Schutzmittel ausgebracht. Das kommt neben dem unterschiedlichen Bewuchs auch beispielsweise durch Geschwindigkeitsabweichungen, versagende Düsen oder Druckschwankungen zustande. All das soll „Clever Spray“ ausbügeln, indem, so der Hersteller, in Sekundenbruchteilen nachjustiert wird. Die in Echtzeit erfassten Mengen gehen zur Auswertung auf das Smartphone. Die App überwacht das Sprühgerät, per GPS-Daten werden die behandelten Weinberge erfasst und dokumentiert.
In den Kategorien Önologie und Marketing wurde diesmal kein Preis verliehen.