Agrartage Nieder-Olm: Nachhaltigkeitspreis geht an Verein „Fair’n Green“
Von Torben Schröder
Bei der Verleihung des Nachhaltigkeitspreises in Nieder-Olm (v.l.): Lea Kopp,Florian Reinert, Keith Ullrich,Stefan Braunewell und Andy Becht. Foto: hbz/Stefan Sämmer
( Foto: hbz/Stefan Sämmer)
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NIEDER-OLM - Die Verbraucher sind skeptisch geworden. „Durch die Lebensmittelskandale vertrauen uns die Kunden nicht mehr richtig“, sagt Winzer Stefan Braunewell. Eine Rolle spiele dabei auch, dass die Branche selbst hier und da dazu neige, „Greenwashing“ zu betreiben, sich also grüner darzustellen, als man in Wirklichkeit ist. „Wir reden nicht nur drüber, bei uns prüft auch jemand nach – jährlich“, betont der Essenheimer. „Fair’n Green“ heißt der Verein aus Bonn, der ein Siegel für nachhaltigen Weinbau verleiht. Dafür gab es bei den Nieder-Olmer Agrartagen den Preis für Nachhaltigkeit 2018.
Ziel des Vereins ist, dass die Winzer Nachhaltigkeitsziele erreichen, zum Beispiel eine Reduzierung der CO2-Emissionen, eine höhere Biodiversität oder zukunftsfähige Anbaumethoden. Dafür werden die Ziele mess- und überprüfbar gemacht. „Wir bringen ganz neue Perspektiven in die Betriebe“, sagt Florian Reinert von „Fair’n Green“. Es gehe um einen ganzheitlichen Ansatz vom Weinberg über den Keller bis in die Vermarktung. Jedes der rund 30 Weingüter, die bislang mitmachen, erhält kontinuierliche, von Analysen begleitete Beratung und einen individuellen Plan. Wer sich nicht Jahr für Jahr verbessert, bekommt das Siegel aberkannt. „Unabhängige Institute stellen die Korrektheit der Zertifizierung nach wissenschaftlichen Ansprüchen sicher“, verspricht der Verein. Beratung und Zertifizierung seien in separaten Organisationen getrennt.
„Der Verein arbeitet beispielsweise für die Ökobilanzierung mit unabhängigen NGOs zusammen und ist sehr gut mit den Forschungs- und Bildungseinrichtungen der Branche vernetzt“, loben die Organisatoren des Preises, der Verein Ehemaliger Oppenheimer Fachschüler (VEO), das DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück und Rheinhessenwein. Zum siebten Mal wurde der Nachhaltigkeitspreis in mehreren Kategorien ausgeschrieben. Ökologische, soziale und ökonomische Aspekte spielen gleichermaßen eine Rolle. Bloße Liebhabereien, die man sich leisten können muss, haben keine Chance. Nur wer die Jury wirklich überzeugt, gewinnt.
WOODSTOCK II
9.17 Uhr vor einem Jahr. „Da habe ich den frühesten Wein meines Lebens getrunken“, erinnert sich Andy Becht an die Agrartage 2017, „und ich hätte nicht gedacht, dass man das noch toppen kann.“ Weil bei der Vergabe des Nachhaltigkeitspreises diesmal jedoch schon vor den Reden angestoßen wurde, gelang prompt ein neuer persönlicher Rekord.
„Mal gucken, was nächstes Jahr geht – vielleicht gleich übernachten?“, meinte der Wirtschaftsstaatssekretär und war wieder voll im Woodstock-Modus. Guter Wein rund um die Uhr – „dieser Job toppt alles, Keith Richards wäre neidisch auf mich“.
Jury lobt besonders den Netzwerkgedanken
Das „Fair’n Green“-Konzept bringe seinen Betrieb auch wirtschaftlich voran, unterstreicht Braunewell. Ein besonderes Lob der Jury gab es für den Netzwerkgedanken des Vereins. Die nachgewiesene Nachhaltigkeit erweise sich immer mehr als Wettbewerbsvorteil im Export, etwa nach Skandinavien, Asien oder in die USA. „Nachhaltiges Wirtschaften kann im Verdrängungswettbewerb, der auf dem Weinmarkt herrscht, ein Alleinstellungsmerkmal darstellen“, unterstreicht der Rheinhessenwein-Vorsitzende Thomas Schätzel. „An einem Glas Wein kann man Europa erklären“, betont Wirtschaftsstaatssekretär Andy Becht (FDP), „es ist gelebte Nachhaltigkeit, sozial, ökologisch und ökonomisch. Denn all das steckt im Begriff Landwirtschaft drin.“