Joachim Hecker ist Wissenschafts-Entertainer und produziert nebenher Beiträge für die „Sendung mit der Maus“. Im Interview erklärt er, wie man Kindern den Klimawandel beibringt.
Region. Jeder redet über den Klimawandel. Aber nicht alle verstehen, was das eigentlich bedeutet. Mit eigenen Science-Shows und Wissenschafts-Workshops für Kinder hat sich der gebürtige Mainzer und Wissenschafts-Entertainer Joachim Hecker vor sechs Jahren selbstständig gemacht. Auch, um den Kleinsten in der Gesellschaft das komplexe Thema Klimawandel kindgerecht näherzubringen. Dafür reist er dann auch schon mal nach Indien, Pakistan, Sri Lanka, Argentinien und in die USA. Seit 2001 ist er zudem Autor der Sendereihe „Joachims Experimente“ in der „Sendung mit der Maus“.
Herr Hecker, wieso beschäftigen Sie sich so sehr mit dem Klimawandel?
Ich habe das Thema Klimawandel schon damals als Wissenschaftsredakteur mitbekommen. Es ist mir seit den 1980ern ein Begriff. Der Klimawandel lag schon in meinem Fokus, aber ich habe mich nie praktisch darum gekümmert, weil es ein ganz unheimliches Thema ist und eigentlich keinen Spaß macht, sich damit zu beschäftigen. Aber ich hoffe, dass ich den Kindern durch die Klima-Workshops das Thema spielerisch näherbringen kann.
Wie bringt man Kindern den Klimawandel bei?
Ich sage immer: Stellt euch vor, im Sommer wird es bis zu 40 Grad heiß und es soll nochmal um 1,5 Grad heißer werden. Ist das viel oder ist das wenig? Die meisten denken, das sei wenig. Aber dann sage ich ihnen, sie sollen sich vorstellen, wie es wäre, wenn unsere normale, menschliche Körpertemperatur um 1,5 Grad steigen würde. Denn dann haben wir Fieber und sind schwer krank. Und so ist es auch mit der Erde.
Meine Tochter sagt immer zu mir: „Papa, du bist ein großes Kind.“ Und das ist das schönste Kompliment für mich.
Welche Experimente gibt es, die Kindern auch zeigen, was Klimawandel bedeutet?
Ich habe ein schönes Experiment mit haushaltsüblicher Hefe. Wir nehmen drei Flaschen und zerbröseln darin jeweils einen Hefewürfel. Dazu geben wir etwas Zucker, damit die Hefe Nahrung bekommt. In je eine Flasche kommt eiskaltes, lauwarmes und heißes Wasser. Dann kann man sehen, dass die Hefe dort, wo eiskaltes Wasser drin ist, sich erst dann entwickelt, wenn das Eis geschmolzen ist und dort, wo die Hefe im heißen Wasser liegt, geht sie kaputt. Im lauwarmen bzw. handwarmen Wasser kann sich die Hefe dagegen optimal entwickeln. Daran kann man erkennen, dass Lebewesen eine bestimmte Temperatur brauchen, damit sie sich wohlfühlen und sich entwickeln können. Das gilt auch für uns Menschen.
Gibt es noch mehr solcher Experimente?
Im Spielzeughandel gibt es UV-Perlen zu kaufen. Das sind ganz unscheinbare Perlen, die ich den Kindern in die Hand drücke, und die färben sich im Sonnenlicht ganz unterschiedlich in allen Farben des Regenbogens. Das heißt, sie reagieren auf UV-Licht und die Kinder können ganz toll sehen, warum man sich unbedingt vor zu viel Sonneneinstrahlung schützen muss. Die Kinder können dann testen, wie stark sich die Perlen unter dem T-Shirt, dem Geschirrhandtuch oder unter einer Serviette verfärben. Wenn man die Perlen dann in Frischhaltefolie wickelt und mit etwas Sonnenschutzmittel eincremt, färben sich die Perlen nicht. Es ist ein Spielzeug, aber toll als Indikator für gefährliche UV-Strahlung!
Wie ist es möglich, Kinder schon früh auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu sensibilisieren?
Ich habe Messgeräte mit Zwischenstecker, wo man an alle möglichen Geräte wie Computer oder Kühlschrank einstecken kann. Da kann man dann sehen, wie viel Energie diese Elektrogeräte verbrauchen, wenn sie eingeschaltet sind oder sich im Stand-by-Modus befinden. Das können die Kinder dann mit ihrem eigenen Handy messen und bekommen ein Gespür dafür, welches Gerät wie viel Energie verbraucht. Und dass ein Gerät im Leerlauf nicht unbedingt was verbrauchen sollte. Kinder interessieren sich für den Klimawandel. Man muss das Thema nur für sie herunterbrechen.
Wissen die Kinder denn überhaupt schon, was Klimawandel ist?
Die haben das schon mal gehört, die wissen auch, was das ist. Natürlich nicht so konkret wie die älteren. Kinder mit 10, 11 oder 12 Jahren denken nicht so vernetzt wie wir Erwachsenen, da ist das für die nicht ganz so interessant. Aber durch die UV-Perlen ein Gefühl für die Messung von Sonneneinstrahlung zu bekommen, finden sie superspannend. Oder mit einer Wärmebildkamera durch die Stadt laufen und sehen, wo es sehr heiß oder schön kühl ist. Das durfte ich zum Beispiel kürzlich mit dem Bildungsbüro der Stadt Worms im Rahmen einer Hitze-Safari organisieren. Man kann Kindern keinen Klimawandel-Workshop vor die Nase setzen, sondern muss es kindgerecht umsetzen.
Auch wenn es ein ernstes Thema ist, darf es durchaus Spaß machen!
Wie offen sollte man mit seinen Kindern, Nichten oder Neffen über den Klimawandel reden?
Ich finde schon, dass man Tacheles reden sollte. Dass die Hitze sehr extrem ist, dass die Hitze gefährlich ist. Aber man kann auch Auswege bieten, indem man sagt, dass wir Menschen schon mal große Temperaturdifferenzen aushalten können. Wir können uns dementsprechend anziehen, wir können schwitzen! Man kann den Kindern sagen, dass sie viel trinken und sich möglichst viel im Schatten aufhalten sollen.
Wie lässt sich das in den Alltag integrieren?
Indem man viel in den Wald geht, sodass die Kinder merken, dass Grün zum Leben gehört. Sich bewusst ernähren, auch den Kindern erklären, welches Essen wie viel Energie kostet und dass fleischärmere Nahrung genauso gut schmeckt und nachhaltiger ist. Und gerade in der Stadt auch das Fahrrad nutzen.