Bei der Querdenken-Demo in Frankfurt hat die Polizei Wasserwerfer eingesetzt - auch gegen Gegendemonstranten. Die Linksfraktion kündigt ein parlamentarisches Nachspiel an.
FRANFURT. Mit dem mehrmaligen Einsatz von Wasserwerfern hat die Polizei Blockaden einer Demonstration gegen die Corona-Beschränkungen in der Frankfurter Innenstadt aufgelöst. Hunderte Gegendemonstranten hatten sich am Samstag dem "Querdenken"-Protestmarsch auf mehreren Kreuzungen im Bahnhofsviertel entgegengestellt. Vereinzelt kamen auch Schlagstöcke zum Einsatz. Später setzte die Polizei auch gegen Dutzende Teilnehmer der "Querdenken"-Abschlusskundgebung kurzzeitig einen Wasserwerfer ein, da sie trotz Aufforderung den Platz nicht verließen.
Einen Bericht unserer Reporterin von der Querdenken-Demo lesen sie hier: Querdenker-Demo in Frankfurt startet unter strengen Auflagen
Auch Abschlusskundgebung aufgelöst
Die Polizei zählte rund 600 "Querdenker" im Bahnhofsviertel, etwa 300 Menschen hatten demnach an der Gegendemonstration teilgenommen. Sie stellten sich auf mehrere Kreuzungen, zeigten Banner mit Schriftzügen wie "Die Rechten zu Boden" und "Alle zusammen gegen den Faschismus" sowie Symbolen der Antifa. Zwei Mal räumte die Polizei Kreuzungen mithilfe von Wasserwerfern. Zum Schlagstockeinsatz hieß es, Beamte seien angegriffen worden. Mindestens ein Demonstrant wurde leicht verletzt, laut Polizeiangaben war er gestürzt.
Vor einer Woche hatte es in Leipzig nach einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen heftige Auseinandersetzungen gegeben. Die Stadt Frankfurt hatte die Route der Demonstration erheblich verkürzt und auf andere Straßen verlegt. Verboten war das Tragen eines Davidsterns mit diversen Inschriften (etwa "CoV-2", "ungeimpft", "impfen macht frei", "Dr. Mengele" oder "ZION") wie bei ähnlichen Demonstrationen. Der Start des Demonstrationszuges hatte sich wegen Verstößen gegen die Auflagen sowie Blockaden längere Zeit verzögert.Die Polizei hatte "engmaschige Kontrollen" und konsequentes Einschreiten angekündigt.
Dennoch trugen im Protestzug der Kritiker der Corona-Maßnahmen, der unter dem Motto "Kein Lockdown für Bembeltown" stand, viele der Demonstranten nicht wie vorgeschrieben einen Mund-Nasen-Schutz und hielten auch den vorgegebenen Abstand nicht ein. Schon der Start der Demonstration hatte sich deshalb verzögert. Laut Polizei mussten die Teilnehmer mehrfach zur Einhaltung der Auflagen aufgefordert werden, im Laufe der Veranstaltung habe dies wiederholt werden müssen.
Abschlusskundgebung aufgelöst
Wegen nicht eingehaltener Hygieneauflagen löste die Polizei auch die Abschlusskundgebung der "Querdenker" in der Stadtmitte auf. Teilnehmer hätten die vorgeschriebenen Abstände zueinander und die Maskenpflicht trotz Aufforderung nicht eingehalten, sagte ein Polizeisprecher. Nach Polizeiangaben bis zu 80 Menschen harrten dennoch auf Rathenau- und Goetheplatz aus, gegen sie richtete die Polizei nach einer entsprechenden Androhung den Wasserwerfer. Danach löste sich die Menge langsam auf.
Zu der Demonstration hatten sich "Querdenker" aus Frankfurt, Darmstadt und Wiesbaden zusammengetan. Auf der Kundgebung wurden unter anderem angebliche diktatorische Maßnahmen in Deutschland kritisiert. Einige Teilnehmer hatten Masken mit der Aufschrift "Diktatur" dabei. 2000 Menschen waren für die Kundgebung angemeldet, die Polizei bezifferte die Teilnehmer auch hier auf 600.
Der Deutsche Journalistenverband (DVJ) appellierte während der Demonstration an die Polizei, den Medien eine ungehinderte Berichterstattung zu ermöglichen. Zwei Journalisten des Satire-Magazins "Titanic" sei das Fotografieren zunächst untersagt worden. Erst nach Vorzeigen ihrer Presseausweise hätten diese weiterarbeiten können.
"In der Bilanz wurden vier Polizeibeamte durch Störer verletzt", teilte die Polizei zum Abschluss mit. Unter anderem sei eine Polizistin von einer Teilnehmerin der "Querdenken"-Veranstaltung ins Bein gebissen worden. Sie und drei weitere Tatverdächtige seien festgenommen worden. "288 Platzverweise wurden ausgesprochen und die zahlreichen Verstöße gegen die Versammlungsauflagen dokumentiert", erklärte die Polizei.
Die Linksfraktion im Landtag kritisierte das Vorgehen gegen die Gegendemonstranten scharf und kündigte ein parlamentarisches Nachspiel an. Es sei ein fatales Signal, wenn die Polizei "gegen diejenigen vorgeht, die die Corona-Regeln einhalten und den Weg für die freiräumt, die diese nicht beachten und für ihre kruden Vorstellungen auf die Straße gehen", erklärte Fraktionschefin Janine Wissler. Die FDP-Fraktion erklärte, dass Hygieneregeln missachtet und Polizeibeamte angegriffen worden seien, mache fassungslos. Die Polizei müsse Demonstrationen in so einem Fall konsequent beenden. "Dazu muss sichergestellt werden, dass genug Einsatzkräfte vor Ort sind", hieß es in einer Mitteilung.
Von dpa/epd