Die Klimadebatte rückte in diesem Jahr in den Fokus für das "Unwort des Jahres". Die Wahl der Jury wendet sich gegen die Kritiker der Klimaschutzbemühungen.
Von Stefan Benz
Kulturredaktion Darmstadt
(Symbolfoto: dpa)
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DARMSTADT - Die Diskussion um den vom Menschen herbeigeführten Klimawandel schlägt sich nun auch in der „Unwort“-Wahl nieder. Nach Jahren, in denen Migration („Anti-Abscheide-Industrie“, 2018), Medien („alternative Fakten“, 2017) und Demokratie („Volksverräter“, 2016) die Listen demagogischer oder diskriminierender Begriffe prägten, hat die Jury nun „Klimahysterie“ als „Unwort des Jahres 2019“ markiert.
Mit dieser Formulierung „werden Klimaschutzbemühungen und die Klimabewegung diffamiert und wichtige Debatten zum Klimaschutz diskreditiert“, so die Begründung der institutionell unabhängigen Jury aus vier Linguistikprofessoren, einem Journalisten und – als Gast in diesem Jahr – dem Kabarettisten Urban Priol. Das aktuelle Unwort stütze „wissenschaftsfeindliche Tendenzen“ und pathologisiere „pauschal das zunehmende Engagement für Klimaschutz als eine Art kollektiver Psychose“, heißt es weiter. Zum Unwort wurde „Klimahysterie“ vor allem deshalb gekürt, weil der Begriff eine sehr breite Verwendung in Politik, Wirtschaft und Medien gefunden habe, erklärte die Sprachwissenschaftlerin Nina Janich am Dienstag bei der Pressekonferenz an der Technischen Universität Darmstadt. Bereits 2018 hatte die CO2-Debatte bei der Wahl zum „Wort des Jahres“ durchgeschlagen, als damals der Begriff „Heißzeit“ ausgezeichnet wurde.
Begriffe wie „Umvolkung“ und „Ethikmauer“ ebenfalls kritisiert
Aus dem Spektrum ausländerfeindlicher Diskurse zum Thema Migration stammt der bei der Unwort-Wahl ebenfalls kritisierte Begriff „Umvolkung“, der in Verschwörungstheorien verwendet wird für einen vermeintlichen Geheimplan, die weiße Mehrheitsbevölkerung westlicher Länder systematisch durch Zuzug nicht-weißer Einwanderer zu ersetzen – also eine Art völkischer Umtopfung. „Umvolkung“ sei „fester Bestandteil der Ideologie der AfD“, diskriminiere Zuwanderer als „sich schnell vermehrende Austauschmasse“, heißt es in der Jury-Begründung. Überdies habe der Massenmörder von Christchurch sein Verbrechen mit dem angeblich drohenden Bevölkerungsaustausch legitimiert.
Als weiteren Begriff moniert die Jury das Wort „Ethikmauer“. Es stamme aus einem Zeitungskommentar und diskreditiere „jede moralisch-ethische Argumentation als ein Zeichen naiver Fortschrittsverweigerung.
Insgesamt erreichten die Jury 671 Einsendungen mit fast 400 verschiedenen Ausdrücken, von denen allerdings nur knapp 50 den Unwort-Kriterien entsprachen: also Begriffe, die gegen die Menschenwürde und gegen Prinzipien der Demokratie verstoßen, gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder Sachverhalte verschleiern. Zu den besten Zeiten erreichten die Jury rund 2000 Einsendungen.
Die zurückgehende Zahl der Hinweise führt Linguistikprofessorin Nina Janich als Sprecherin der Initiative auch darauf zurück, dass die Jury bislang nur per Post oder E-Mail erreichbar ist. In den Sozialen Netzwerken ist die sprachkritische Aktion nicht zu finden, da die Unwort-Jury Quellenbelege und Begründungen verlangt.
Unwort-Aktion künftig per Instagram und Facebook?
Per Post und Mail wurden diesmal auch häufig Begriffe wie „Umweltsau“, „Alte weiße Männer“, „Verschmutzungsrechte“ und „Flugscham“ eingereicht, die jedoch „nicht zwingend den Kriterien der Jury“ entsprechen.
Ist die Unwort-Aktion mithin zu kompliziert angelegt? Nina Janich räumt ein „dass viele Menschen unsere Kriterien nicht verstehen. Vor allem das Missverständnis, es ginge um Dinge, die man nicht mag, ist häufig. Ich glaube nicht, dass die abnehmende Anzahl an Einsendungen mit der Schwierigkeit der Kriterien zu tun hat.“ Es habe unter den den Einsendungen schon immer viele Missverständnisse gegeben. „Das Verhältnis innerhalb der Einsendungen ist also nicht unüblich, sondern normal.“
Muss die Unwort-Aktion also in Zukunft auf Facebook und Instagram erreichbar sein? Nina Janich weiß, dass es Veränderungen braucht: „Für das dreißigjährige Jubiläum nächstes Jahr werden wir uns überlegen, ob und wie es weitergehen kann.
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