Das Oberlandesgericht Koblenz hat in einem VW-Diesel-Verfahren zugunsten eines Mannes aus dem Kreis Bad Kreuznach entschieden. Das Urteil könnte für weitere Klagen Signalwirkung haben.
Von red
2035 soll der CO2-Rückgang zu 2021 volle 100 Prozent erreichen, de facto bedeutet dies dann "Null-Emissionen" für alle neu zugelassenen Wagen. Das hat die EU-Kommission beschlossen.
(Symbolfoto: dpa)
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KOBLENZ / BAD KREUZNACH - Die Volkswagen AG muss einem Mann aus dem Landkreis Bad Kreuznach, dessen Automotor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, wegen „vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung“ einen Schadenersatz von fast 26.000 Euro zahlen. Das hat der Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz heute verkündet. Das Urteil könnte für weitere Klagen Signalwirkung haben. Da der Käufer durch die Nutzung des Autos einen „geldwerten Vorteil“ erlangt hat, erhält er nicht die komplette Kaufsumme. Das Gericht zog rund 6.000 Euro ab.
Im konkreten Fall hatte der Kläger im Januar 2014 vor Bekanntwerden der Abgasmanipulationen für gut 31.000 einen VW Sharan als Gebrauchtwagen gekauft. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor eingebaut, der nach Auffassung des Kraftfahrtbundesamtes über eine unzulässige Abschaltvorrichtung verfügt. Der Mann hatte später von Volkswagen den vollen Kaufpreis zurückgefordert. Das Landgericht Bad Kreuznach wies seine Klage in der ersten Instanz ab. Eine Haftung aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung war damals ausdrücklich ausgeschlossen worden.
Das bewertet das OLG Koblenz nun anders: Demnach gibt es einen Anspruch des Klägers aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Das OLG hielt VW vor, den Sharan „unter bewusstem Verschweigen der unzulässigen Softwareprogrammierung in Verkehr gebracht“ zu haben. Der Käufer sei getäuscht worden. VW habe sittenwidrig gehandelt. Das OLG betonte, „dass staatliche Behörden, Wettbewerber und Endverbraucher in großer Zahl systematisch zur Profitmaximierung getäuscht“ worden seien.
Klageflut an Gerichten
Viele Gerichte in Deutschland ächzen im Dieselskandal unter einer Klageflut. Diese bezieht sich auch auf Autohändler und andere Autohersteller. Allein beim OLG Koblenz sind laut Gerichtssprecherin Petra Zimmermann seit Anfang 2017 bis zum Dienstag (11. Juni 2019) 852 Berufungsverfahren eingegangen und auf neun Zivilsenate verteilt worden. Sehr häufig sei es zu Berufungs- oder Klagerücknahmen gekommen.
In Justizkreisen werden dahinter außergerichtliche Einigungen vermutet. VW könnte den Klägern Geld gezahlt und so ein Urteil abgewendet haben, das womöglich auch noch vom Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt würde. VW hatte dazu der Deutschen Presse-Agentur im März mitgeteilt: "Ob sich Volkswagen für einen außergerichtlichen Vergleich entscheidet, ist von wirtschaftlichen Gesichtspunkten und vom jeweiligen Einzelfall abhängig."
VW-Sprecher: „Halten das Urteil für rechtsfehlerhaft“
Ein VW-Sprecher teilte mit: „Wir halten das Urteil für rechtsfehlerhaft und werden dagegen Revision einlegen.“ Damit ginge das Verfahren zum Bundesgerichtshof (BGH). Laut dem VW-Sprecher sind bislang bundesweit 25 OLG-Urteile zugunsten von Volkswagen oder VW-Händlern ausgegangen. Ein abschließendes BGH-Urteil gibt es noch nicht. Der Kläger akzeptierte die OLG-Entscheidung und äußerte sich mit Blick auf den BGH „vorsichtig optimistisch“.