WETZLAR Der Schillerplatz kriegt den ersten roten Punkt verpasst. Er bleibt nicht allein. Am Ende des Bürgerworkshops zur Nahmobilität in Wetzlar haben die Teilnehmer den...
Wetzlar. Wetzlar Der Schillerplatz kriegt den ersten roten Punkt verpasst. Er bleibt nicht allein. Am Ende des Bürgerworkshops zur Nahmobilität in Wetzlar haben die Teilnehmer den Stadtplan mit bunten Punkten und Linien geradezu gepflastert. Sie markieren Probleme und Wünsche.
Die roten Punkte zum Beispiel stehen für Abstellanlagen. Das sind längst nicht mehr nur Fahrradständer. An allen Schulen sollte es überdachte Radparkplätze geben, fordert eine der drei Arbeitsgruppen, die sich beim Workshop im Rathaus mit der Nahmobilität befasst. Eine andere Forderung: Eine gute Verbindung von Büblingshausen nach Dutenhofen – nicht durch den Wald. Oder: Schutzstreifen für die Hermannsteiner Straß;e. Der Komplettumbau des Buderusplatzes. Eine Verlegung des Lahntalradwegs in die Colchester-Anlage. Griffe an Ampeln, damit Radler beim Warten nicht absteigen müssen. Zebrastreifen auf dem Karl-Kellner-Ring und der Altenberger Straß;e. Tempo 30 auf dem kompletten Ring um die Altstadt.
Unrealistisch? Zu radikal? Vielleicht. Aber: Das war kein politischer Workshop. "Bitte haben Sie keine Schere im Kopf", hatte Alexander Gardyan vom Verkehrsplanungsbüro IKS zu Beginn der Veranstaltung die Richtung benannt. Und die Teilnehmer aufgefordert, das vorzuschlagen, was sinnvoll ist und einen Nutzen hat. "Nach Umsetzung und Kosten schauen wir."
Unfälle mit Radfahrern passieren nach Angaben der Planer "auffällig oft" an den Ausfallstraß;en
Damit die Teilnehmer nicht bei null anfangen mussten, legte Gardyan den Bürgern keine leeren Stadtpläne vor. Auf den Karten waren die – nach Ansicht der Planer – wichtigen Routen und Wege bereits markiert. Die etwa 50 Teilnehmer des Workshops durften verändern, ergänzen, streichen.
Und das taten sie. Ganz bewusst ließ;en die Teilnehmer ihre persönliche Wünsche einfließ;en. Dieses Wissen der Nutzer hatte Gardyan zuvor eingefordert. Zwar hatte IKS Verkehrszählungen und eine Befahrung der Stadt vorgenommen. Das kann die Erfahrung der Nutzer aber nicht ersetzen – auch wenn sich Experten und Nutzer bisweilen erschreckend einig sind. Die Braunfelser Straß;e ist beiden Seiten ein Graus. Die Garbenheimer auch. Gardyan hatte zuvor Unfallzahlen vorgelegt. Sie passieren in Wetzlar vor allem an den Ausfallstraß;en und dort "auffällig oft" beim Einbiegen und Kreuzen von Autos, sagte er. Anders gesagt: Die Ausfallstraß;en sind ein gefährliches Pflaster. Auch Unfälle mit Fuß;gängern haben die Planer ausgewertet – sie passieren oft beim Überschreiten der Straß;en. Daraus leiten die Experten ab: Es fehlt an Querungshilfen.Die Ergebnisse des Workshops wird IKS nun auswerten. Die Schlüsse daraus sollen bei einem zweiten Workshop vorgestellt werden. Zunächst sind für den 29. September aber noch zwei Radspaziergänge geplant, bei denen Knackpunkte in der Stadt besucht werden sollen.
Stadtrat Norbert Kortlüke (Grüne), der als Dezernent für das Thema Nahmobilität zuständig ist, war beeindruckt von der groß;en Teilnehmerzahl. "Ich sehe heute viele neue Gesichter", lobte er. Kortlüke schaute den Gruppen bei der Arbeit über die Schulter, beantwortete Fragen zur Umsetzung oder zu Zuständigkeiten bei der Sicherheit auf Straß;en.Nach Fertigstellung des Konzepts wird es seine Aufgabe sein, Mehrheiten und Geld für die Umsetzung der Projekte zu organisieren. "Ich muss dann am Ende die Truppen versammeln", brachte er es auf den Punkt.Schon aktuell arbeitet die Stadt mit IKS zusammen, damit bei Bauprojekten keine Fakten geschaffen werden, die später hinderlich sind. So waren die Planer aus Kassel in die Planung für den Umbau des Knotens an der Franzenburg eingebunden. Er spielt im künftigen Wegenetz der Stadt eine wichtige Rolle. Da waren sich Experten und Nutzer einig.