Montag,
15.07.2019 - 04:30
4 min
Fluglärmgegner fordern höhere Gebühren für laute Flieger

Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz

Ein Flieger im Landeanflug auf den Frankfurter Flughafen. (Symbolfoto: dpa)
MAINZ - Fliegen muss teurer werden – und laute Jets in Frankfurt sollten stärker zur Kasse gebeten werden. Dies fordern Jochen Schraut und Lars Nevian von der Initiative Klima-, Umwelt- und Lärmschutz im Luftverkehr. Dahinter verbirgt sich der frühere Fluglärmverein in Mainz. Wir sprachen mit den beiden Vorständen.
Herr Schraut, Herr Nevian, Sie haben ein Video machen lassen, bei dem ein Mann im Beichtstuhl sitzt, der einen Kurzstreckenflug von Frankfurt nach München gemacht hat. Ist Fliegen eine Sünde?
Schraut: Zumindest sollte man sich bewusst sein, was ein solcher Flug an klimaschädlichen Emissionen erzeugt. Wenn man überlegt, was man damit seinen Kindern und Enkeln hinterlässt, dann ist die Bezeichnung „Sünde“ durchaus zutreffend. Wir versündigen uns an den nachfolgenden Generationen.
Nevian: Sicherlich mag es auch Kurzstreckenflüge geben, die im Einzelfall auf Grund der Terminlage unvermeidlich sind. Aber nehmen Sie Stuttgart, Hannover, Düsseldorf, München oder auch Paris: Da sind Sie mit dem Zug in die Innenstadt viel schneller. Man sollte schon überlegen, ob jede Geschäftsreise per Flugzeug notwendig ist oder man mit der Bahn fahren kann – oder Konferenzen über „Skype“ macht. Eines ist klar: Kurzstreckenflüge müssen ihren Preis haben. Es kann doch nicht sein, dass Fliegen günstiger ist als Bahnfahren. In Deutschland fließen zwölf Milliarden Euro an Subventionen in den Luftverkehr. Diese müssen sofort gestrichen und eine CO2-Bepreisung eingeführt werden. Die klimafreundliche Bahn muss attraktiver werden, auch preislich. Dort sollte man den Mehrwertsteuersatz komplett streichen.
Nevian: Sicherlich mag es auch Kurzstreckenflüge geben, die im Einzelfall auf Grund der Terminlage unvermeidlich sind. Aber nehmen Sie Stuttgart, Hannover, Düsseldorf, München oder auch Paris: Da sind Sie mit dem Zug in die Innenstadt viel schneller. Man sollte schon überlegen, ob jede Geschäftsreise per Flugzeug notwendig ist oder man mit der Bahn fahren kann – oder Konferenzen über „Skype“ macht. Eines ist klar: Kurzstreckenflüge müssen ihren Preis haben. Es kann doch nicht sein, dass Fliegen günstiger ist als Bahnfahren. In Deutschland fließen zwölf Milliarden Euro an Subventionen in den Luftverkehr. Diese müssen sofort gestrichen und eine CO2-Bepreisung eingeführt werden. Die klimafreundliche Bahn muss attraktiver werden, auch preislich. Dort sollte man den Mehrwertsteuersatz komplett streichen.
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Video der Fluglärmgegner: "Die Kurzstreckensünde":
Provokant gefragt: Sollen nur noch die Reichen und Wohlhabenden fliegen?
Nevian: Der weltweite Anteil des Luftverkehrs am Klimawandel beträgt etwas mehr als sechs Prozent, Tendenz massiv steigend. Mich wundert deshalb schon, dass gerade die Nutzung des klimaschädlichsten Verkehrsmittels unter dem Aspekt Gleichbehandlung diskutiert wird. Ist Gleichbehandlung nicht viel wichtiger bei den Themen medizinische Versorgung, gesunden Lebensmittel und vernünftiges Wohnen? Aber ein erster Schritt wäre schon getan, wenn es keine Dumpingpreise mehr gäbe und die Leute nicht mehr für ein paar Euro übers Wochenende zum Ballermann fliegen können. Langstreckenflüge sind wahre Klimakiller. Sie zerstören jede persönliche Klimabilanz. Es gibt auch spektakuläre Küsten und Gebirgslandschaften in Europa, die man ohne das Flugzeug erreicht.
Sie haben Ihren Verein umbenannt – von „Initiative gegen Fluglärm Mainz“ in „Initiative Klima-, Umwelt- und Lärmschutz im Luftverkehr“. Wie kommt’s?
Schraut: Wir waren von unseren Themen schon in den vergangenen Jahren nicht auf Fluglärm verengt und hatten uns bereits sehr intensiv mit der Klima- und Umweltschädlichkeit des Luftverkehrs befasst. Nehmen Sie etwa das Thema Ultrafeinstaub. Hier haben unsere Leute Pionierarbeit geleistet. Im Grunde passen wir also den Vereinsnamen den tatsächlichen Aktivitäten an. Wir erhoffen uns damit auch einen besseren Anschluss an die bundesweite Klimaschutzbewegung.
Man hört auch Frust bei Ihnen heraus, was den Kampf gegen Fluglärm betrifft. Stimmt diese Wahrnehmung?
Schraut: Es gibt zahlreiche Studien zur Auswirkung von Fluglärm auf die Gesundheit; zu Aufwachreaktionen, zur Entstehung von Herzinfarkten und Schlaganfällen, etwa vom Mainzer Kardiologen Prof. Münzel. Da es sich aber um „nur“ eine Million Betroffene handelt, werden diese von der Politik einfach geopfert. Die hessischen Behörden wollen die wahre Belastung der Bevölkerung durch Ultrafeinstaub vertuschen, indem falsche Messmethoden sowie Messungen am falschen Ort, zum falschen Zeitpunkt und im falschen Zeitraum durchgeführt werden. Das führt natürlich zu Frust.
Was fordern Sie?
Schraut: Technische Lärmminderungsmaßnahmen sind in der Entwicklung und müssen umgesetzt werden. Wir verlangen eine erhebliche Anhebung der Lärmentgelte zwischen 22 und 23 Uhr sowie 5 und 6 Uhr. Starts und Landungen nach 23 Uhr sollten ausnahmslos untersagt sein. Ohnehin ist unsere Kernforderung ein echtes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Der Anteil der Lärmentgelte an den Gesamtentgelten sollte von 13 auf 30 Prozent angehoben werden. Es muss wehtun, hier mit alten Kisten zu landen. In Berlin will man künftig die Entgelte an dem tatsächlich erzeugten Lärm ausrichten, das könnte auch ein Modell für Rhein-Main sein. Hier ist Tarek Al-Wazir gefordert, Fraport unter Druck zu setzen.
Fühlen Sie sich von der Politik unterstützt?
Nevian: Wir haben viele Gespräche mit der Mainzer Staatskanzlei geführt, da ist auch einiges auf den Weg gebracht worden. Malu Dreyer ist es aber nicht gelungen, innerhalb der SPD eine Allianz gegen Fluglärm zu schmieden. Viele Projekte sind auch daran gescheitert, dass SPD-Regierungschefs in NRW und Hamburg ihre Zustimmung verweigert haben. Da sind wir auch ziemlich enttäuscht. Als es beim Terminal 3 die Grundsteinlegung gab, wurde dies von der hessischen SPD bejubelt. Aus Rheinland-Pfalz gab es hierzu keine Reaktion von den Sozialdemokraten. Von CDU und FDP ist ohnehin nichts zu erwarten. Zufrieden sind wir mit der Arbeit der Mainzer Grünen-Bundestagsabgeordneten Tabea Rößner, die sich insbesondere auch des Themas Ultrafeinstaub angenommen hat. Ansonsten muss der Druck auf die Politik über „die Straße“ kommen. Auch darum schließen wir uns den Klimaschutzbewegungen an.