Der Korruptionsprozess gegen den Frankfurter Ex-Oberbürgermeister steht kurz vor dem Abschluss - und inzwischen ist auch klar, wann ein Urteil fällt.
Frankfurt. Nächster Verhandlungstag im Prozess gegen den mittlerweile abgewählten Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD): Vor Beginn am Mittwochmorgen war noch unklar, ob auch schon an diesem Tag das Urteil fällt - das ist inzwischen vom Tisch. Stattdessen ist es nun am Freitag soweit, um 10 Uhr soll das Urteil gesprochen werden, hieß es.
Die zwischenzeitliche Verwirrung und längere Unsicherheit, ob der Prozess noch rechtzeitig vor Weihnachten abgeschlossen wird, passt in gewisser Hinsicht zum Verlauf, den das gesamte Verfahren genommen hat. Dem Politiker, der sich seit dem 18. Oktober vor der Wirtschaftsstrafkammer des Frankfurter Landgerichts verantworten muss, wird Vorteilsannahme im Amt (vulgo: Korruption) vorgeworfen, weil seine damalige Lebensgefährtin Zübeyde Temizel trotz mangelnder Berufserfahrung einen überbezahlten Job samt Dienstwagen bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) bekommen und die Awo darüber hinaus Feldmann im OB-Wahlkampf unterstützt hatte. Im Gegenzug soll dieser den Sozialverband in seiner Amtsführung wohlwollend berücksichtigt haben, so die Anklage.
Die Staatsanwaltschaft, die sich auf zahlreiche Indizien stützt und mehr als den Eindruck von Gefälligkeiten nachgewiesen sieht, hatte vergangenen Mittwoch eine Geldstrafe von 31.500 Euro gefordert, aufgeteilt in 140 Tagessätze zu je 175 Euro. Folgte das Gericht dieser Forderung, wäre Feldmann vorbestraft; dies gilt ab einer Strafe von 90 Tagessätzen. Zunächst stand am Mittwoch die Fortsetzung des Plädoyers von Feldmanns Anwalt David Hofferbert an. Der Verteidiger konnte seinen Schlussvortrag vergangene Woche aus zeitlichen Gründen nicht mehr beenden – ungewöhnlich für ein Strafverfahren dieses Ranges. Zuvor hatte sein Kollege Christian Graßie in seinem Plädoyer Freispruch gefordert. Die Anklage konstruiere aus dem biografisch bedingt engen Verhältnis Feldmanns zum Ehepaar Hannelore und Jürgen Richter, den ehemaligen Awo-Geschäftsführern der Kreisverbände Wiesbaden und Frankfurt, eine Unrechtsvereinbarung und Korruption.
Die Beweisaufnahme wurde in der vergangenen Verhandlung geschlossen, obwohl Feldmann selbst kurzfristig noch mehrere Anträge einreichte, um vermeintliche Entlastungszeugen zu laden oder deren polizeiliche Vernehmungsprotokolle verlesen zu lassen. Generell überraschte der Angeklagte seine Verteidiger ein ums andere Mal. Am dritten Verhandlungstag sagte der damals noch amtierende Frankfurter OB kurzfristig krankheitsbedingt ab: „Psychischer Ausnahmezustand” stand im Attest – offenbar hatte Feldmann die Reaktionen auf seine in der Sitzung zuvor verlesene Erklärung unterschätzt.. Darin ging er auf Distanz zu seiner späteren Ehefrau Zübeyde, charakterisierte das Verhältnis als problematisch und gab an, zur Abtreibung geraten zu haben, als sie schwanger war. Anschließend bat er bei seiner Tochter via Facebook-Post um Entschuldigung.
Ein anderes Mal tauchte Feldmann erst mit mehr als 30 Minuten Verspätung im Gericht auf; schuld sei ein verspäteter Flug gewesen, gab er zerknirscht bekannt – zum offensichtlichen Verdruss seiner Verteidiger. Von denen einer, Staranwalt Ulrich Endres, übrigens nach der folgenschweren Erklärung zu privaten Details das Handtuch warf. Mit der Empörung über diese Erklärung erklären sich manche politischen Beobachter in Frankfurt auch die relativ hohe Beteiligung beim Bürgerentscheid am 6. November, also während des laufenden Prozesses, zur Abwahl des Oberbürgermeisters. Denkwürdig waren auch die Zeugenaussagen Hannelore Richters vor dem Landgericht, die aus zeitlichen Gründen an zwei Tagen erschien: Einerseits tat sie ihr Möglichstes, Feldmann (und damit letztlich auch sich selbst) zu entlasten. Andererseits ließ sie nichts unversucht, den einstigen politischen Weggefährten zu demütigen. Er sei ein Schürzenjäger und in seinen beiden Jobs für die Awo nicht sehr talentiert gewesen, gab sie zu Protokoll. Trotzdem habe man ihm eine Rückkehrgarantie gegeben. Als er ihr damals verkündet habe, dass er als OB-Kandidat antreten werde, habe sie zum ihm gesagt: „Du Würstchen wirst nie gewählt!“
Hannelore Richters Ehemann Jürgen und Zübeyde Feldmann, die mittlerweile in Trennung von ihrem Ehemann lebt, hatten beide früh signalisiert, nicht als Zeugen vor Gericht aussagen zu wollen, um sich als gesondert verfolgte Beschuldigte nicht selbst belasten zu müssen. Im Laufe der bislang insgesamt zehn Verhandlungstage wurde zunehmend deutlich, dass die Beteiligten nun zu einem Ende kommen wollen – bis auf den Angeklagten, der bereits vor Prozessbeginn bekannt gegeben hatte, dass er sich von dem Verfahren eine Entlastung von allen Vorwürfen erwarte. In Erinnerung blieb ebenfalls, dass vom ehemaligen langjährigen Personalchef über die einstige Vorstandsvorsitzende und Mitglieder des Betriebsrats keiner Einblick oder Einfluss auf Entscheidungen Richters oder anderer Protagonisten der Awo-Affäre gehabt haben will. „Bei der Awo war alles möglich“, fasste es der Ex-Personalchef zusammen.