Es fährt ein Zug nach Irgendwo: Mit der Vlexx nach dem Unwetter ins südhessische Hinterland
Dass am Dienstagnachmittag der Frankfurter Hauptbahnhof wegen eines schweren Unwetters über dem Rhein-Main-Gebiet vorübergehend seinen Betrieb einstellt: geschenkt. Dass es im Nachgang an die halbstündige Sperrung zu erheblichen Verspätungen oder gleich Zugausfälle kommt: auch geschenkt. Kann es im Feierabendverkehr noch schlimmer kommen? Ja: kann es.
Von Dominic Schreiner
Ein vlexx-Zug. Foto: Isabel Mittler
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GLOSSE - Dass am Dienstagnachmittag der Frankfurter Hauptbahnhof wegen eines schweren Unwetters über dem Rhein-Main-Gebiet vorübergehend seinen Betrieb einstellt: geschenkt. Dass es im Nachgang an die halbstündige Sperrung zu erheblichen Verspätungen oder gleich Zugausfällen - auch und vor allem auf der Strecke Frankfurt-Mainz - kommt: auch geschenkt. Kann es im Feierabendverkehr noch schlimmer kommen? Ja: kann es.
Denn als sich endlich der Regionalexpress 29650 der privaten Bahngesellschaft Vlexx gegen 18.20 Uhr in der Mainmetropole mit Zwischenziel Mainz in Bewegung setzt, kann noch keiner der Passagiere in dem sehr vollen Zug ahnen, dass er gleich eine Reise durchs südhessische Hinterland erleben wird. "Nächster Halt: Mainz." Von wegen. Ein Ausflug ohne Ansage.
Zunächst nimmt der Zug eine Strecke, die schon bald nicht dem üblichen Verlauf entspricht. Eine Ansage durch den Zugführer gibt es nicht, die Zugbegleiter haben sich unsichtbar gemacht. Oder sind nicht an Bord. Statt über Frankfurt Flughafen führt die Reise über Mörfelden. Naja.
Warum diese Strecke?
Nach Angabe des Eisenbahnunternehmens Vlexx, das die Infrastruktur (wie etwa die Schiene) von der Deutschen Bahn (DB) nur mietet, „entscheidet die Betriebszentrale der DB, wo wir lang fahren dürfen und wo nicht“. Der betroffene Zug sei gezwungen gewesen, von Frankfurt nach Mainz über Dornheim zu fahren. Auf der üblichen Route hätten nach dem schweren Unwetter Bäume auf den Schienen gelegen, die Fahrt über gerade diese Ausweichstrecke sei nicht freiwillig erfolgt.
Bei der DB in Frankfurt hingegen heißt es dazu: „Die Unternehmen sind dafür selbst verantwortlich. Neue Dispositionen werden von unserer Betriebszentrale immer in Absprache mit ihnen getroffen.“ Die Disponenten hätten dabei stets die „Betroffenheit und Sicherheit der Fahrgäste“ im Auge.
Stopp auf freiem Feld - und zurück
Rund 50 Minuten dauert die Fahrt schon, als die Bahn Riedstadt-Goddelau durchquert (kennen die wenigsten, liegt irgendwo im Rheingraben - aber nur noch zehn Kilometer bis Darmstadt). Plötzlich: Stopp auf dem freien Feld, kein Bahnhof in Sicht. Interessiert sehen die Passagiere des Regionalexpress' dem Zugführer dabei zu, wie er die komplette Länge des Zugs im Schotter abläuft, am anderen Ende wieder einsteigt. Und dann setzt sich der Zug in der Gegenrichtung wieder in Bewegung.
Informationen? Fehlanzeige. Zugführer und Lautsprecheranlage schweigen. Beharrlich. Ab und an kommt vom Band: "Der vor uns liegende Streckenabschnitt...". Das muss reichen.
Dann Dornheim (Kreis Groß-Gerau, 4509 Einwohner). Kannte man auch noch nicht. Jetzt schon. Die Zeit vergeht. Langsam klingen die Namen auf den Bahnhofsschildern wieder bekannter. Bischofsheim. Klingt gut. Und vor allem so vertraut. Dann noch schnell eine kleine Schleife um Mainz herum. Mainz!
Und am Ende? Großzügig bemessen mindestens 115 Minuten Verspätung. Eine Einfahrt in den Mainzer Hauptbahnhof in Richtung Frankfurt, also genau entgegensetzt zur üblichen. Und die Erkenntnis, dass auch das südhessische Hinterland pittoreske Landschaft zu bieten hat. Die man nach Feierabend auch mal mit dem Zug erkunden kann.