Erster Abschnitt des Radschnellwegs von Frankfurt nach Darmstadt eröffnet
Vier Meter breit und mit wunderbar glatter Oberfläche: Zwischen Egelsbach und Wixhausen fühlt man sich wie im Radfahrparadies.
Von Rainer H. Schlender
Leitung Reporter Rhein-Main/Südhessen
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
EGELSBACH - Die schlechte Nachricht zuerst: Es gab schon die ersten Staus auf Hessens erstem Radschnellweg. Bis zu 600 Radler an einem Tag wurden auf dem Abschnitt zwischen Egelsbach und Darmstadt-Wixhausen gezählt, noch bevor er für den Verkehr freigegeben war. Das holten am Donnerstag Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) und zahlreiche Vertreter von Kommunen und Verbänden nach, die zum Gelingen des Leuchtturmprojekts beigetragen haben.
Jetzt also ist das erste Teilstück der Expressroute fertig, die einmal Frankfurt mit Darmstadt verbinden und möglichst viele Autofahrer dazu bewegen soll, aufs Rad umzusteigen. Gut dreieinhalb Kilometer ist die Strecke lang. Sie beginnt am südlichen Stadtrand von Egelsbach und endet vorerst an einem Brombeergestrüpp im Norden Wixhausens. Dazwischen liegt ein Radfahrparadies. Zwar sieht die Streckenführung an manchen Stellen aus, als habe der zuständige Vermessungsingenieur Schluckauf gehabt. Dass sie nicht schnurgerade entlang den Gleisen der Main-Neckar-Bahn verläuft, erhöht aber ihren Charme und trug vermutlich dazu bei, dass sie in der vergleichsweise kurzen Bauzeit von acht Monaten fertiggestellt werden konnte: Von Lichtgeschwindigkeit sprach Al-Wazir. In diesem Zusammenhang sangen alle Festgäste Hymnen auf den Kelsterbacher Bürgermeister Manfred Ockel (SPD), der als Geschäftsführer der Regionalpark-Gesellschaft Südwest Planung und Bau des Radschnellwegs steuert und mit einem ausgeprägten Sinn für praktische Lösungen das Pilotprojekt vorangebracht hat.
"Radfahren ist Mode"
"Radfahren ist in Mode", stellte Rouven Kötter vom Regionalverband Frankfurt/Rhein-Main fest und fügte hinzu: "Wir müssen dafür sorgen, dass es keine kurzlebige Mode bleibt." Minister Al-Wazir nimmt den Schnellweg als Beweis dafür, dass in Hessen über die Förderung des Radverkehrs nicht nur geredet werde, sondern man auch vorankomme. "Das Rad muss wieder zum Alltagsverkehrsmittel werden", forderte er und kündigte an: "Der Innenraum in den Städten muss neu vermessen und neu verteilt werden." Soll heißen: Autos müssen Platz machen, damit Wege geschaffen werden können, auf denen Fußgänger und Radfahrer sicher und schnell vorankommen.
Dreieinhalb Kilometer ist das erste Teilstück des neuen Radschnellwegs lang, das am Stadtrand von Egelsbach beginnt. Foto: Guido Schiek
Das ist an den meisten Tagen auf dem neuen Radschnellweg kein Problem: Er ist vier bis fünfeinhalb Meter breit und hat eine wunderbar glatte Oberfläche. 70 LED-Leuchten stehen an der Strecke, damit sie auch nachts gefahrlos zu befahren ist; schräg montierte Abfallkörbe recken sich den Radlern entgegen, und für den Pannenfall gibt es eine überdachte Servicestation mit Luftpumpe und Werkzeug.
"Radverkersanlagen" in jämmerlichen Zustand
Nach den Worten Ockels beginnen jetzt die Ausschreibungen für den Weiterbau der Strecke: im Norden nach Langen und im Süden zum Bahnhof Wixhausen. Bis zum Jahr 2022 soll der insgesamt 30 Kilometer lange Radschnellweg fertig sein. Rund 43 Millionen Euro wird er dann gekostet haben, wovon lediglich ein Fünftel von den beteiligten Kommunen getragen werden muss. Den Rest übernimmt das Land Hessen.
Wer sich heute vom jetzigen Endpunkt der Route auf den Weg in die Darmstädter Innenstadt macht, bekommt einen sinnlichen Eindruck davon, wie nötig die Radwege-Offensive ist, die Verkehrsminister Al-Wazir ausgerufen hat. Denn die bestehenden "Radverkehrsanlagen" sind überwiegend in einem jämmerlichen Zustand. Wer wissen will, wo die Hindernisse für eine "Verkehrswende" zu suchen sind: Genau hier.