Rechnungshof: VG Rhein-Selz hat in Oppenheim nicht genau genug hingeschaut
Die Stadt Oppenheim kommt im Berichtsentwurf des Landesrechnungshofes wahrlich nicht gut weg, der Verbandsgemeinde Rhein-Selz ergeht es allerdings nicht besser. Auf 17 Seiten, die die VG betreffen und die der AZ vorliegen, zählen die Prüfer eine ganze Reihe von Versäumnissen auf, die insbesondere die mangelhaft ausgeübte Kontrollfunktion der VG über die Stadt Oppenheim zum Inhalt haben.
Von Ulrich Gerecke
Reporter Politikredaktion
Das Rathaus in Oppenheim. Foto: Stadt Oppenheim
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VG RHEIN-SELZ - Die Stadt Oppenheim kommt im Berichtsentwurf des Landesrechnungshofes wahrlich nicht gut weg, der Verbandsgemeinde Rhein-Selz ergeht es allerdings nicht besser. Auf 17 Seiten, die die VG betreffen und die der AZ vorliegen, zählen die Prüfer eine ganze Reihe von Versäumnissen auf, die insbesondere die mangelhaft ausgeübte Kontrollfunktion der VG über die Stadt Oppenheim zum Inhalt haben.
Im Kern sagt die Behörde in Speyer: Die VG muss die Verwaltungsgeschäfte für verbandseigene Gemeinden führen (Paragraf 68 Gemeindeordnung) und als Hüter der Einheitskasse auch die dafür erforderlichen Geldmittel freigeben. Und genau dabei sei so einiges schief gelaufen. Als Beispiele nennen die Rechnungsprüfer unter Ziffer 2.6 Grundstücksgeschäfte der Stadt Oppenheim im Krämereck Süd, die Touristik GmbH und Vergabeverfahren. Zum Teil hätten Akten gefehlt, zum Teil habe sich die Stadt bei ihrem Tun quasi verselbstständigt: „Der Sachverstand der ,professionellen‘ Verwaltung wurde nicht genutzt. Dies führt zu Fehlern im Verwaltungshandeln.“ Die eigenständige Aufgabenwahrnehmung durch die Stadt sei „rechtswidrig und auch wirtschaftlich bedenklich“ sowie „fehleranfällig“ gewesen.
Haken dran – obwohl wichtige Infos fehlten
Konkret habe die VG Auszahlungen der Stadt angewiesen, nur weil der Stadtbürgermeister auf Rechnungen sein „ok“ gezeichnet habe, ohne die zu Grunde liegenden Sachverhalte auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu prüfen. An einem Punkt schreibt der Rechnungshof über die Auszahlung einer Maklercourtage im Krämereck Süd: „Die Voraussetzungen für die Anordnung der Zahlungen lagen in Einzelfällen nicht vor. ... Ein zuständiger Sachbearbeiter der Verbandsgemeinde hatte darauf hingewiesen, zeichnete aber dennoch nach Anweisung ,sachlich und rechnerisch‘ richtig.“
Geschäftsschädigend?
Als „fast schon geschäftsschädigend“ bezeichnet Geschäftsführer Stefan Lösch von MAP Consult Passagen des Landesrechnungshofberichts, in denen auf die Arbeiten seiner Firma für die Stadt Oppenheim im Rahmen der Altstadtsanierung Bezug genommen wird.
Lösch betont, er sei seit 2000 für die Stadt tätig. Die angeblich ohne Ausschreibung an ihn vergebenen Aufträge in Höhe von 684.000 Euro seien keineswegs eine Summe von Einzelaufträgen, sondern im Rahmen eines jederzeit kündbaren, kontinuierlich erneuerten Beratervertrages entstanden. Umgerechnet 40.000 Euro pro Jahr seien „sicherlich nicht übertrieben“ und würden zudem zu 80 Prozent aus Bundes- und Landesmitteln gefördert, auch das Verfahren sei ein absoluter „Normalfall“. Nichts mit MAP Consult habe zudem ein Dienstleistungsvertrag für Instandhaltungsmaßnahmen in Höhe von überschlägig 77_000 Euro zu tun, auf den der Bericht ebenfalls kritisch Bezug nimmt.
Auch der frühere SPD-Stadtrat Torsten Kram ist nicht glücklich, dass sein Name in der Antwort der Stadt zum Landesrechnungshofbericht auftaucht – und zwar als angeblicher Ehrenringträger. Er habe die Auszeichnung nicht bekommen, weil er sein Amt 2004 nach elf Jahren abgegeben habe, als er Beigeordneter der Alt-Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim wurde. Den Ehrenring gibt es erst ab 15 Jahren Stadtratszugehörigkeit.
Die Alternative Liste Oppenheim (AL) forderte von Stadtbürgermeister Marcus Held (SPD) erneut die komplette Offenlage des Berichts im Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt, der am Mittwochabend wieder tagt.
Die VG bekommt zudem – wie die Stadt – aufs Brot geschmiert, zu viele Beigeordnete und Beauftragte zu beschäftigen. Im Vergleich zu anderen VGs (namentlich Montabaur) kommt der Rechnungshof nach dem „Prinzip des organisatorischen Minimums“ zu der Schluss, die VG Rhein-Selz könne mindestens einen Beigeordneten einsparen, wenn VG-Bürgermeister Klaus Penzer (SPD) drei statt zwei Fachbereiche übernähme. Vier Beigeordnete für sechs Fachbereiche seien „nicht erforderlich“.
Zu viel Personal, kein Nachweis über inhaltlichen Ertrag
Bei den sechs VG-Beauftragten (Kosten im Jahr 2016: 50.400 Euro) ergibt sich dasselbe Bild: zu viel Personal, kein ausreichender Nachweis über den inhaltlichen Ertrag und den tatsächlichen Zeitaufwand. Insbesondere die „Ämterfülle“ des Hallenbad-Beauftragten Held wird hier als Kritikpunkt angenommen: Es sei „ausgeschlossen, dass dieser für seine Aufgabe als Schwimmbadbeauftragter eine seiner Aufwandsentschädigung auch nur annähernd entsprechende Zeit aufbringen kann“. Zudem ist die Rede von veralteten Dienstanweisungen und einer seit der Fusion 2014 nicht geprüften Kasse.
Penzer hat die Stellungnahmen der VG zu all diesen Vorwürfen nach Speyer geschickt. Hinter den Kulissen wird in der VG derweil moniert, dass die Behörde sich in Belange der kommunalen Selbstverwaltung einmische (O-Ton: „Das geht den Rechnungshof gar nichts an“). Wenn Speyer obendrein sogar kleinste pauschale Aufwandsentschädigungen für Feuerwehrgerätewarte (zwischen 200 und 300 Euro im Monat) in Zweifel ziehe, sei das alles ein „Bärendienst am Ehrenamt“, sagt ein Politiker.
Auch der nichtöffentliche Beschluss der Stadt Oppenheim vom 15. August, bei Bedarf einen Anwalt mit der Prüfung des Rechnungshofberichts zu beauftragen, taucht in dem Papier aus Speyer auf. Der Beschluss, der später auf Betreiben der Kommunalaufsicht später ausgesetzt wurde, sei mit Blick auf die leere Stadtkasse „ein evidenter Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot“. Kritiker wiederum fragen: „Heißt das, nur noch reiche Kommunen dürfen sich einen Anwalt nehmen?“ Wie immer in Oppenheim: ein Sachverhalt, viele Sichtweisen.