Reaktionen auf Grundstücksdeal: Es wird einsam um Marcus Held in Oppenheim und der VG
Von Ulrich Gerecke
Reporter Politikredaktion
Nicht mehr ziemlich beste Freunde: Marcus Held (links) und Thomas Günther, Stadtbürgermeister zu Oppenheim und Nierstein. Archivfoto: Norbert Kessel
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OPPENHEIM/VG RHEIN-SELZ - Nach den neuesten Enthüllungen dieser Zeitung über ein privates Grundstücksgeschäft von Marcus Held (SPD) gehen politische Weggefährten in Scharen auf Distanz zum Oppenheimer Stadtbürgermeister. Genossen auf allen Ebenen überschlugen sich am Montag und Dienstag mit mahnenden Worten und Rücktrittsforderungen in Richtung des derzeit krankgeschriebenen Bundestagsabgeordneten (siehe Rheinland-Pfalz-Seite). Am Freitagabend tagt die SPD-Fraktion im Verbandsgemeinderat Rhein-Selz (siehe Interview Seite 11). Auch dort ist eine klare Positionierung zu erwarten. Fazit: Es wird einsam um Marcus Held.
Thomas Günther ist zwar kein Parteifreund von Held, aber der CDU-Stadtbürgermeister von Nierstein und Fraktionsvorsitzende im VG-Rat hatte seinen Kollegen lange verteidigt. Seit Montagabend ist es auch damit vorbei. „Er muss jetzt zurücktreten, das ist für mich nicht mehr hinnehmbar“, sagte Günther nach der Sitzung des Ältestenrates. Wenige Stunden zuvor hatte diese Zeitung exklusiv berichtet, dass der Bundestagsabgeordnete Held bei einem privaten Grundstücksgeschäft in Oppenheim einen möglicherweise sechsstelligen Gewinn eingestrichen hatte: Ankauf für 367 000 Euro, Verkauf für 747 500 Euro an die gemeinnützige Organisation Zoar.
Da war auch für Günther das Maß voll und eine rote Linie überschritten: „Ich war schockiert, als ich das gelesen habe, das ist für mich unfassbar. Die heute bekannt gewordenen Vorwürfe sind so schwerwiegend, dass hier schnellstens Konsequenzen gefordert werden müssen. Es geht nicht, dass ein Bürgermeister ein Grundstück erwirbt, dieses Grundstück vom Gewerbegebiet in ein Mischgebiet umwandeln lässt und dann dieses Grundstück zum doppelten Preis weiterverkauft.“
ESKALATION
„Entsetzt“ zeigte sich die Sprecherin der Grünen Rhein-Selz, Christina Bitz, über die neuen Vorwürfe gegen Marcus Held. „Wenn er sich persönlich bereichert hätte, wäre das eine noch höhere Eskalationsstufe.“
„Erstaunlich“ sei es zudem, dass die SPD Oppenheim Held weiter die Stange halte. Das habe man gerade erst bei ihrem Votum zum Erhalt der umstrittenen städtischen Beauftragten erkennen müssen.
Helds Grundstücksdeal mit Zoar stelle für ihn einen „Insiderhandel“ und „persönliche Bereicherung“ dar. Er selbst, versicherte Günther übrigens unaufgefordert, habe in seinen fast 20 Amtsjahren in Nierstein „in keinster Weise auch nur annähernd solche Geschäfte getätigt oder zugelassen“. Als „besonders schäbig“ bezeichnete Günther, dass Helds Geschäft „unter dem Deckmantel sozialen Engagements und mit dem Touch sozialer Gesinnung“ über die Bühne gegangen sei. Mit diesem Verhalten habe Held der gesamten ehrenamtlichen Kommunalpolitik massiven Schaden zugefügt.
Auch CDU-Rhein-Selz-Verbandschef Matthias Schäfer, sonst mit Günther längst nicht immer auf einer Linie, schloss sich der Rücktrittsforderung an: „Es ist mittlerweile unerträglich, fast jeden Tag treten neue Erkenntnisse zutage.“ Helds Verhalten sei „ethisch und moralisch nicht verantwortbar“, entspreche nicht seiner Vorbildfunktion und schade ehrenamtlicher Politik in Gänze.
Im Oppenheimer Rathaus äußerte sich Helds „Statthalter“, der Zweite Beigeordnete Helmut Krethe (parteilos), am Dienstag auf AZ-Anfrage deutlich zurückhaltender, aber für seine Verhältnisse durchaus unmissverständlich: „Ich habe Herrn Held gebeten, offensiv mit dem Thema umzugehen und der Bevölkerung darzulegen, wie viele Euro er selbst in die Immobilie investiert hat und ob der Verkaufspreis im Lichte seiner getätigten Investition angemessen ist.“
Liberale nennen SPD-Kurs „zynisch und verlogen“
Die Vorsitzende der FDP Rhein-Selz, Stephanie Steichele-Guntrum, schoss sich derweil auf die „Fahnenflüchtigen“ in der SPD ein: „Warum haben die SPD-Granden im Land bislang geschwiegen und Held gewähren lassen? Warum haben ihn die ,Parteifreunde‘ nicht beraten und mit ihm wahrnehmbare Wege aus der für ihn, die Stadt Oppenheim und die SPD misslichen Lage gesucht?“
Namentlich attackierte Steichele-Guntrum die Wormser SPD-Landtagsabgeordnete Kathrin Anklam-Trapp, die sich beim SPD-Neujahrsempfang in Oppenheim noch demonstrativ hinter Held gestellt hatte. „Jetzt, wo er sich bewegungsunfähig in einer Sackgasse befindet, jetzt kommen sie aus der Deckung“, kritisiert die FDP-Chefin – dieses Verhalten sei „zynisch und verlogen“, quasi ein „Dolchstoß“. Held hätte viel früher mit offenen Karten spielen müssen, aber „dass seine ,Parteifreunde‘ denselben, verantwortungslosen Stil pflegen und nun lediglich versuchen, ihre eigene Haut zu retten, ist beschämend.“