VG RHEIN-SELZ - „Hier hat jemand einen Riesenschaden angerichtet, bewusst und vorsätzlich“, ist Klaus Penzer überzeugt. Seit Wochen fahndet der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Rhein-Selz nach einem „Maulwurf“ in seinem Haus, der interne Grundstücksdokumente verraten hat, die in einem anonymen Dossier gegen den Oppenheimer Stadtbürgermeister Marcus Held aufgetaucht waren. Darin geht es um Vorteilsnahme, Untreue und Vetternwirtschaft zulasten der Stadt im Neubaugebiet Krämereck Süd – brisante Vorwürfe, die seit Wochen Schlagzeilen produzieren.
Und nun also auch noch der Vorwurf des Datenverrats.
Ob er nach der hausinternen Prüfung den „Maulwurf“ kenne, hat Penzer auch am Mittwoch nicht gesagt – geschweige denn Namen. Allerdings hat er den Druck auf den oder die Verdächtigen erhöht, sich zu stellen. Wie Penzer ankündigte, werde der Anwalt der VG demnächst eine Anzeige bei der Mainzer Staatsanwaltschaft einreichen. Diesen Auftrag habe er am Dienstag erteilt, der Vorwurf lautet auf Verletzung des Datengeheimnisses nach Paragraf 8 des Landesdatenschutzgesetz sowie ähnlicher Artikel im Strafgesetzbuch.
Penzer war in den vergangenen Tagen selbst unter Druck geraten, sogar Parteifreunde forderten eine schnellere und konsequentere Suche nach dem Leck im eigenen Haus. Penzer verwies dagegen am Mittwoch noch einmal darauf, dass er die besagten Dokumente erst am 6. April erhalten habe, einen Tag vor seinem Urlaub. Er habe daraufhin umfangreiche Kontrollen veranlasst, auch im Urlaub Kontakt zu den beauftragten Mitarbeitern gehalten.
Staatsanwaltschaft soll sich der Sache schnell annehmen
Jetzt gibt er den Druck in gewisser Weise weiter an die Mainzer Staatsanwaltschaft. Diese dürfe sich nun nicht mehr darauf zurückziehen, erst nach der laufenden Prüfung der Held-Dokumente durch den Landesrechnungshof aktiv zu werden. „Die Vorwürfe gegen Held sind unabhängig vom Datenklau bei der VG“, fordert Penzer nun eine schnelle Reaktion.
„Die Staatsanwaltschaft kann nun sehr zielgerichtet vorgehen, wenn sie nur will“, sagt der SPD-Mann weiter. Heißt das, er hat in seinem Bericht Beweise oder zumindest Indizien auf den „Maulwurf“ geliefert? Darauf wollte Penzer auf AZ-Anfrage nicht antworten. Er erklärte allerdings, man habe Kopien aus dem Held-Dossier mit Originalen verglichen. Und mehr noch: „Glücklicherweise lässt unsere Software Rückschlüsse zu, wer wann auf welche Daten des EDV-gestützten Kassensystems mit welchem PC zugegriffen hat.“
Tiefer lässt sich Penzer nicht in die Karten schauen, klar scheint allerdings: Hauptzielrichtung seiner Ermittlungen dürfte die Liegenschaftsabteilung sein, in der alle grundstücksrelevanten Unterlagen beheimatet sind. Diese untersteht dem noch bis 30. Juni amtierenden Ersten Beigeordneten Michael Stork (CDU), was den Vorgang politisch höchst pikant macht. Stork und Held sind nicht gerade beste Freunde, Stork und Penzer ebenfalls nicht. Stork selbst hat zu dem möglicherweise sein Ressort betreffenden Straftatbestand bisher geschwiegen. Wie diese Zeitung erfuhr, soll es in seinem Arbeitsbereich eine schriftliche Dienstanweisung geben, dass alle Dokumente zuerst über Storks Tisch gehen. Michael Reitzel, Chef der SPD-VG-Ratsfraktion, hatte bereits vor einer Woche mit Blick auf Stork von offenen Fragen gesprochen.
Held sieht sich unterdessen in seiner von Anfang an geäußerten Einschätzung bestätigt, dass es sich um einen „politisch motivierten Fall und Rufmord“ handelt. „Man hat etwas konstruiert, um mich im Vorfeld der Bundestagswahl unmöglich zu machen“, sagte Held am Mittwochnachmittag auf AZ-Anfrage. Er sei froh über die Recherchen von Penzer. „Ich habe auch selbst Nachforschungen anstellen lassen, deren Ergebnisse ich der Staatsanwaltschaft zur Verfügung stellen werde.“
Held verwahrt sich gegen Ablenkungsmanöver-These
Entschieden verwahrte sich Held gegen den Verdacht, er und seine Gefolgsleute hätten mit „VG-Leaks“ ein Ablenkungsmanöver inszenieren wollen: „Ich bin anonym beschuldigt worden und konnte mich dagegen nicht auf den üblichen Wegen wehren.“ Zudem hätten der Anonymus und seine Helfershelfer in der VG-Verwaltung nicht als Erstes die zuständige Kommunalaufsicht informiert, sondern ihr Dossier bundesweit an Medien gestreut.