Mit seinen 93 Jahren singt Ewald Pharo noch immer beim GV 1862 Undenheim
Von Marina Held
Reporterin Rheinhessen Süd
Ewald Pharo (erste Reihe, vierter von links) und die Sänger des GV 1864 Undenheim in den 1960er Jahren. Fotos: Archiv Pharo
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UNDENHEIM - Ewald Pharo sitzt in seinem Wohnzimmer in Undenheim, in der Ecke eine alte Hammond-Orgel, die Regalwand ziert eine beachtliche Reihe Pokale. Der Händedruck des 93-Jährigen: fest. Nicht weniger fest die Stimme, mit der er „Mein kleiner grüner Kaktus“ zum besten gibt. Er wippt mit den Füßen, dirigiert sich selbst. Ewald Pharo ist leidenschaftlicher Sänger. Die Stimme sein wichtigstes Werkzeug – sie hat ihm in seinen 80 Jahren als aktiver Sänger beim GV 1864 Undenheim viel Freude bereitet.
Das kleine Büchlein, das er 1937 bei seinem Eintritt in den Knabenchor feierlich überreicht bekam, existiert schon lange nicht mehr. Doch Uwe Bär, Vorsitzender des Vereins, bestätigt die Mitgliedschaft und berichtet: „Ich habe bei meinen Nachforschungen in ganz Deutschland keinen dienstälteren aktiven Sänger finden können. Ob dem letztendlich so ist oder nicht, sei dahingestellt. Aber 80 Jahre im Chor, das ist schon eine Hausnummer.“
Bis vor ein paar Monaten sang der 93-Jährige noch in den Männerchören in Biebelnheim und Ensheim. Aufgehört hat er nicht etwa des Alters wegen. Im Gegenteil: Beim Jahresabschlusskonzert seines langjährigen Chores, des GV 1862, im vergangenen Dezember habe er kurz innegehalten – überlegt, wie es mit ihm und dem Chor weitergehen soll. Ewald Pharos entschlossene Antwort: „Wenn die Gesundheit mitspielt, singe ich weiter.“
Ewald Pharo (erste Reihe, vierter von links) und die Sänger des GV 1864 Undenheim in den 1960er Jahren. Fotos: Archiv Pharo Foto:
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So bricht der 93-Jährige nach wie vor jede Woche zu den Proben ins benachbarte Gemeindehaus auf – und ist als dienstältester Sänger immer der Pünktlichste.
Als er 1937 mit 13 Jahren in den Knabenchor eintrat, tat er es dem Vater – selbst aktiver Sänger und damals Vorsitzender – gleich. „Von ihm konnte ich viel lernen, habe mir seine Stimme angehört, imitiert und angeeignet.“ Mit 18 Jahren folgte der Wechsel in den Männerchor – dann kam der Krieg.
Als Ewald Pharo wiederkehrte, war vieles anders. Der Vater trat zurück, in der Singstunde wurde ihm prompt der Vereinsvorsitz übertragen. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, in die er sich ohne Vorerfahrung, aber mit viel Ehrgeiz einarbeitete: „Ich war damals kein guter Redner. Aber ich habe mich eingefühlt und den Verein daraufhin 17 Jahre lang geleitet.“ Pharos Lebensmotto: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.“ Dem macht er noch immer alle Ehre. Was der Senior anpackt, hat Hand und Fuß.
Stolz deutet er auf ein Foto an der Wand. Darauf sind er und drei Kunstradturner in den 50er Jahren abgebildet – damals wurde er als Sattelmann mit seinem Team Südwestdeutscher und Deutscher Meister im Vierer-Kunstradfahren.
Eine „halbe Sache“ machte Ewald Pharo nur einmal. Mit seinem Sohn Egon Pharo züchtete er Doggen – eineinhalb Mal das Alphabet durch, also annähernd 40 Würfe. Sie verkauften Hunde nach Südafrika, Japan und Venezuela, bevor sie 1990 einen letzten Hund behielten – und die Zucht einstellten.
Ohne Stimmgabel den richtigen Ton finden
Auch im hohen Alter ist Ewald Pharo zu Erstaunlichem fähig „Er ist als einziges Chormitglied in der Lage, ohne Stimmgabel und nur mit Gehör zu dirigieren“, erzählt Uwe Bär. Was das heißt, verrät prompt eine kleine Kostprobe. Einmal die Tonleiter auf und ab – Pharo hält, was er verspricht. Bei Geburtstagsständchen, Beerdigungen oder wenn die Dirigentin krank ist, so Bär, springe er auch schon mal spontan ein. „Für mich ist Ewald Pharo ein lebendes Vorbild“, sagt der Vorsitzende. „Er verkörpert die alten Tugenden, ist ruhig, diszipliniert und pünktlich.“
Warum er denn nun aufgehört habe, in seinen anderen Chören zu singen? Ewald Pharo lächelt „Mir gefielen die englischen Lieder, die wir dort in den letzten 15 Jahren gesungen haben, nicht mehr so gut.“