Die Undenheimer Weinstube im Alten Brauhaus ist geschlossen
Die Wirtin Ingrid Naab sagt ihren vielen Stammgästen Lebwohl. Das prägnante Anwesen steht jetzt zum Verkauf.
Von Kirsten Strasser
Reporterin Rheinhessen
Ingrid Naab hinter der Theke ihrer Weinstube – ihr eigentliches Reich war aber die Küche.
(Archivfoto: hbz/Bahr)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
UNDENHEIM - Noch immer klingelt bei Ingrid Naab in schöner Regelmäßigkeit das Telefon. Dann sind Stammgäste am Apparat, die die Nachricht eben erst erfahren haben und es nicht glauben wollen: „Wie, Frau Naab, Sie haben zugemacht? Aber warum denn?“ Ingrid Naab lächelt. „Wenn ich ihnen dann sage, mit 80 Jahren darf man das, dann haben sie Verständnis.“
31 Jahre lang hat Ingrid Naab ihre „Undenheimer Weinstube im Alten Brauhaus“ geführt, doch Ende August war Schluss. Kein leichter Schritt für die gebürtige Undenheimerin, die mit Leib und Seele Wirtin war. „Mir blutet schon das Herz“, sagt sie, „ich habe es so gern gemacht.“ Doch jetzt stehen die Zeichen auf Veränderung. Das gesamte Anwesen – Lokal, Veranstaltungsräume und Gästezimmer, Wohnhaus und Keller – steht zum Verkauf. Ingrid Naab wird das alte Brauhaus, das 60 Jahre lang ihr Zuhause war, verlassen. „Aber in Undenheim, da bleibe ich.“
Was nun mit der Immobilie geschieht? Interessenten gebe es reichlich, berichtet die Undenheimerin, der Makler habe gut zu tun. Manche wollen mehrere Wohnungen aus dem Anwesen machen, andere die großzügigen Räumlichkeiten nutzen, um „Events“ anzubieten. Ingrid Naab freilich wäre es am liebsten, es fände sich ein Käufer, der die Gastronomie weiterführt. „Das wäre schön, und auch gut für Undenheim.“ Doch Hauptsache, das Brauhaus kommt in gute Hände, die den besonderen Geist des Altbaus zu schätzen wissen. „Ich habe es mit dem Verkauf nicht eilig und kann warten, bis die richtigen Leute kommen.“
Ingrid Naab hinter der Theke ihrer Weinstube – ihr eigentliches Reich war aber die Küche. Archivfoto: hbz/Bahr
Das Alte Brauhaus, das als Lokal, Veranstaltungsort und Zuhause diente, wird verkauft. Ingrid Naab hofft, dass das prägnante Anwesen in der Alzeyer Straße in gute Hände kommt. Foto: hbz/ Sämmer
2
Ingrid Naab war eine blutjunge Ehefrau, als sie in das Anwesen ihres Ehemannes einzog – da war es schon lange kein Brauhaus mehr. Ihr Mann war Landwirt und Winzer, die Zeiten wurden schwerer, ein zweites Standbein musste her. Ingrid Naab verbrachte einen schönen Abend in einer Harxheimer Weinstube, und das brachte sie auf die zündende Idee: „Das mache ich auch.“
Gesagt, getan – die patente Undenheimerin setzte ihren Plan, im Alten Brauhaus ihre eigene Weinstube zu öffnen, in die Tat um. „Mein Mann fand das gut, hat sich aber nicht eingemischt – das war von Anfang an meine Domäne.“ Das neue Lokal hatte in Rheinhessen offenbar gefehlt. „Der Betrieb ist vom ersten Tag an gelaufen ohne Ende“, erinnert sie sich. „Die Leute kamen sogar aus Bad Kreuznach.“
Am Anfang war die Speisekarte bescheiden, ein paar kalte Kleinigkeiten zum Essen standen drauf. „Aber schon nach acht Tagen haben die Leute gesagt, dass sie was Warmes wollen“, schmunzelt sie. Fortan stand Ingrid Naab als Köchin am Herd und zauberte leckere Speisen („Ich habe mir alles selbst beigebracht.“), zeitweise standen bis zu 50 Gerichte auf der Karte, allseits beliebt war ihr Cordon bleu. Was nicht heißen soll, dass sich die Köchin auf Lob und Lorbeeren ausruhte – „wir haben immer wieder Neues ausprobiert, unser Angebot weiterentwickelt“, erzählt sie. Natürlich wurde auch auf die Jahreszeiten geachtet: Im Herbst gab es Kürbis, an Weihnachten Gans.
Bis Ende August noch stand die 80-Jährige in der Küche, den Service managte ihre Cousine, auch sie von Anfang an dabei. Ziel war immer, dass die Gäste sich wohl, ja zu Hause fühlen durften. „Dann waren auch wir zufrieden.“
Quasi nebenher kümmerte sich die Seniorin auch um die sechs Gästezimmer, die vor allem dann genutzt wurden, wenn größere Feiern wie Hochzeiten ausgerichtet wurden. Das Alte Brauhaus verfügt über mehrere große Räume, den Saal für 150 Personen ließ noch Sohn Volker anlegen. Er sollte den Betrieb eigentlich übernehmen, doch er starb überraschend vor etwa zwei Jahren – ein schlimmer Schicksalsschlag für Ingrid Naab. Doch auch wenn sie derzeit von so vielem Abschied nehmen musste und noch muss – sie sieht positiv in die Zukunft. „Ich habe zwei Töchter, sechs Enkelkinder und sechs Urenkel“, erzählt sie stolz – die machen ihr viel Freude. Und sie freut sich, weil sie, als Wirtin, andere Menschen hat glücklich machen können.
Neulich erst hat sie einen Dankesbrief für viele schöne Stunden in der Weinstube bekommen, verfasst wurde er von ehemaligen Stammgästen, die Zeilen haben Ingrid Naab zu Tränen gerührt. „Dass jemand sich diese Mühe macht und so etwas Liebes schreibt ...“ Das hätte sie nicht für möglich gehalten.
Die Undenheimer Weinstube wird vielen fehlen, auch Ingrid Naab. Die Zeit lasse sich nicht zurückdrehen, sagt sie. Und hofft doch, dass das Alte Brauhaus eine gute Zukunft hat. Als Lokal, als Zuhause für eine neue Familie.