Ute Michalsky übergibt ihr Weinlabor an Jan und Thilo Ruzycki
Von Torben Schröder
Ute Michalsky, Thilo Ruzycki (l.) und Jan Ruzycki wollen auch künftig noch punktuell zusammenarbeiten. Foto: hbz/Michael Bahr
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NIERSTEIN/HAHNHEIM - Dr. Ute Michalsky muss laut lachen, als sie sich gemeinsam mit Jan und Thilo Ruzycki zum Pressefoto hinstellt. „Was ich wirklich vermissen werde, ist, dass ich nicht jeden Tag mehr Wein habe, als ich brauche.“ Zwei Dutzend Flaschen stehen auf dem lang gezogenen Tisch, dahinter eine ebenso lange Reihe von Geräten – sowie jede Menge Pipetten und kleine Gläschen. Im Weinlabor Dr. Michalsky, das seit Anfang März zum Hahnheimer WSB-Labor Ruzycki gehört, wird der Wein auf Herz und Nieren geprüft, und das seit 1978.
Weil sie gern mit ihrem Mann zusammenarbeiten wollte, kam die Ernährungswissenschaftlerin, die zuvor in einem Frankfurter Krankenhaus beschäftigt war, nach Nierstein. „Ich hatte die Grundlagen in der Lebensmittelchemie, er war Betriebsleiter in einem Weingut – da war das Labor naheliegend“, erzählt Michalsky, die nun, mit 68 Jahren, „aus Altersgründen“ ihren Betrieb abgibt. „Auf Wunsch“ einiger ihrer gut 350 Kunden bleibt sie noch für eine Übergangsphase mit an Bord, um Verkostungstermine zu übernehmen.
Aus den Augen verlieren wird sie ihren Betrieb in dem alten Gebäude der Niersteiner Winzergenossenschaft, in das Michalsky 2004 mit ihrem Labor gezogen war, nicht: Ihr Wohnhaus liegt direkt gegenüber. Von der Küche aus fällt der Blick direkt auf das neue Schild der Ruzyckis. Ob es da schwer wird, Abstand zu gewinnen? „Nein“, ist sie sicher, „ich gehe viel an die frische Luft, helfe bei der Tafel, gehe dreimal die Woche ins Fitnessstudio und mache weiter ehrenamtliche Weinverkostungen“. Außerdem könne man ja das Rollo runterlassen.
„Ich find’s gut, dass jetzt junge Leute da sind“, betont Michalsky, „die jungen Winzer haben einen anderen Sprachschatz und andere Vorstellungen“. Und die sind bei Jan und Thilo Ruzycki sehr konkret. Beide Standorte – am Klostermühlenhof in Hahnheim betreut der Familienbetrieb gut 250 Kunden – sollen bestehen bleiben. „Wir wollen investieren“, kündigt Jan Ruzycki an. Eine eigene Probierstube soll es geben, in dem die Winzer auch mal hinter verschlossener Tür beraten werden können. Denn neben den detaillierten Analysen von Alkohol- und Säuregehalt, Restzucker und Schwefel, Dichte und Nitratanteil bietet das Labor auch sensorische Bewertungen und Hilfestellungen an.
Beratung und Weinbehandlungsmittelverkauf prägen den Herbst, Analysen und Proben das Frühjahr. „Der Wein ist gelesen und gärt“, erzählt Jan Ruzycki, „kurz vor der Abfüllung kommt er dann bei uns vorbei.“ Die Werte, die bei den Winzern zwischen Mainz, Guntersblum und Stadecken-Elsheim in den Karten stehen, stammen oft aus dem WSB-Labor. „Die Kunden sind sehr lokal. Es ist quasi wie der Besuch beim Hausarzt“, sagt Jan Ruzycki, dessen Vater in Hahnheim vor 31 Jahren das Labor eröffnet hatte. Bereits in vierter Generation betreiben die beiden Oenologen Jan und Thilo Ruzycki auf 15 Hektar das Familienweingut, doch in Zukunft wird sich die Arbeitstätigkeit der beiden Brüder deutlich Richtung Labor verschieben. „Wir empfehlen nichts, was wir nicht zu Hause im eigenen Betrieb auch machen würden“, betont Jan Ruzycki.
Kunden vom VdP-Betrieb bis zum Fassweinabfüller
Der Kundenkreis reicht vom VDP-Betrieb bis zum Fassweinabfüller. Das Labor hat Anerkennungen von der Landwirtschaftskammer und vom Amt, um die für Qualitätsweine vorgeschriebenen Analysen durchzuführen. „Den chemischen Teil machen wir, das Sensorische macht die Landwirtschaftskammer“, berichtet Jan Ruzycki. Die Analysetechnik hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gewandelt: „Der Trend geht zum Analysevollautomaten.“
Die Herausforderung bestehe vor allem in der Beratung der Winzer, „im Feintuning, im letzten Herauskitzeln der Qualität“. Die hat sich bekanntlich in Rheinhessen in Breite wie Spitze deutlich verbessert. Die Weinlabore der Ruzyckis und Ute Michalskys hatten und haben ihren Anteil daran.