Schwabsburger Klaus Schmitt stellt sich gegen die Offroadstrecke

SCHWABSBURG - „Einer muss es ja machen.“ Klaus Schmitt ist sich sicher: Hätte er nicht den Schritt gewagt und gegen die Pläne des Rhein-Selz-Parks geklagt, dann würden jetzt wohl sechs Tage die Woche von früh bis spät Motorcrossmaschinen die Ruhe in Schwabsburg stören. Es wäre das Ende der Idylle gewesen, die den selbstständigen Berater für Zahnarztpraxen vor zehn Jahren in den Niersteiner Vorort getrieben hat. Seit drei Jahren zieht sich der Protest nun, der Unmengen an Zeit gekostet habe und – Stand jetzt – doch von Erfolg gekrönt ist. Der ursprüngliche Bebauungsplan ist gekippt. Etwas, das in Genehmigungsverfahren eher selten gelingt.

Ohne Risiken war der Einsatz des aus Franken stammenden Betriebswirts nicht. Rund 40 000 Euro kostete der Rechtsstreit um die Zukunft des Rhein-Selz-Parks bisher. Finanziert auch mit Mitteln aus den Reihen der Unterstützer. Doch Klaus Schmitt wäre auch bereit gewesen, diesen Preis aus eigener Tasche zu zahlen. „Hätte ich es nicht getan, wäre ich mir vorgekommen wie jemand, der die Gefahr erkennt und nicht den Arsch in der Hose hat, etwas dagegen zu tun“, sagt Schmitt. Sein Ansporn: die Ungerechtigkeit. Genau das wäre es laut Schmitt nämlich, wenn unter dem Einzelinteresse des Investors über 1000 Menschen hätten leiden müssen. Von der Gegenseite – die einem Tag für Tag über den Weg laufen kann – als egoistischer Wutbürger bezeichnet zu werden, ist ihm die Sache wert.

Erst recht, weil der 69-Jährige und seine Frau Iris auch einiges gewonnen haben. Nicht nur den Prozess vor dem Bundesverwaltungsgericht, dessen Urteil dem ursprünglichen Bebauungsplan den Sargnagel verpasst hat. Sondern auch neue Freunde. „Wir sind ein Teil Niersteins geworden“, sagt Schmitt. Obwohl die Offroadstrecke noch nicht ganz vom Tisch ist. Doch Klaus Schmitt versichert: „Wir werden nicht müde.“ Ganz gleich welche Täler es noch zu durchschreiten gebe. Und Täler habe es in dem kräftezehrenden Streit um die Offroadstrecke einige gegeben.

Sommer 2016: Klaus Schmitt sitzt auf seiner Terrasse. Genießt den Blick aus seinem Garten über die Landschaft hinter seinem Haus. Er wohnt am Ortsrand. Blickt über Felder und Baumstreifen. Nur eine Sache stört die Idylle seines gewählten Domizils. Das Gejaule der Motorcrossmaschinen, die im Rhein-Selz-Park lautstark ihre Bahnen ziehen. Nicht nur Klaus Schmitt stören die Motorengeräusche. Über Wochen hätten sich die Bürger immer wieder über den Krach beschwert, sagt Schmitt. Was keiner wusste: Es hätte noch viel mehr Lärm werden können.

Einen eigenen Offroadpark hatte der Investor und Besitzer des Geländes der ehemaligen amerikanischen Kaserne geplant. Sechs Tage die Woche von früh bis spät sollte hier gefahren werden. Der Bebauungsplan lag gerade in der formalen Offenlage, als die Schwabsburger die Geräusche aus dem Gebiet wahrnahmen. An einem freien Tag sei Schmitt in die Verwaltung gefahren, um sich die Unterlagen anzuschauen. Und war wie vom Blitz getroffen. Mehr Verkehr, mehr Nutzer der Offroadstrecke und dementsprechend durchweg mehr Lärm waren vorgesehen. Etwas, von dem Klaus Schmitt überzeugt war, dass das in der Region keiner wollen kann. Außer des Investors und vielleicht eine Handvoll Befürworter in den Gremien, die sich von dem Vorhaben mehr Geld in der Tourismuskasse erhofft haben.

Von Tür zur Tür zogen Klaus Schmitt und seine Frau. Mit den abfotografierten Plänen, die belegen sollten, was auf dem Hügel entstehen soll. Der erste Schritt war getan.

Einen ganzen Ordner voll Unterlagen hat Schmitt zusammengetragen. Noch viel mehr Papier haben er und seine Frau durchforstet. Zwischen 1300 und 1500 Seiten Papier schätzt Iris Schmitt. Und sie wurden fündig: Fehler im Verkehrsgutachten brachten unter anderem das Vorhaben zum Kippen. Ganze Nächte hat sich das Ehepaar um die Ohren geschlagen, um die entscheidenden Fehler zu finden. Mehr als 20 Stunden pro Woche fließen seit zweieinhalb Jahren in das Projekt. Neben zwei Vollzeitjobs.

Ein Prozess, der nicht nur Zeit frisst. Sondern auch Lebensqualität, sagt Schmitt. Die Fragen „Wie viel Zeit investiere ich in das Projekt? Wie viel Mühe ist mir die Sache wert?“, stellte sich das Ehepaar immer wieder. Die stets selbst gegebene Antwort: Das geliebte Zuhause ist die Mühe wert.

„Vielleicht etwas kleinbürgerlich“, sagt auch Schmitt. „Aber es ist unser kleines Glück, das wir sehr lieben.“ Fest steht: Sie kämpfen weiter. Nun auch auf der politischen Ebene und nicht mehr nur per Petition. Klaus Schmitt sitzt für die Wählergruppe NEU im Niersteiner Stadtrat. Seine Frau wurde in den Ortsbeirat Schwabsburgs gewählt. Und beide nehmen den amtierenden Bürgermeister beim Wort. Jochen Schmitt hatte im Wahlkampf schon mehrfach beteuert, dass es mit ihm keine Offroadstrecke geben wird.