Joel Sangers ist seit 15 Jahren Dirigent der Niersteiner Kilianos
Von Kirsten Strasser
Reporterin Rheinhessen
Joel Sangers dirigiert seit 15 Jahren die Kilianos. Jährlich studiert er mit ihnen zehn bis 15 neue Stücke ein. Foto: hbz/Michael Bahr
( Foto: hbz/Michael Bahr)
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NIERSTEIN - Als die Kilianos ihn fragten, ob er bei ihnen anheuern wollte, war Joel Sangers hocherfreut. Und geehrt. „Eine klasse Truppe“, dachte er sich, und: „Wäre schön, wenn ich bei denen so vier, fünf Jahre bleiben könnte.“
Da hat sich aber einer verschätzt! Denn aus den fünf Jahren wurden ruckzuck 15 – so lange schon ist Joel Sangers Dirigent der Katholischen Kirchenmusik St. Kilian. Und der Belgier mit den holländischen Wurzeln hätte überhaupt nichts dagegen, wenn noch einmal so viele folgen würden. „Ich bleibe, solange mich die Kilianos wollen“, lacht der 50-Jährige. Damit dürfte, so hat eine kleine AZ-Recherche beim Kiliano-Vorsitzenden ergeben, einer weiteren Dauerverbindung nichts im Wege stehen. Denn: „Wir geben ihn nicht mehr her“, verkündet Ober-Kiliano Norbert Engel freimütig.
Die Chemie stimmt also zwischen den Kirchenmusikern und ihrem Taktgeber. Joel Sangers sei nicht nur „topmusikalisch“ und von „hoher fachlicher Kompetenz“, schwärmt Engel, sondern auch von der menschlichen Seite her ein großer Gewinn – und das seit 2002. Sangers schaffe es nicht nur, dass die Kilianos zu jedem ihrer Konzerte, zu jedem Auftritt „auf den Punkt“ vorbereitet seien – dazu mache es allen auch noch einen Heidenspaß. Das gelte sowohl für die Erwachsenen als auch für den Nachwuchs – Sangers leitet auch das Jugendorchester der Katholischen Kirchenmusik.
KIRCHENMUSIK
Die Katholische Kirchenmusik St. Kilian Nierstein wurde 1951 gegründet, um die Gottesdienste musikalisch zu begleiten – bis heute eine der vornehmsten Aufgaben der „Kilianos“, die jährlich rund 35 Auftritte absolvieren.
Im großen Orchester spielen derzeit 64 Musikerinnen und Musiker mit, dazu gibt es ein Jugendorchester mit rund 30 aktiven Mitgliedern.
Der erste Funke sprang bei einer Fastnachtssitzung in Dienheim über – beim Musikverein Rheingold lernten sich der Kiliano-Vorsitzende und sein künftiger Dirigent kennen. „Wir waren uns gleich sympathisch“, erzählen die beiden. Und da Sangers auf der Suche nach einer neuen Herausforderung war – mit dem Orchester, das er bis dahin geleitet hatte, sah er keine allzugroßen Weiterentwicklungen mehr – heuerte er bei dem Niersteiner Ensemble an.
Hier fand der Dirigent beste Bedingungen vor. „Die Kilianos sind sehr gut strukturiert, da kann sich so mancher Verein ein Scheibchen abschneiden“, lobt Sangers. Dazu seien seine Musikerinnen und Musiker motiviert und diszipliniert. Ein Bierchen gibt es höchstens nach der Probe, niemals davor.
Doch was bedeutet die Musik für ihn persönlich? „Music was my first love“, zitiert Joel Sangers eine berühmte Liedzeile lächelnd – „aber lassen Sie das nicht meine Frau hören!“ Er selbst stammt übrigens nicht aus einem Musiker-Haushalt. Seinen ersten Kontakt mit einem Instrument hatte der kleine Joel in der Schule. „Wir spielten Blockflöte in der Klasse, mehrstimmig, und ich war fasziniert.“
Schräg gegenüber der väterlichen Autowerkstatt in dem belgischen Ort, in dem Sangers aufwuchs, befand sich ein Musikgeschäft – und das zog den Jungen magisch an. „Der Sohn des Inhabers hat Orgel gespielt, das hat mir so gut gefallen, dass ich meine Eltern bearbeitete, bis ich Unterricht bekam.“ Bald wurde der Chef des örtlichen Musikvereins auf Joel aufmerksam und sorgte dafür, dass der Bub sich für Blasinstrumente begeisterte – so kam er zum Klarinettenspiel. Dem Unterricht im Verein folgte der Besuch der Musikschule, die Joel Sangers auch abschloss. Dann stand er vor der Wahl: Musikstudium am Konservatorium – oder doch etwas Bodenständigeres? „Ich entschied mich für ein Wirtschaftsstudium, das erschien mir sicherer als eine Existenz als Profimusiker“, erzählt Sangers heute. Er spezialisierte sich auf Wirtschaftsinformatik, der Beruf war es schließlich auch, weswegen es ihn von Belgien nach Deutschland ins Rhein-Main-Gebiet verschlug.
Doch auch hier widmete er sich neben dem Job stets der Musik, leitete Ensembles, spielte selber. Kam zu den Kilianos. Und als er sich beruflich neu orientierte, rückte auch hier die Musik in den Mittelpunkt: Heute arbeitet Joel Sangers hauptberuflich bei Musik Alexander in Mainz.
Was muss ein guter Dirigent mitbringen? „Ich möchte alle Musiker mitnehmen – auch wenn natürlich ein Leistungsgefälle besteht“, sagt Sangers. „Für die Leute ist das Musizieren ein Hobby, das soll es auch bleiben, sie sollen Freude haben – und trotzdem wollen wir auch musikalisch weiterkommen.“ Die Suche nach dem „ausgewogenen Klangkörper“, das ist das gesteckte Ziel.
Der perfekte Moment – wenn alles ineinander greift
Und daran wird gearbeitet. Leicht ist das nicht – da ist der eine mal zu laut, der andere zu leise. Wann darf ich mich präsentieren? Wann muss ich mich zurückhalten mit meinem Spiel? Dies zu erkennen, zeichnet die Qualität der Musiker aus – und für Joel Sangers sind es ganz besondere Momente, wenn es den Kilianos gelingt, „wenn man nicht mehr die einzelnen Instrumente hört, sondern die Musik, wenn alles ineinander greift.
Doch bei allem Streben nach Perfektion – die Spielfreude soll im Vordergrund stehen. Und das ist bei den Kilianos unbestreitbar so. „Und du liebe Güte“, lächelt Joel Sangers, „wenn mal ein Kiekser dabei ist, ist das auch nicht schlimm – das passiert dem Profiorchester auch.“ Ein Dirigent mit einer guten Portion Gelassenheit: Der tut den Kilianos auch die nächsten 15 Jahre gut.