Anwalt der Stadt Nierstein zweifelt Zulässigkeit der Klage der Offroad-Gegner beim Rhein-Selz-Park an
Von Ulrich Gerecke
Reporter Politikredaktion
Nah genug dran, um unmittelbar betroffen zu sein? Von Schwabsburg aus hat man diesen Blick auf den Rhein-Selz-Park und die geplante Offroad-Strecke. Archivfoto: hbz/Bahr
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NIERSTEIN - Keine Ruhe beim Thema Rhein-Selz-Park. Während sich die Anwälte der Offroad-Gegner sowie der Stadt Nierstein, der Verbandsgemeinde Rhein-Selz und der Rhein-Selz-Park Nierstein GmbH für das Normenkontrollverfahren am Koblenzer Oberverwaltungsgericht in Stellung bringen, herrscht rund um das frühere Kasernengelände erneut dicke Luft (siehe Infokasten).
Dr. Peter Gallois, Anwalt der Stadt, bereitet derzeit seine Erwiderung auf die Klageschrift seines Kollegen Dr. Curt Jeromin vor (die AZ berichtete). Nach einer Fristverlängerung muss diese voraussichtlich bis Mai in Koblenz vorliegen. „Ich denke, dass wir gut aufgestellt sind“, zeigt sich Gallois zuversichtlich, die Argumente Jeromins, der die Schwabsburger Eheleute Iris und Klaus Schmitt vertritt, widerlegen zu können. Diese sind juristisch gegen den Bebauungsplan zu Feld gezogen, auch nachdem die umstrittene Offroadstrecke ausgeklammert wurde (AZ: 1 C 11559/16).
Hauptansatzpunkt von Gallois wird es sein, die unmittelbare Betroffenheit der Schmitts durch den befürchteten Lärm einer Offroadstrecke auf dem früheren Kasernengelände zu widerlegen. Das Grundstück, auf dem das Wohnhaus der Kläger steht, befindet sich im Schwabsburger Neubaugebiet. Gallois beruft sich auf einschlägige Rechtsprechung, wonach Betroffenheit nur gegeben sei, wenn das Grundstück im Gebiet des Bebauungsplans oder in unmittelbarer Nähe liegt. „Daher habe ich große Zweifel, ob diese Klage überhaupt zulässig ist“, sieht Gallois die Möglichkeit, dass das OVG schon an diesem Punkt die Akte schließt.
Nah genug dran, um unmittelbar betroffen zu sein? Von Schwabsburg aus hat man diesen Blick auf den Rhein-Selz-Park und die geplante Offroad-Strecke. Archivfoto: hbz/Bahr Foto:
Hohe Wellen in den sozialen Netzwerken: Diese Aufnahme machte Kläger Klaus Schmitt von Motocross-Fahrern im Rhein-Selz-Park am 25. Februar. Foto: Klaus Schmitt Foto: Klaus Schmitt
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Sollte es dennoch (möglicherweise im Herbst) zu einer mündlichen Verhandlung kommen, wähnt sich Gallois auch in anderen Punkten gewappnet. Anders als Jeromin erkennt er keinen Interessenkonflikt in der Tatsache, dass die Stadt Nierstein als Herr des Bauleitverfahrens gleichzeitig mit 25 Prozent an der Rhein-Selz-Park Nierstein GmbH beteiligt ist (auch die VG hält ein Viertel, dazu zwei Firmen des Investors Wolfram Richter je 25 Prozent). „Dieses Argument des Kollegen halte ich für abwegig beziehungsweise etwas merkwürdig“, meint Gallois und verweist darauf, dass es landauf, landab ähnliche Konstruktionen gebe, zum Beispiel in Mainz mit der Wohnbau und der Aufbaugesellschaft (MAG).
NEUER KRACH UM MOTORENLÄRM
Zwischen Klaus Schmitt auf der einen und Investor Wolfram Richter sowie der Stadt Nierstein auf der anderen Seite gibt es neuen Ärger. Aktueller Anlass: Schmitt wirft Richter vor, mit Freunden am 25. Februar nicht genehmigte Motocross-Fahrten auf dem Kasernengelände bei Dexheim unternommen zu haben. Dabei seien auch widerrechtlich angrenzende Ausgleichsflächen genutzt worden. Rehe würden vom Lärm aufgeschreckt und hätten nicht fliehen können, weil Richter mittlerweile einen neuen, nicht genehmigten Zaun errichtet habe.
Schmitt und seine Frau dokumentierten den Vorgang auf Facebook (siehe Foto), wo er sofort Kreise zog, und schalteten die Behörden ein.
Ein Sprecher von Richter wies auf AZ-Anfrage die Vorwürfe zurück. Es habe sich um rechtmäßige private Fahrten auf einem privaten Gelände gehandelt. Die angeblich genutzten Ausgleichsflächen seien nach einer Neuvermessung als Teil des Rhein-Selz-Parks anzusehen. Deshalb lägen sie auch innerhalb des neu errichteten Zauns. Dessen Rechtmäßigkeit hatte der Kreis Mainz-Bingen bereits im Herbst auf Anfrage von Schmitt bestätigt.
Derweil hat Schmitt auf anderer Ebene Ärger mit der Stadt, weil er auf Facebook Bilder postete, die sein Auto auf einem Feldweg unterhalb des Wartturms zeigen, der nicht ohne Genehmigung befahren werden darf. Dafür gab es vom Ordnungsamt zwar noch keine Buße, aber eine entsprechende Androhung im Wiederholungsfall.
Schmitt gestand seinen Fehler zwar ein – allerdings nicht ohne den süffisanten Hinweis an Stadtbürgermeister Thomas Günther (CDU), er erhoffe sich von ihm „die gleiche Sensibilität“ beim Dauerthema Offroad-Lärm.
„Die Stadt ist an Recht und Gesetz gebunden, an Raumordnungs- und Flächennutzungsplan. Im Bauleitverfahren müssen alle öffentlichen und privaten Interessen abgewogen werden“, erläutert der Mainzer Jurist. „Die Stadt darf sich keinen Bebauungsplan zulasten der Interessen Dritter zurechtschneidern.“ Deshalb habe die Stadt Nierstein ein ordnungsgemäßes Verfahren durchgeführt – unter Einbeziehung zahlreicher Fachgutachten.
Beiladung der GmbH ist ein „üblicher Vorgang“
Dass Jeromin auch den Städtebaulichen Vertrag zwischen Stadt und GmbH aufs Korn nimmt, ist für Gallois an diesem Punkt des Verfahrens irrelevant: „Der Erschließungsvertrag betrifft den nächsten Schritt der Umsetzung, mit dem Bebauungsplan hat er nichts zu tun.“ Dass die GmbH neben der VG als „Beklagtem“ vom OVG beigeladen werden soll, hält er für einen „üblichen Vorgang“ angesichts der Größe des Investments von Richter. Auch diese Forderung hatte Jeromin in seinem Schriftsatz kritisiert.
Umstritten ist unter Experten derweil die Frage, ob die Stadt Nierstein nach der Abtrennung der Offroadstrecke den Bebauungsplan erneut für vier Wochen hätte offenlegen müssen. Jeromin kreidet diese Unterlassung der Stadt an, allerdings gibt es hierzu unterschiedliche Rechtsauffassungen. Selbst wenn das OVG auf einer neuen Offenlage bestehen sollte, ist dies nach Ansicht von Gallois kein Grund, das gesamte Verfahren zu kippen: „Das kann geheilt werden.“