25. Kulturfest in Nierstein: "Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker"
Köstlichkeiten und Musik aus vielen Teilen der Welt gab es wieder beim Kulturfest im Niersteiner Park.
Von Andrea Krenz
Die "Tom Bombadil Folkband" eröffnete das Kulturfest im Niersteiner Stadtpark (v.l.): Lothar Schwab (Drehleier), Almut Ritter (Geige), Friedrich Vollrath (Gitarre, Vocals) und Rusi Winkler (Löffelspiel, Dudelsack), es fehlt Manfred Vollrath (Bodhrán).
(Foto: hbz/Michael Bahr)
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NIERSTEIN - Ein Senior mit langem grauen Haar und Birkenstocksandalen unter seinen Cargo-Shorts schwingt beeindruckend die Hüften. Neben ihm ein junges Paar, das es ihm gleich tut. Andere sind nicht so schwungvoll dabei, aber mit mindestens genauso viel Freude.
Kaum hat am Abend die Abschlussband beim Internationalen Kulturfest im Stadtpark von Nierstein die ersten Takte angestimmt, ist die Tanzfläche vor der Bühne schon gerammelt voll. Viele scheinen nur noch darauf gewartet zu haben, dass die kubanische Gruppe "Los 4 del Son" loslegt.
Im Rahmen des Kultursommers Nierstein feierten Menschen unterschiedlichster Nationen am Sonntag auf Initiative des Arbeitskreises Asyl und unter Mitwirkung örtlicher Vereine und Verbände unter dem Motto "Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker" ein gemeinsames Fest. Mit Musik, kulinarischen Leckereien, Infoständen und Kindervergnügen.
Längst gehört das Fest zur Tradition in Nierstein, jetzt begingen die Veranstalter es mit ihren vielen Gästen zum 25. Mal. Ursprünglich als Veranstaltung gedacht, bei der in entspannter, fröhlicher Atmosphäre eine Begegnung mit ausländischen Mitbürgern und deren Kulturen möglich sein und zugleich auf die Situation von Flüchtlingen aufmerksam gemacht werden sollte, ist das Sommerfest heute vor allem auch ein großes Familienfest, ein Treffen einer großen vielfältigen Gemeinschaft.
Die Geschichte des Kulturfestes beginnt 1991 mit der ersten großen Flüchtlingswelle nach Deutschland. Menschen unterschiedlicher Ethnien und Glaubensrichtungen waren für mehrere Wochen in der Rundsporthalle Niersteins untergebracht, weil die zentrale Aufnahmestelle in Ingelheim völlig überlastet war. In dieser Zeit gründete sich der Arbeitskreis (AK) Asyl, der den Migranten den Alltag erträglicher machen, ihnen bei Behördengängen helfen und ihnen eine psychosoziale Betreuung sicherstellen wollte. Um Berührungsängste abzubauen und auch vor dem Hintergrund damals aufflammender Fremdenfeindlichkeit entstand dann auch die Idee zum gemeinsamen Sommerfest.
Viel Musik bis in den Abend
Unter demselben Motto wie heute wurde 1993 das erste Fest ausgerichtet. Und wie damals eröffnete auch jetzt die rheinhessische Folkband "Tom Bombadil" das Kulturfest. Fünf Musikgruppen und Bands mit Klängen aus Portugal, Senegal, Kuba und der Türkei sowie aus Frankreich und Irland traten bis in den Abend auf und waren bis weit auf die Straßen hinaus zu hören.
Wolfgang Schwerdfeger vom AK Asyl führte durch das Programm: Durch Auge und Ohr, Körper und Seele werde ein Zugang zueinander geschaffen und so ein kultureller Dialog angestoßen.
Die große Wiese wurde zur Kinderspielfläche, mit Stelzen und Rollbrettern wurde gewetteifert, es gab Kinderschminken, und der bekannte Clown Filou ging magisch-fantastisch mit den Kleinen auf eine Weltreise.
Im Schatten der Bäume ließ es sich gut aushalten, Bier und Wein sowie Cocktails und Saft fanden ebenso ihre Abnehmer wie die vielen Kuchen und die fremdartigen Köstlichkeiten an den Essensständen. Wer kennt denn schon "Ohrenkaktusstücke mit gebratenen Zwiebeln"?